OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

Auf einem Berge beim Markt Chudenitz, Kreis Klattau (Klatovy), stehen die Reste eines Wolfgangheiligtums, der Wolfgangturm und die Fußstapfenka pelle. Als Begründer der ursprünglichen Anlage gelten die Grafen Czernin von Chudenitz, die das Schloß von 1291 bis 1945 besaßen.' Nach der Legende soll hier der Heilige, als er Böhmen verließ, seinen ehemaligen Anteil des Bistums Regensburg gesegnet und zum bleiben den Andenken seine Spur dem Felsen eingedrückt haben. Mit der ersten Ka pelle verbindet sich ein merkwürdiges Ereignis, das sich im Jahre 1600 zugetra gen hat. In einer Vision erschien dem Herrn von Chudenitz, Graf Humbert Gzernin, ein Engel mit der Mahnung, er möge sich in die St.-Wolfgangs-Kirche begeben, beichten, kommunizieren und sein Haus bestellen, denn er werde nach drei Tagen sterben, was auch eintraf. Die Grafen projektierten einen großen Neu bau der Wolfgangskirche und ließen mit Erlaubnis des erzbischöflichen Konsisto riums die alte Kapelle 1725 abtragen. Die neue Kirche wurde am 8. April 1726 ein geweiht. 1772 ließ Graf Prokop Czernin eine besondere Fußstapfenkapelle über den Spursteinen errichten. Unter Jo seph II. wurde die Kirche 1785 aufgeho ben, geschlossen, und sie verfiel. 1810 wurde sie bis auf den Turm niedergeris sen. Fußstapfenkapelle und Turm wur den 1845 bzw. 1825 restauriert.'^ An diesen beiden Beispielen und an deren läßt sich nachweisen, wie der volkstümliche und sagenhafte Wolf gangkult schon frühzeitig in die kirchli che Heiligenverehrung eingebunden wurde. Vorkommnisse, die sich bei der volkstümlichen Verehrung von Fußein drücken des hl. Wolfgang abspielten, die kirchliche Entscheidung gegen die wild wuchernde Wallfahrt und Uberführung der Wolfgangverehrung in den kirchli chen Raum fanden auf dem Sprengel der Pfarre Gojau in Ruhen (Kladenske Rovne) statt. Dieser Streit wurde in eini gen Dokumenten berichtet bzw. die kirchliche Entscheidung in einer Bulle „umfangreich begründet'V Den Hinter grund bildet die Zeit nach den Hussiten kriegen mit den Bestrebungen der Kir che, den alten Glauben wiederherzustel len, den Auseinandersetzungen zwi schen den katholischen Deutschen und den utraquistischen Tschechen, den Ban denkriegen kleiner Adeliger, kurz ge sagt, einer weltlichen und geistlichen Unsicherheit. Glaube und Aberglaube, Wundersucht und religiöser Fanatismus trieben das verunsicherte Volk zu sicht baren Stätten wundersamer Naturge bilde. Auf halbem Weg zwischen den Kir chen von Höritz (Hofice na Sumave) und Gojau (Käjov) liegt die kleine Ort schaft Rüben, wo sich die Reste eines kleinen Wohnturms bis ins 19. Jahrhungang des Minoritenklosters in Krummau, die am 8. September 1491 geweiht wurde. (Die ehe malige Bischofstadt Kammin [Kamin] liegt heute in Polen an der hinterpommerschen Odermündung.) Wichtig die Bau- und Restau rierungsgeschichte der Kapelle. Zu Rüben, Go jau und zum Altar einige Unstimmigkeiten. ' Ein Zweig des Grafengeschlechtes Czernin von Chudenitz ist in Oberösterreich (Sandl) ansäs sig. ' Schremmer, Ernst: Reiseleiter - Böhmische Länder. Würzburg 1989, S. 81/82. Schmidt, Valentin: Ein Gojauer Pfarrinventar aus dem Ende des 15. Jahrhunderts. In: Mittei lungen des Vereines für Geschichte der Deut schen in Böhmen, 44. Jg. (1905), S. 180-209.

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