ten nicht, sondern forderte die streitenden Parteien zum Vergleich auf. Zu einem sol chen Vergleich fanden sich die Kontrahenten vorerst aber nicht bereit, vielmehr klagte der Bildungsverein vor Gericht. Die Krankenkasse ihrerseits wandte sich im August unmittelbar an das k. k. Ministerium des Inneren, der obersten Vereinsbe hörde. Im Gegensatz zur Linzer Statthalterei bestätigte das Innenministerium sofort die neuen Statuten und damit die Selbständigkeit der Kasse, die sich ab Oktober 1874 Allgemeine oberösterreickischeArheiter-Kranken-Kassein Linz nannte. Zum Ausgleich zwischen Bildungsverein und Krankenkasse kam es 1875, als an der Spitze des Bil dungsvereins ein Wechsel eintrat; der Bildungsverein forderte lediglich den Ersatz der aufgelaufenen Prozeßkosten und gab jeden Anspruch auf die Kasse auf. Damit war das Gründungskapitel in der Geschichte der ersten selbständigen oberösterrei chischen Vereinskrankenkasse abgeschlossen.® Die Trennung der Krankenkasse von dem unter sozialdemokratischen Ein fluß gelangten Bildungsverein honorierte das Linzer Bürgertum: die Linzer Spar kasse gewährte eine erste, allerdings bescheidene Subvention in Höhe von 50 Gul den. Die politisch motivierten Auseinandersetzungen innerhalb der aufkommenden Linzer Arbeiterbewegung wirkten sich auf die Kasse unmittelbar aus, im ]ahr 1872 war der Tiefstand erreicht, die Kasse zählte nur mehr 188 Mitglieder. Nach der Klä rung der Verhältnisse stieg der Mitgliederstand sogleich wieder an auf 269 Personen im Jahr 1875. Der eigentliche Durchbruch wurde in den folgenden Jahren geschafft, nun traten die Belegschaften ganzer Unternehmungen zur Vereinskasse über, darun ter auch die Linzer Waggonfabrik; 1877 kam die Kasse bereits auf einen Mitglieder stand von 590 Personen.' Es war wohl auch dieser Anstieg der Zahl an Mitgliedern, der die Kassenleitung veranlaßte, ein neues Vereinslokal zu wählen. Während der ersten Jahre ihres Bestehens hatte die Kasse ihr Vereinslokal in Gasthäusern in der Waltherstraße und in der Badgasse, jetzt übersiedelte man in das Gasthaus Zur Pfeife in Linz, Herrenstraße 25. Hier blieb die Kasse dann für mehr als vierzig Jahre bis zum Erwerb des eigenen Hauses Bethlehemstraße 37 im Jahre 1917. Diese Wahl von Gast häusern als Vereinslokale war keine Besonderheit der Krankenkasse, sondern viel mehr typisch für die junge Arbeiterbewegung: Gasthäuser waren in der Regel die einzigen Stätten, die der Versammlung größerer Gruppen Platz boten. Nach dem Ende des bürgerlich-liberalen Einflusses faßte die Kasse im Sep tember 1876 den Beschluß, einen Allgemeinen Arbeiter Invaliden und Pensionsverein für Oberösterreich zu gründen. Einen Statutenentwurf brachte man noch im Dezember bei der Statthalterei ein, die im Jänner 1877 die Genehmigung erteilte. Der Pensionsver ein war jedoch wenig erfolgreich, er zählte ein Jahr nach seiner Gründung erst 24 Mitglieder. Trotz einer einmalig gewährten bescheidenen finanziellen Zuwen dung durch den Staat sah sich der Verein bereits im Herbst 1878 gezwungen, aufzu- ® OÖLA, Statthalterei, Präsidium, Schuber 164, ZI. 1616 aus 1868. Baron, Beginn, 180 ff. ' Festschrift Arbeiter-Krankenkasse, 9, 16
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