Die Arbeiterkrankenvereine in Oberösterreich und ihre Rekonvaleszentenheime Von Helmut Fiereder Nach der gescheiterten Revolution von 1848 zogen sich viele der enttäusch ten Liberalen vorübergehend aus der Politik zurück und konzentrierten ihr Augen merk verstärkt auf andere gesellschaftliche Bereiche. Zu diesen Männern zählte Her mann Schulze-Delitzsch, der sich nach seinem Ausscheiden aus dem preußischen Staatsdienst in den frühen 1850er Jahren ganz dem Aufbau der von ihm angeregten Genossenschaftsbewegung widmete. Solche Genossenschaften fanden auch in der aufkommenden deutschen und österreichischen Arbeiterbewegung Zustimmung, auch die Arbeiter gründeten nach Schulzes Vorbild genossenschaftlich organisierte Vereine; in Österreich in namhafter Anzahl allerdings erst nach der Gewährung der Grundgesetze im Jahre 1867. Ebenfalls in den 1850er Jahren erkannte auch das christ lich-konservative Lager zunehmend die Bedeutung der sozialen Frage. So entstan den gerade auch in Oberösterreich unter der Patronanz der Kirche verschiedenste Hilfsvereine, Bruderladen und andere. Manche dieser Vereine verschwanden relativ schnell wieder, andere jedoch wurden den selbstgewählten Aufgaben durchaus gerecht und hielten sich teilweise über Jahrzehnte. Hier sei nur auf den 1850 gegründeten Verein für Krankenpflege der Handlungs Commis zu Linz verwiesen.^ Aus diesem Unterstützungsverein für erkrankte Handlungsgehilfen wurde 70 Jahre später eine Angestellten-Kranken kasse. Grundsätzlich war der geografische Wirkungskreis dieser Kassen eng begrenzt, häufig nur auf eine Gemeinde, offen waren sie zumeist nur den Angehöri gen eines Berufes oder Standes. Ihren Höhepunkt erreichte diese Entwicklung erst am Ende der 1860er Jahre, als neben den zu dieser Zeit entstehenden branchenüber greifenden Vereinskrankenkassen der Arbeiterbildungsvereine mindestens acht sol cher Unterstützungskassen gegründet wurden. Beispiele sind der Verein Samariter in Neuzeug und Sierninghofen (1868), die Bau-, Maurer- und Steinmetz-Gesellen-Bruderschaflen in Steyr (1869), die Feilschmied-Gesellen-Bruderschaft in Steyr (1871) oder der Fach verein der Schuhmachergehilfen in Linz und Urfahr {1872)F Die meisten dieser Vereine, Bruderschaften etc. waren in einem Naheverhältnis zur Kirche und zeigten noch ' Oberösterreichisches Landesarchiv (OÖLA), Bestand k. k. Statthalterei, Präsidium, Schuber 156; ZI. 619 aus 1853. Der 1850 gegründete Verein stand nur Handlungsgehilfen offen. ^ OÖLA, Statthalterei, Präsidium, Schuber 164, ZI. 1415 aus 1868; Schuber 165, Zl. 665 aus 1869: Schu ber 167, Zl. 638 aus 1871; Schuber 168, Zl. 1888 aus 1872. Die gerade in Steyr recht zahlreichen Ver eine dokumentiert Manfred Brandl, Neue Geschichte von Steyr. Vom Biedermeier bis Heute. Steyr 1980, 296 ff.
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