OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

Metaphern der Sterbeandenken besonders an jung Verstorbene bedienen sich häufig der Bilder eines sentimental-organischen Modells und beziehen aus dem Wissen um die Geschlossenheit des Kreislaufs von Werden und Vergehen Trost (Blümlein - Blüte, Rose, Morgentau) und kommen damit der elegischen Trauerhaltung der Romantik mit speziellem Trauerschmuck und typischer Grabplastik noch am nächsten." Im euphemistischen Gebrauch des Begriffes „Wandel" wird die Dynamik der plötzlichen, tragischen Privation eingeebnet: Kurz mein Lehen, groß die Freud, die ich genieße in der Ewigkeit. Wer hat's gemeint, daß ich so geschwind von dieser Welt muß scheiden. War noch so jung und muß schon das Lehen mei den. Doch ein Trost für mich, daß ich rein von Sünden, den Himmel werde offen finden; Karl Madlmayr, gestorben am 28. Oktober 1946 im Alter von 18 Jahren, zugeeignet. Die Vollendung gerade junger Toter wird (dem Sinnspruch „Wen die Götter lieben, den nehmen sie früh zu sich" folgend) vorausgesetzt: Mein früher Tod ist frühes Glück, drum Eltern, wünscht mich nicht zurück. Ich lehe noch und liehe euch im unschuldsvollen Himmelreich. O trauert nicht an meinem Grah, mir ist so wohl im Paradies. O wißt, was ich erfah ren hah: Der Unschuld ist der Tod so süß! Nun hier in diesem Rosengarten will ich der liehen Eltern warten; für Cäcilia Reisinger, verstorben nach schwerem Leiden am 6. Mai 1924, elfjährig. Der frühe Tod als Auszeichnung, als sicherer Empfang des Tugendlohnes/ der Siegespalme bemüht nicht wie in den Beispielen der ersten „Gattung" das Gericht, sondern ermöglicht es, ein frohes Wiedersehen zu erwarten und den Nach kommenden den Platz am Throne flehend zu bereiten. Der Verstorbene wird zum abge klärten Tröster der Hinterbliebenen, zum himmlischen Fürbitter im Sinne hagiographischer Tradition, der bereits in größerer Gottesnähe dem Familienverband ver stärkt Barmherzigkeit erbitten kann. Besonders häufig wendet sich der/die Tote direkt an die Angehörigen und spricht von der Gnade des frühen Sterbens, stellt lapidar die Mechanik des Unver meidbaren vor (Wie eine Rose hin ich aufgewachsen, wie eine Rose stirh ich wieder), findet zuweilen tröstende Worte beziehungsweise „entrückt" mit der Mahnung „loszulas sen" (o gönnt mir) irdischen Gefühlsebenen. Für die Hinterbliebenen ist dieser Tod in der Mehrzahl der Fälle nicht begreifbar und nur sehr schwer anzunehmen; erst dem reifen Menschen mit voll ständiger, quasi „abgeschlossener" konventioneller Biographie (Ehe, Kinder, Beruf, Ruhestand) gesteht man Sterben, gelassenes und vielleicht sogar freudiges „Abster ben" zu; die Jenseitsreise wird dann in vertrauten Kategorien aus der Welt der Bau ern und Kaufmänner gedacht.^' Den Sichtweisen des Todes entsprechend variieren auch die für das Grab als „letzte Ruhestätte" gebrauchten Bilder: vom kühlen Schoß der Erde, dem stillen Schlafge mach bis zum dunklen Reich der Schatten oder der Nacht des Grahes. Vgl. dazu Gisela Zick, Gedenke mein. Freundschafts- und Memorialschmuck, Dortmund 1980, " Begriffspaare wie Arbeit - Liebe, fromm - edel usw., Gericht - Lohn, Tagwerk - Ernte (für einen Bauersmann) stellen einen direkten Bezug zur notwendigen Rechtfertigung im Jüngsten Gericht her und verdeutlichen die erzieherischen Momente der Seelenwaage des „Dies irae".

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