OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

Sammlungen diskutiert, wo vor allem die ins Auge gefaßten Beitragserhöhungen kritisiert wurden. Nach monatelangen Vorbereitungen wurde dann eine Generalver sammlung für den 25. November 1900 in das Linzer Rathaus einberufen, an der auch der Wiener Kassenverband teilnahm. Die Versammlung nahm einen stürmi schen Verlauf, zeitweilig stand sie sogar vor dem Scheitern. Nach längerer Debatte wurden die in Aussicht genommenen Statutenänderungen aber doch beschlossen, wenngleich mit nicht unwesentlichen Einschränkungen. Daneben verabschiedeten die Delegierten noch eine Resolution, in der sie die Notwendigkeit der Sanierung der Kasse nochmals ausdrücklich betonten und allen Funktionären und Mitgliedern zur besonderen Pflicht machten. Der Kassenverband war über solche Ausnahmere gelungen natürlich nicht begeistert, man sah das ganze Reformwerk in Gefahr. In diesen Befürchtungen wurde man noch bestärkt durch die anläßlich der Einschau offenbar gewordenen Mängel, die ja nicht durch Statutenänderungen alleine zu beheben waren."® Kern des ganzen Sanierungswerks waren beachtliche Beitragserhöhungen, die in den untersten Beitragsklassen bis zu 80 Prozent ausmachten, durchschnittlich 24 Prozent. Gleichzeitig wurde die Zahl der Beitragsklassen von zehn auf zwölf erhöht, der niedrigste Wochenbeitrag betrug nun in der Beitragsabteilung eins 18 Heller (bisher 12), der höchste 62 Heller (48), das damit versicherte Krankengeld mindestens 40 Heller pro Tag (60 Heller) und höchstens 260 Heller (240). Daneben wurde zu den bestehenden zwei Beitragsabteilungen eine dritte eingerichtet, in wel che Ortsgruppen und Betriebe mit hohem Krankenstandsrisiko eingereiht wurden; der Beitragszuschlag für diese Abteilung wurde in allen Klassen linear mit vier Hel ler berechnet. Damit rückte man nun von der bisherigen Praxis der Einstufung (fast) ausschließlich nach dem Eintrittsalter ab, in Zukunft wurden auch örtliche und berufliche Risikofaktoren Teil der Berechnungsbasis der Versicherungsprämie. Anzumerken bleibt, daß die Kasse die Beiträge seit 1892 stabil gehalten hatte. Dabei hatte sich das Ausgabevolumen des Krankenkassenfonds während des Jahrzehnts um rund 50 Prozent ausgeweitet, 1891 betrugen die Gesamtausgaben noch 189.000 Kronen, 1900 bereits 282.000. Trotz der starken prozentuellen Prämi enerhöhung stieg die durchschnittliche wöchentliche Prämienleistung pro Mitglied nur um vergleichsweise bescheidene drei Heller von 37 Heller auf 40. Die Mitglieder, die zum allergrößten Teil ihrem vertrauten Institut die Treue hielten, wechselten ganz offensichtlich in niedrigere Beitragsklassen."' Die Sanierung wurde ein Erfolg, sehr schnell stand die Linzer Arbeiterkran kenkasse wieder auf gesunden Beinen. Bis zur Mitte des Jahrzehnts erwirtschaftete die Kasse wieder (bescheidene) Uberschüsse, erst 1905 kam es aufgrund einer neuerArbeiterschutz, Jg. 1900 (11. Jg.), Nr. 22, 436 ff. Festschrift Arbeiterkrankenkasse, 29 ff. sowie 120 ff.

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