OÖ. Heimatblätter 1996, 50. Jahrgang, Heft 1

ber 1932, hiebei sein Interesse abgren zend; „Sie verstehen zu sehr die Art des Künstlers, um auch zu begreifen, daß dieser in gewissem Sinne ,beschaulich' sein muß und zugleich schaffend, d. h. arbeitend. Daher berühren mich sozial politische und kulturpolitische Probleme indirekt, allgemein, und nicht direkt mein persönliches ,Geheim'leben an spiegelnd." Wie sehr Kubin an dem alten Öster reich gehangen hat und wie wenig an der Republik, zeigt noch deutlicher der an seinen Freund Dr. Max Fischer, einen Chemiker aus Stuttgart, gerichtete Brief vom 18. April 1938, in dem er vom „An schluß" berichtet: „... Als Nicht-Radiobesitzer, NichtZeitungsleser und völlig Apolitischer ward ich überrascht, wie am 12. v. M. vom Zeichenblock aufblickend endlose Züge motorisierter Truppen auf der Landstraße draußen zu sehen waren ... Schließlich war das mir ins Herz ge wachsene Österreich jenes k. u. k., das 1918 zu Grunde ging, das kleinere Neu gebilde hat mir nie eine volle Heimat be deutet. Aber - wenn's (als Vergleich zu den Jahren 1918-38) als Leichnam eines lieben Verstorbenen nach 3 Tagen dann aus dem Haus getragen wird, flammt nochmals ein arger Schmerz auf - es ist das ,Nimmermehr' des Poe'schen Ge dichtes, das der Rabe krächzt."^ In diesen Worten schimmert die Wehmut um jenes Kakanien Robert Musils, das in einer aufgeklärten, wenig fühlbaren, alle Spitzen vorsichtig be schneidenden Weise verwaltet wurde - noch heute das Verwaltungsideal schlechthin -, jenes Kakanien, in dem zwar ein Genie für einen Lümmel gehal ten wurde, „aber niemals, wie es an derswo vorkam, schon der Lümmel für ein Genie", jenes Kakanien, in dessen nordböhmischem Leitmeritz Kubin zur Welt gekommen war und dessen Süd osten - dort, wo heute Krieg geführt wird - er mit Herzmanovsky-Orlando durchreist hatte. Kubins Freunde von der Innviertier Künstlergüde Aus dieser Verwaltung kam auch ei ner aus der Vielzahl der Freunde des apolitischen Kubin, ein für die Verwal tung „durch hohe Geburt" Privilegierter, um noch einmal Musil zu zitieren: Hans von Hammerstein, durch zehn Jahre Be zirkshauptmann von Braunau, Mitbe gründer der Innviertier Künstlergilde, im Februar 1934 Sicherheitsdirektor von Oberösterreich, kurz Justizminister, dann bis 1938 Repräsentant einer zum Scheitern verurteilten österreichischen Parallelaktion zur Goebbelschen Propa gandamaschine. Er dürfte dem Einsied ler von Zwickled t aus dem Herzen ge sprochen haben, als er 1932 bei der Goethefeier des Landes Oberösterreich davon sprach, daß die Persönlichkeit un tergehe in der Mechanik der Masse. „Der einzelne hat keine Stimme mehr. Nur die Masse gilt und ihr Wahn" - und - so möchte man heute anfügen - die Einschaltquote. Dieser Hammerstein, dessen schön geistiges Werk romantisch, Eichendorffgetönt ist, war als Verwaltungsmann ein Mann der Ordnung, der praktischen Vernunft, darum eine ideale Komple mentärerscheinung zu Kubin. Seinen Es- ' Rombold, Die Rampe, Hefte für Literatur 2/78, 34.

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