OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

aber nahezu völlig von der Konjunktur der Waffenfabrik ab. Dieses korrekte Ver hältnis zwischen Vereinskasse und Behörden erklärt sich wohl durch die Haltung des dominierenden Arbeitgebers, die Waffenfabrik unterstützte seit jeher die Arbei terkrankenkassen; diese Haltung des Unternehmens wird wohl auch das Verhalten der Behörden maßgeblich beeinflußt haben. Die Kasse litt aber unter allen Wechsel fällen der Konjunktur der Steyrer Werke. So zählte sie 1890 noch 23.244 Mitglieder, also mehr als doppelt soviel wie Linz, in nur fünf Jahren sank der Mitgliederstand dann bis 1894 auf nur 7.200 aufgrund von Massenentlassungen. Die Folgen dieses konjunkturellen Abschwungs trafen die Kasse mit voller Wucht, viele der arbeitslos gewordenen Mitglieder versuchten die ärgsten Auswirkungen der Arbeitslosigkeit durch Bezug des Krankengeldes zu mildern. Für die Kassenfunktionäre war dies ein menschliches und ökonomisches Fiasko, sie verschärften die Krankenkontrollen, um die allergrößten Auswüchse hintanzuhalten, mußten aber doch in aller Regel vor dem für sie ja unlösbaren Problem Arbeitslosigkeitkapitulieren.^^ Die Mauthausener Vereinskasse kannte zwar, wie alle anderen Kassen auch, das Problem der Winterarbeitslosigkeit, die dort vorherrschende Steinindustrie lief aber doch immer relativ gleichmäßig, so daß solche Einbrüche wie in Steyr hier nicht vorkamen. In administrativen Belangen lehnte man sich in Mauthausen weit gehend an Linz an, daher standen auch auf der Verwaltungsseite bei dieser Kasse, deren Mitgliederzahlen immer um 2.500 betrugen, die Dinge recht gut. Das eigentli che Problem der hiesigen Kasse lag dann auch im Verhalten der Bezirkshauptmann schaft Perg: diese entwickelte geradezu eine Tradition darin, die Arbeiterbewegung und alle ihre Nebenorganisationenzu schikanieren. Es gab wahrscheinlich keine Wahl zu den Einrichtungen der Vereinskasse, in der die Bezirkshauptmannschaft nicht Eingriffe in das Wahlgeschehen versuchte. Auch die seit Mitte der 1880er Jahre bestehende Stempelfreiheit für Kassen wurde vielfach durchbrochen, die Bezirksver waltung versuchte wiederholt, diese Stempelfreiheit zu untergraben.^® In wohl kei nem anderen oberösterreichischen Bezirk sah sich ein Kassenverein mit einer ver gleichbar gehässigen Behörde konfrontiert. Ganz andere Probleme hatte die Welser Kasse. Diese kleinste der vier ober österreichischen Vereinskassen, sie zählte selten mehr als tausend Mitglieder, stand seit jeher in kritischer Distanz zur Linzer Kasse. Daher kam es auch zu keiner ver gleichbaren Zusammenarbeit zwischen den beiden Kassen entsprechend dem Bei spiel Linz - Mauthausen. Diese Abkoppelung hatte für Wels nachteilige Folgen, Wels blieb hinter der Entwicklung zurück. Die Funktionäre bekamen weder die organisatorische noch die finanzielle Entwicklung ihrer Kasse jemals in den Griff. Dazu trat noch, daß die Welser anscheinend auch Anregungen des Wiener Verban des nicht so ohne weiteres übernahmen, was zu an sich leicht vermeidbaren Proble- " Verband der Arbeiter-Kranken- und Unterstützungskassen Österreichs (Hrsg.), Bericht für das Jahr 1897. Wien 1898,15 ff. Der Kassenverband polemisierte scharf gegen die weitverbreitete Praxis, Kran kengeld an (gesunde) Arbeitslose auszubezahlen. Arbeiterschutz, Jg. 1900 (11. Jg.), Nr. 9, 166 f; Nr. 10, 190.

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