Volkskultur aktuell Festpredigt von Superintendent Mag. Hansjörg Eichmeyer beim katholischen Gottesdienstzum „Fest der Volkskultur" in St. Marienkirchena. H. am 29. Oktober 1995 Ausschnitte aus dem Psalm 16; Bewahre mich Gott, denn ich traue auf dich. Ich habe gesagt zu dem Herrn: Du bist ja der Herr, ich weiß von keinem anderen Gut au ßer dir. Der Herr ist mein Gut und mein Teil, du erhältst mir mein Erbteil. Das Los ist mir gefal len auf liebliches Land, mir ist ein schönes Erb teil geworden. Ich habe den Herrn allezeit vor Augen, steht er mir zur Rechten, so werde ich fest bleiben. Darum freut sich mein Herz und meine Seele ist fröhlich. Du tust mir kund den VUeg zum Leben. Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich. Vor dir ist Freude die Fülle, sagt und bekennt König David in diesem 16. Psalm. Vor dir, Gott, ist Freude. Es gibt falsch informierte Personen und Kreise, die meinen, so richtig freuen könne man sich nur, wenn Gott hinter einem liegt, wenn er wegschaut, dort, wo nicht von ihm die Rede ist. Sie meinen, vor Gott könne man nur zerknirscht sein, bereuen und büßen, höchstens ein paar fromme Lieder singen. Und dann gibt es Men schen, die uns nicht nur in der Bibel be gegnen, die Zeitgenossen sind und die wissen und fühlen: weil es einen Gott gibt, weil er ja zu mir sagt und mich be gleitet, mir verzeiht, wenn ich versagt habe, drum kann ich mich freuen und fröhlich sein. Eine, die es besonders intensiv mit Gott zu tun bekommen hat, unsere ge meinsame biblische Maria, singt und be kennt: „Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, mei nes Heilandes." Freude, gemeinsame Freude aber braucht auch Gestaltung. Sie kann nicht nur darin bestehen, daß man sich kitzelt, reihenweise Witze erzählt oder im Bier zelt sich sinnlos niedertrinkt. Die rechte Gestaltung der Freude ist das Fest, wo festlich gesHmmte Menschen zusam menkommen und andere mit ihrer Freude anstecken. Wir feiern heute das Fest der Volks kultur. Ein Fest zu feiern, ist etwas ganz spezifisch Menschliches. Keines der uns bekannten Geschöpfe veranstaltet Feste, backt Geburtstagskuchen und bläst Ker zen aus, macht sich fein, singt und spielt miteinander. Der Professor für Theolo gie und Soziologie Harvey Cox aus Cambridge bezeichnet darum den Men schen als „homo feshvus", ein auf Fest lichkeit angelegtes Wesen. Aber in den letzten Jahrzehnten und auch schon län ger verliert der Mensch diese Fähigkeit zur Festlichkeit immer mehr. Es zählt nur noch der Leistungsmensch, seine Ar beitskraft und seine Denkkraft ist ge fragt, so sehr, daß für Spiel, Freude, Tanz, Phantasie und Gemeinschaft immer we niger Zeit übrigbleibt. Und in der kargen Freizeit vereinsamt so mancher vor dem Fernseher, der für viele so ziemlich die größte Schlaftablette ist. Gott ist ein Freund der Freude und der Festlichkeit, weil er ein Freund des Lebens ist, das er uns als gute Gabe, nicht als Plage zuge dacht hat.
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