Zum Abschluß soll auf einen Fall der kirchlich geförderten Verehrung eines Steines mit Fußspuren hingewiesen wer dend^ Der hl. Adalbert^', zweiter Bischof von Prag seit 982 und Zeitgenosse des hl. Wolfgang, hatte am 23. April 997 im Samland (Ostpreußen) den Märtyrertod erlitten. Im Dom zu Breslau (Schlesien) befand (befindet) sich ein kegelförmiger Granitblock, der sorgfälhg bearbeitet ist, und menschliche lebensgroße Fußstap fen aufweist. Eine künstliche Herstel lung, vielleicht Nachbearbeitung, wurde angenommen. Der kreisrunde Block ist in einen Sockel aus Eichenholz eingelas sen. Der Stein soll aus Oppeln (Ober schlesien) stammen, wo der hl. Märtyrer kaum gewesen ist, aber die Legende be richtet - auch ein Bild des 17. Jahrhun derts schildert die Begebenheit -, daß Adalbert auf dem Stein stehend gepre digt habe. Dies bezeugte in einer Perga menturkunde Bischof Rudolf (14681482), daß im Jahre 1460 Johann, Erzbischof von Gnesen (wo St. Adalbert be stattet wurde), Jodok von Breslau und sein Weihbischof Johann demjenigen 40 Tage Ablaß zusichert, der eine Spende gab, ein Vaterunser betete und den Stein küsse „et lapidem quem S. Adalbertus pedibus suis pressit, oscultantibus". Unlängst hat in diesen Blättern Peter Pfarl die Frühgeschichte des Wallfahrts ortes St. Wolfgang abgehandelt^^ und sich dabei auch mit der Verehrung der Fußspuren und anderer Eindrücke in Kultsteinen auseinandergesetzt. Er stellte fest, daß „die kirchliche Obrigkeit in un seren Gegenden ihnen distanziert gegen überstand, so sehr das Volk diese Natur monumente verehrte und so sehr man bestrebt war, sie zu christianisieren. Man bezog sie irgendwie in den Wallfahrtsort ein, ließ sie aber draußen liegen und stellte im offiziellen Kult den Gläubigen andere Glaubensinhalte vor Augen". Oder die weitgehend von Wundern und Teufelsgeschichten gereinigte Figur des tugendhaften historischen Bischofs. Die Kirche war bestrebt, das „große Laufen", das Phänomen der Wallfahrtsepidemie und Massenpsychose, die Bedürfnisse der Gläubigen und ihre Angebote der Gnaden- und Heilsvermittlung zu kana lisieren. Die unorthodoxe Volksreligion erfuhr im spätmittelalterlichen Heiligenund Reliquienkult ihren Höhepunkt. Sie brach wieder durch in der spätbarocken Volksreligiosität.^^ Peter Pfarl bemerkt richtig, „es läßt sich also erschließen, daß an diesen Or ten (er führt an: Gurk, Klobenstein bei Kössen, St. Wolfgang am Stein) alte Kultsteine chrishanisiert wurden. So kann man aus anderen Indizien anneh men, daß dieser Prozeß nicht reibungs- ' Seger, Hans: Der Stein mit den Fußstapfen des Heiligen Adalbert im Dom zu Breslau. In: Jahr buch des Schlesischen Museums für Kunstge werbe und Altertümer. V. Band, Breslau 1909. Dort ältere Literatur zu Steinen und Fußspuren. ' Der hl. Adalbert, eigentlich Vojtech aus dem Geschlecht der Slawnikiden, der Rivalen der Premysliden, die in Ost- und Südböhmen seß haft waren. ' Pfarl, Peter: Überlegungen zur Frühgeschichte von St. Wolfgang am Abersee. In: OO. Heimat blätter, 47. Jg. (1993), Heft 4, bes. S. 260 f. ' Angenendt, Arnold: Heilige und Reliquien. München 1994, S. 248ff.; Assmann, Dietmar: Die Wallfahrt nach St. Wolfgang; Lipp, Franz C.: Kult und volkstümliche Verehrung des heili gen Wolfgang. Beide Abhandlungen in: Der heilige Wolfgang. Katalog zur Ausstellung des Landes Oberösterreich im Schloß zu St. Wolf gang im Salzkammergut vom 28. Mai bis 3. Oktober 1967, S. 60-71 bzw. S. 72-87.
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