OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

Der Verbandsdurchschnitt lag bei 16,9 Prozent, diesen Wert konnte nur Steyr mit 18,1 Prozent übertreffen, Mauthausen und Wels erreichten 12,5 und 13,0 Prozent, Linz nur 10,9; das gute Ergebnis von Steyr war wohl eine Folge der seinerzeitigen Werndlschen Stiftung. Die beiden großen oberösterreichischen Kassen zählten zu den größten Kassen der österreichischen Reichshälfte, sie nahmen die Plätze fünf und sechs ein, unter den Kassen der Alpenländer sogar drei und vier. Der durch schnittliche Mitgliederstand der Verbandskassen betrug 6.596 Personen je Kasse, bei den Oberösterreichern 7.302. Alle Kassen zusammen erzielten 1897 Einnahmen in Höhe von 3,352.335 Kronen, die Oberösterreicher 274.515 Kronen oder 8,2 Prozent; für diesen unterschiedlichen Wert sind wohl die geringeren Unternehmerbeiträge verantwortlich. Faßt man den Zustand der vier oberösterreichischen Vereinskassen zur Mitte der 1890er Jahre auf einen Blick zusammen, dann zeigt sich eine deutlich differen zierte Entwicklung. Während die Dinge in Linz und Mauthausen auf vergleichs weise hohem Stand einen recht günstigen Verlauf nahmen, erlebte Steyr ein ständi ges Auf und Ab, Wels hingegen stagnierte auf tiefem Niveau, was aufgrund der Kleinheit dieser Kasse aber ohne besondere Bedeutung war. Insgesamt kann somit von einer erfreulichen Entwicklung gesprochen werden. Dieses nicht ungünstige Gesamtbild sollte nach 1897 eine erhebliche Trübung erfahren, wofür im wesentli chen zwei Gründe ausschlaggebend waren: einerseits gerieten die Kassen Linz und Wels in interne Schwierigkeiten, andererseits gründete der Landeshauptmann ein konservatives Konkurrenzinstitut zu den freien Kassen. Die Linzer Kasse kam durch die hohen Aufwendungen für ihr Rekonvaleszentenheim Katsdorf, einem der fort schrittlichsten Vorhaben des Arbeiterschutzes in der Monarchie, in Turbulenzen; diese erzwangen schließlich eine Sanierung der Kasse. Der zweite Sanierungsfall wurde Wels, hier war schlichte Unfähigkeit des Kassenvorstandes die Ursache. Zur Mitte des Jahrzehnts hatte sich gezeigt, daß Bezirks- und Genossen schaftskassen, trotz teilweise massiver Begünstigungen durch die Behörden, die Ver einskassen in ihrer Substanz nicht gefährden konnten. Außerdem gelangten auch in Oberösterreich zunehmend Funktionäre der Arbeiterbewegung in die Vorstände dieser Kassen. Und die wichtigsten Unternehmungen standen im Begriff, die Ver einskassen als Partner zu akzeptieren; manche Unternehmungen, voran die Steyrer Werke als größtes Unternehmen des Landes, sahen in den Vereinskassen ohnehin schon lange korrekte Institute, mit denen sozialpartnerschaftlich zusammengearbei tet wurde. In dieser Lage entschloß sich der Landeshauptmann, Alfred Ebenhoch, den sozialdemokratisch geführten Vereinskassen ein katholisch-konservatives Kon kurrenzinstitut entgegenzustellen. Diese Kasse, der sogenannte Volksschutz, wurde ebenfalls als Vereinskasse gegründet, ihre Klientel fand sie unter den katholisch konservativen und christlich-sozial geführten Berufsgenossenschaften und auf dem flachen Land.^^ Auch diese Konkurrenz konnte die freien Vereinskassen letztendlich "" Ludwig Scheckenberger, Krankenkasse „Volksschutz" für Oberösterreich in Linz. 1898-1936. Linz 1936. Die Gründung des Volksschutzes wurde von den Vereinskassen als „clerikaler Angriff auf die Bezirks- und Vereinskassen" wütend, aber erfolglos bekämpft;Arbeiterschutz, Jg. 1897 (8. Jg.), Nr. 9, 133 f., Nr. 13, Nr. 201 f.

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