Dort war also der Syndikus der oberösterreichischen Landstände an manchen Tagen fleißig unterwegs und ließ sich in Bauernhöfen und auf Almen vorsingen. Die Bemühungen waren nicht immer von Erfolg gekrönt. Man muß sich das bildhaft vorstellen: Der höchste Beamte des Landes kommt in eine niedrige und muffige Bauernstube und ermuntert - manchmal mit Hilfe ei ner kleinen Geldspende - zum Vorsin gen, eine doch zugegebenermaßen unge wöhnliche Situation. Außerdem war vie len Bauern wohl kaum zum Singen zu mute. Robot und Zehent waren Pflicht, die Traunseeschiffleute und Flößer kämpften um ihre Existenz, da die Pfer deeisenbahn den Transport der Güter übernommen hatte. Uberall im Lande beginnt es trotz Metternichscher Zensur zu gären. Und in den Adelshäusern und bei den Industriellen wird zur selben Zeit musiziert, auch in Traunkirchen im Hause Spaun, wo Franz Schubert und seine Freunde Gäste sind. Jedenfalls beginnt Spaun 1827 mit der mühevollen Sammelarbeit. Er hatte dabei in Wilhelm von Ghezy einen jun gen Helfer. Spaun schleppte den Unter lehrer von Traunkirchen schonungslos von Alm zu Alm, wobei der Lehrer seine Geige mitnehmen mußte, um die ver nommenen Weisen, vor allem die schwierigen Ludler Qodler), nachzuspie len und in Noten zu bringen. Spaun selbst setzte sich einige Krite rien für die Sammlung; „Ich habe daher versucht, den gan zen Reichtum dieser Melodien mit allen Abstufungen des Ausdrucks und der Empfindungen, die unserem Volke eigen sind, mit der gewissenhaftigsten Treue, |^(Ocjtfrrfirl)irfl|r W ^lYOliKSWEIS».- L il« i- la.siM'f'.srlitMi' ISüchliaitdlniiL'. Titelblatt aus: „Osterreichische Volksweisen in einer Auswahl von Liedern, Alpen-Melodien und Tänzen gesammelt von weiland Anton Ritter von Spaun". aber auch mit möglichster Klarheit und Vollständigkeit darzustellen". Die Darstellung sah dann folgender maßen aus: 1. Er nahm nur Strophen auf, die von den Landleuten gesungen wurden. 2. Rohe und anstößige Strophen wurden ausgelassen. 3. Bänkelsängerstrophen wurden ausgeklammert. Das Sammelergebnis erschien 1845 bei Jasper in Wien unter dem Titel: „Osterreichische Volksweisen in einer Auswahl von Liedern, Alpen-Melodien
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