OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

Sichtsmaßregeln verursacht worden ist", ferner nicht bei Aufnahme in eine Krankenanstalt oder bei Strafvollzug^^ Der Beginn des letzten Jahrzehnts des 19. Jahrhunderts brachte in Osterreich die Einführung der Sozialversicherungs-Stammgesetze, darunter auch die gesetzli che Krankenversicherung.^® Bei der Organisation der Krankenversicherung bemühte sich der Gesetzgeber, Bestehendes zu erhalten und in den neuen gesetzli chen Rahmen einzufügen. Folglich wurden die bereits existierenden Kassenarten übernommen, wiewohl es ohne weiteres möglich gewesen wäre, eine neue, einheitli che Struktur zu schaffen. Das Gesetz von 1888 sah folgende Kassenkategorien vor: Bezirks-, Bau-, Betriebs-, Genossenschafts- und Vereinskassen; dazu kamen noch als sechste Gruppe die Bruderladen, für die aber eigene gesetzliche Regelungen in Kraft traten. Neu errichtet wurden Bezirkskassen, die vor allem für jene Arbeiter gedacht waren, die keiner anderen Kasse angehörten. Die Betriebskrankenkassen entstanden aus den alten Fabrikskassen; auch die Genossenschaftskassen gab es schon vor 1889. Beide Kassenarten mußten sich den neuen Rechtsvorschriften unterstellen. Als besondere Kategorie von Betriebs- und Genossenschaftskassen sind die ebenfalls neuen Baukrankenkassen zu verstehen, die für zeitlich begrenzte Baubetriebe einge richtet wurden. Dem Gesetzgeber erschien eine solche eigene Kassenform für das Baugewerbe aufgrund des dortigen erhöhten Risikos erforderlich zur Entlastung der anderen Kassenarten. Als letzte Kassenkategorie nach dem Gesetz von 1888 waren sodann die freien Vereinskassen zugelassen, die sich ebenfalls nach den neuen Vor schriften umgründen mußten. Dies führte unter anderem dazu, daß jene Vereinskas sen, die auch Alters- und Invaliditätsversicherung betrieben, diese Sparten aufzuge ben hatten. Im Gegensatz zu anderen Kassenarten bestand bei den Vereinskassen auch keine Beitragspflicht der Unternehmer; Arbeitgeberbeiträge konnten daher nur in freier Vereinbarung erreicht werden. In der Praxis leisteten solche Zuschüsse zumeist jene Betriebe, deren Arbeiter mehrheitlich einer Vereinskasse angehörten. Bruderladen bestanden seit dem Spätmittelalter vor allem im Bergbau. Diese umfaß ten neben der Krankenversicherung meist auch Unfall- und Pensionsversicherung der Beschäftigten. Für diese Laden wurden mit den Gesetzen von 1889/1892 eigene Rechtsgrundlagen geschaffen. Im Jahre 1890 zählte man in Osterreich zusammen 3.038 Krankenkassen (inklusive Bruderladen) mit zusammen 1,498.717 Versicherten. Die bei der Arbeiter schaft beliebtesten Kassen waren die von den Mitgliedern in eigener Verantwortung geführten freien Vereinskassen, deren Wirkungskreis aber in vielen Fällen geografisch eng begrenzt blieb. Diese Kassen, 1890 nur 1,8 Prozent der österreichischen Krankenversicherungsträger, kamen auf immerhin 16,1 Prozent aller Versicherten. Ebenda. Zur Einführung der Sozialversicherungs-Stammgesetze in Osterreich siehe Herbert Hofmeister, Lan desbericht Österreich. Aus: Peter A. Köhler und Hans F. Zacher (Hrsg.), Ein Jahrhundert Sozialversi cherung in der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Österreich und der Schweiz. Berlin 1981; Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Hrsg.), 100 Jahre österreichische Sozialversicherung, Wien 1989; Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Hrsg.), 100 Jahre Sozialversicherung in Österreich. Redigiert von Theodor Tomandl. Wien 1988.

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