_ _ • • Die Ottensheimer Uberfuhr zu Kriegsende 1945 Von Otto Kampmüller Vorbericht Wenn man unter Demarkationslinie im Gegensatz zur Staatsgrenze eine „nur vorläufig festgelegte Abgrenzung von Hoheitsgebieten oder bloßen Einfluß sphären"^ versteht, dann war die Donau bei Ottensheim im Laufe der Geschichte zweimal Demarkationslinie; einmal in der Römerzeit, einige Jahrhunderte nach Christi Geburt, und dann während der amerikanisch-russischen Besatzungszeit von 1945 bis 1955. Ob es tatsächlich schon während der Besetzung Oberösterreichs durch die Römer in Ottensheim eine Uberfuhr ge geben hat, können wir heute nicht mehr nachweisen. Leopold Schiller^ führt die Karte des römischen Geologen Ptolomäus aus dem zweiten christlichen Jahr hundert an, auf der links der Donau Usbium, „das also Ottensheim bedeuten würde, und rechts Arelape, wofür die Ortschaft Ufer in Betracht käme", einge zeichnet ist. Schiller meint a.a.O.: „Wenn die Vermutung nicht ungeheuer lich scheint, dürften hiemit die ersten Häuser an der Uberfuhr OttensheimUfer gemeint sein ..." Bald nach den Ungarnkriegen macht sich am Donauübergang bei Ottensheim das große Rodungsgeschlecht der Her ren von Wilhering ansässig und ver sucht, von hier aus den von Ottensheim in den Nordwald führenden Handels steigen zu folgen und das mittlere Mühl viertel zwischen Rodl und Haselgraben urbar zu machen und zu besiedeln.^ Das älteste literarische Zeugnis der Uberfuhr könnte sich im „Nibelungen lied" finden, das um 1200 im Donau raum entstanden ist. Hier kommt schon der Ruf vor, mit dem man den Uberfüh rer, den Fergen, über die Donau rief: „Hol mich hie!", später wurde daraus „Hol über!" Der Überführer ist im Nibe lungenlied ein reicher Mann, der nicht auf Entlohnung angewiesen ist: „1550. Er begonde ruofen vaste über fluot. ,nu hol mich hie, verge', sprach der degen guot, ,so gib ich dir ze miete von golde ein bouc vil rot. jä ist mir dirre verte, daz wizze, waerlichen not.'" In der Übersetzung nach Christian Thanhäuser:'' „1550. Laut begann er zu rufen hin über die Flut: ,Nun hol mich über, Ferge!' sprach der Degen gut. ' Nach Brockhaus-Enzyklopädie in 20 Bänden, 4. Band, Mannheim 1968, S. 401. ^ Schiller, Leopold: Donauverkehr und Uberfuh ren bei Ottensheim. In: 700-Jahr-Feier des Marktes Ottensheim. 1228-1928. Festschrift. Ottensheim 1928, S. 67 f. ^ Manlik, Karl: Donauübergänge in Osterreich. Linz 1994, S. 17. ■' Wiedergegeben aus: Kampmüller/Thanhäuser: Ottensheim in der Literatur. Ottensheim 1989, 5. 7 f.
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