Bedeutung erlangt. Dieser Verband bestand seit den 1870er Jahren. Auf einem im September 1873 abgehaltenen Kongreß wurden Schritte zur Gründung eines Ver bandes der Kranken- und Invalidenunterstützungsvereine der gesamten Monarchie beschlossen. Ein solcher Verband kam aber nicht zustande, da die ungarische Regie rung den in Ungarn tätigen Vereinen den Beitritt verbot. In der Folge gingen alle Kassen der Monarchie ein Gegenseitigkeitsverhältnis ein, das in der oberösterreichi schen Reichshälfte im Jahre 1876 zur Gründung des Verbandes der Arheiter-Krankenund Invaliden-Unterstützungs-Vereine Österreichs führte; die Beziehungen mit den ungari schen Kassen blieben von der Verbandsgründung unberührt. Zweck des Verbandes war die Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen, die gegenseitige Förderung und Unterstützung sowie insbesondere die Sicherung der Freizügigkeit der Mitglie der innerhalb des Staatsgebietes. Mit der organisatorischen und administrahven Leitung des Verbandes wurde die Wiener Allgemeine Arbeiter-Krankenkasse betraut. Bei der Gründung gehörten dem Verband 16 Vereinskrankenkassen mit 29.470 Mitglie dern an.^^ Seit den 1880er Jahren übertrug der Wiener Kassenverband den Oberöster reichern aufgrund ihrer organisatorischen Stärke die verschiedensten Aufgaben. Dies wollen wir nur an zwei Beispielen zeigen. Zum Jahresende 1882 errichtete die Aufsichtsbehörde, das k. k. Ministerium des Inneren, eine versicherungstechnische Abteilung, die ab nun die Aufsichtsfunk tionen über die Versicherungsvereine ausübte. Diese Fachabteilung forderte sogleich die Umgründung der bisher nach dem Vereinsgesetz von 1867 bestehenden Vereins kassen nach dem kaiserlichen Patent von 1852 und außerdem für die angebotenen Versicherungssparten nach versicherungsmathematischen Grundsätzen errechnete Prämien; dies betraf insbesondere die von vielen Vereinskassen angebotenen Invali ditätsversicherungen. Gesehen unter dem Blickwinkel der Verwaltung war die For derung, die Prämienberechnung auf mathematische Grundlagen zu stellen, absolut gerechtfertigt, sie hätte in der Praxis eine massive Prämienerhöhung bedeutet. Es wäre wohl kaum ein Arbeiter in der Lage gewesen, solch erhöhte Prämien zu leisten. Die Unterstellung der Vereinskassen unter das Patent von 1852 wurde von den Kas sen zwar lautstark bekämpft, konnte ihnen in der Praxis aber nicht ganz so ungele gen sein, unterstanden sie doch damit unmittelbar einer Fachabteilung des Innenmi nisteriums als Aufsichtsbehörde und nicht, wie im Vereinsgesetz von 1867 vorgese hen, der Polizei; und damit war man unter Aufsicht von Versicherungsfachleuten und nicht mehr von Polizeibeamten, die vielleicht in jeder Regung der Arbeiterschaft schon staatsfeindliche Umtriebe sahen. Jedenfalls wurde ab Jahresbeginn 1883 auf die Arbeiterversicherungsvereine massiver Druck ausgeübt, sich nach dem Vereins patent von 1852 umzugründen. Statutenänderungen, die dieser Forderung der Behörde nicht entsprachen, wurden konsequent abgelehnt. Dies veranlaßte die Kas sen, die das Ende ihrer Invaliditätsversicherungen zu befürchten hatten, Beschwerde Arbeiterschutz. Zeitschrift für soziale Gesetzgebung - Organ der Reichskommission der Kranken kassen Österreichs. Jg. 1918 (29. Jg.), Nr. 20, 154 f.
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