OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

Erstaunlich selten wird in den Gebets- bzw. Gedichttexten auf den berufli chen Werdegang des Toten, auf das Leben in der Gemeinschaft der Familie und der Kommunität Bezug genommen,mit ganz wenigen Ausnahmen - Vaterhaus und Erbe leer, warten auf den Guten, unser Hans kommt nicht mehr, mußt im Feld verbluten.. H - scheint die Familie kaum selbst Worte für die Bewältigung des Verlustes gefunden zu haben; die vorgegebene Form bietet Schutz, vor der Sünde des Zweifels, der Verzweiflung. * Im folgenden sollen parallel zu weiteren allgemeinen Anmerkungen zur sprachlichen Umsetzung der Bilder von Gericht und fiimmelslohn geschlechts spezifische Besonderheiten der umfassenden biographischen Darstellung in den Sterbegedichten untersucht werden. fiinsichtlich der Frage von Zeitpunkt und Art des Todes lassen sich zudem unabhängig von sozialen Zugehörigkeiten strukturell unterschiedliche Gruppen aus dem Bericht vom eigentlichen Sterben isolieren: - jung oder unerwartet Verstorbene (Lebensalter unter 30) mit den Sondergruppen Kinder und Gefallene beider Weltkriege mit einer jeweils spezifischen Aufarbeitung von Tod und Verlust, - als weitere Gruppe Frauen unter dem Gesichtspunkt der Frage nach möglicher weise vorhandenen Gemeinsamkeiten. (Als Vergleichsmaterial, an dem Abweichun gen gemessen werden, dient die Gesamtheit aller erhobenen Daten.) Harmonisierung und Trost Zu Beginn steht die „Schilderung" des eigentlichen Sterbens in streng fixier ter Form: welcher am .7 Juli 1903 nach langem Leiden und Empfang der heiligen Sterbesakra mente im 88. Lebensjahr selig im Herrn entschlafen ist. Bildet der vorbereitete, tröstliche Abschied (Tod als Schlaf, manchmal gera dezu herbeigesehnt und erprobt in mehrfachem Sakramentsempfang) den „Normal fall", wobei das Stereotyp des „in Geduld ertragenen Leidens" vorsichtig zwischen bereits im Diesseits abgebüßter Schuld und einem besseren schmerzfreien Jenseits balanciert, ist der plötzliche Tod ein Faktor, auf den, wie bereits oben ausgeführt, im Gebet Bezug genommen werden muß. Dort, wo sich das unvorbereitete, unglückhafte oder gewaltsame Ende eines Menschen nicht verschleiern läßt, kommt es zu einer - wenn auch nur geringfügigen - Modifizierung des „Formulars": welcher am 19. Mai 1945 im 8. Lebensjahr plötzlich für Ausnahme ist beispielsweise eine vom Witwer verfaßte teilweise gereimte Biographie für seine 1942 im Alter von 55 Jahren verstorbene Frau, die ihm von Oberösterreich nach Vorarlberg gefolgt war. Zuweilen steht die Wahl des Textes in Zusammenhang mit dem Sterben oder der Profession des To ten: Mein letzter Kampf war schwer und heiß, die Stirn bedeckte kalter Schweiß, das Herz erhob sich fürchterlich, da kam Gott, erbarmte sich, drum, Mensch, erkenne, was du bist, hier lerne, was dein Leben ist; ein Sarg und nur ein Lei chenkleid bleibt dir von dieser Herrlichkeit, für den im Alter von 42 Jahren am 8. November 1901 verstorbe nen Hammerschmiedmeister Alexander Weber. Johann Weberndorfer, im 28. Lebensjahr gefallen am 13. Juli 1942.

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