OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

geben.Damit war dieser erste oberösterreichische Versuch gescheitert, im Wege der Selbsthilfe den Lebensabend von Arbeitern finanziell abzusichern. Durch diesen und andere gleichartige, ebenfalls erfolglose Versuche war jetzt auch klar, daß Pensi onsregelungen nicht durch das Engagement der Betroffenen selbst, sondern nur durch staatliche Interventionen zu erreichen waren. Betrachten wir nun noch kurz die Gründungsgeschichte von Vereinskran kenkassen in anderen Zentren der jungen oberösterreichischen Arbeiterbewegung. Schwerpunkt der Industrie im Erzherzogtum ob der Enns war die alte Eisen stadt Steyr; ab den 1860er Jahren galten Stadt und Werndlsche Waffenfabrik als Synonym. Das Unternehmen unterhielt eine Betriebskrankenkasse, der die Gebrü der Werndl im fJerbst 1873 40.000 Gulden shfteten; die Zinsen aus dieser Stiftung sollten der Kasse für die Dauer ihres Bestandes zufließen. Neben dieser Kasse grün dete der 1870 entstandene Arbeiterbildungsverein im Jahre 1873 eine eigene Vereins kasse, die nach einer Statutenänderung ab 1879 unter dem Namen Allgemeine Arbeiter-Kranken-und-Unterstützungs-Kasse auftrat. Im Gegensatz zu ihrem Linzer Pendant stand diese Kasse von Beginn an unter sozialdemokratischer Führung. Noch im Jahre ihrer Gründung errichtete sie eine Filiale in Reichraming. Gleichzeitig strebte der Arbeiterbildungsverein den Übertritt der Waffenarbeiter in seine Vereinskasse an. Mitglieder des Vorstands des Vereins, selbst Arbeiter in den Waffenfabriken, tra ten daher an Josef Werndl mit einem diesbezüglichen Ersuchen heran. Werndl lehnte mit der Begründung ab, daß jedes Unternehmen nach der Gewerbeordnung gesetz lich verpflichtet war, eine eigene Krankenkasse zu unterhalten. Er ließ aber trotzdem seine Arbeiter über einen Beitritt zur Vereinskasse abstimmen. Da aber nur eine Minderheit der Belegschaft für einen Wechsel votierte, blieb die Betriebskranken kasse vorerst bestehen. Werndl, der die sozialen Bestrebungen des Arbeiterbil dungsvereins begrüßte, spendete der neuen Vereinskasse 1.000 Gulden. Im Jahre 1876 löste sich die Betriebskrankenkasse der Werndlschen Fabriken dann dennoch mit Zustimmung der Generaldirektion der Werke auf, die Belegschaft gründete an Stelle dieser Zwangskasse ihre eigene Vereinskasse, die sich Arheiter-Kranken-Verein der Waffenfahrik nannte. Diese Kasse übernahm damit auch die seinerzeitige Werndl sche Stiftung. Die somit bestehenden zwei Vereinskassen in Steyr dürften bald fusioniert haben, ab Beginn der 1890er Jahre wird jedenfalls nur mehr eine solche Kasse in Steyr erwähnt.^^ Vergleichsweise bescheiden nahmen sich gegen die großen Vereinskassen in Linz und Steyr die Kassen der Arbeiterbildungsvereine in Wels und Mauthausen/ Perg aus. Im Jänner 1871 reichte der Perger Verein die Gründungsanzeige bei der " OÖLA, Statthalterei, Präsidium, Schuber 173, ZI. 3417 aus 1876, Anschreiben der Arbeiterkranken kasse vom 24. Dezember 1876, betr. Gründung des Arbeiter Invaliden und Pensionsvereines für Oberöster reich; genehmigt durch die Statthalterei am 10. Jänner 1877, ZI. 4006 aus 1876; Selbstauflösung des Vereins mit 17. November 1878. " OÖLA, Statthalterei, Präsidium, Schuber 173, Zl. 1407 aus 1876, Gründung der Waffenarbeiter-Vereinskasse am 22. April 1876 sowie Gründung der Kasse Arbeiter-Kranken-Verein der Waffenfahrik am 22. April 1876; Brandl, Steyr, 298; Baron, Beginn, 254.

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