OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 3

vorbildhaft zum Bild des Preußentums, auf das sich die NS-ldeologen immer stolz beriefen. Die Zeit von 1933 bis 1946 im erzkatholi schen Bistum Münster ersteht in diesen zwei um fangreichen Bänden anhand von Akten, Briefen und Predigten in einer Dichte, die den, der jene Zeit - selbst anderwärts - erlebt hat, gefangen nimmt und ihn bei der Lektüre zu sich sagen läßt: Ja, so war es. Es werden auf diesen 1.500 Seiten nicht politische Strickmuster agitatorenhaft anein andergereiht, das Leben jener Zeit steigt vielmehr gleichsam aus den Akten und Briefen heraus, die Predigten widerspiegeln die von Jahr zu Jahr zu nehmende Spannung zwischen dem NS-Staat und der katholischen Kirche. Was in diesen gegen den NS-Staat zur Verteidigung des kirchlichen Lebens vorgebracht wurde, das hat bei weit mäßi geren Angriffen von der Kanzel her vielen Geistli chen das Leben gekostet, vielen Inhaftierung ge bracht. An den „Löwen von Münster" trauten sich die höchsten NS-Machthaber nicht heran, weder Hitler noch Goebbels. Der Bischof von Münster war ein Widerstandskämpfer besonderer Art: Als die örtlichen NS-Funktionäre verlangten, den Bi schof wegen seiner „Hetzpredigten" aufzuhängen, wie das übrigens Jahrhunderte vorher mit den Wiedertäufern in Münster geschehen war, äußerte Goebbels, eine solche Entscheidung sei Sache des Führers, er befürchte aber, „daß, wenn etwas ge gen den Bischof unternommen werde, die Bevöl kerung Münsters während des Krieges abzu schreiben sei..." (vgl. S. 891/892). Nach dem Zu sammenbruch 1945 lehnte Bischof Graf Galen entschieden eine deutsche Kollektivschuld ab (Seite LXXIII), wofür ihm Unverständnis seitens der englischen Besatzungsmacht entgegenschlug. Jedermann sind diese zwei Bände, deren Erstauf lage bereits 1988 erschienen ist, zur Lektüre zu empfehlen. Sie vermitteln ein authentisches Bild der NS-Zeit im Spannungsfeld zwischen dem NSStaat und der Kirche. Josef Demmelbauer

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