OÖ. Heimatblätter 1995, 49. Jahrgang, Heft 4

eingeräumt." Im Spätsommer 1492 kam Johannes Reuchlin als Gesandter des Grafen Eberhard im Barte von Württem berg in diplomatischer Mission an den Kaiserhof." Beim jüdischen Gelehrten Loans, einem bedeutenden Hebraisten, begann Reuchlin das Studium des He bräischen und blieb bis Oktober 1492 in Linz, wobei ihm der Kaiser zum Ab schied die Würde eines Pfalzgrafen ver lieh. Er erhielt später noch Post von Franz Bonomus, der sich auch in der he bräischen Sprache ausbilden lassen wollte, von Johannes Krachenberger, der Reuchlin bat, einen griechischen Namen für ihn zu erfinden, von Johannes Fuchs magen, der meinte, „Sephirot" gesehen und dadurch den Aberglauben des jüdi schen Volkes erkannt zu haben. Reuchlin kehrte im März 1493 wieder in die Do naustadt zurück, um seine Studien fort zusetzen, und bezog wiederum Pergers Wohnung. Der Kaiser, nach der Fußam putation" geschwächt, schenkte ihm eine hebräische Handschrift des Alten Testaments mit über vierhundert Perga mentblättern. Reuchlin, der als erster deutscher Humanist wichtige Werke zur hebräischen Sprache und Altertums kunde veröffentlichte und so zum Vor bereiter der Bibelübersetzung Luthers wurde, verfaßte auch eine Grabschrift für Kaiser Friedrich 111. in acht Disti chen." Jacob ben Jehiel Loans stand üb rigens auch bei Maximilian 1. in Gunst, der ihn in den Ritterstand erhob; er starb erst 1506." Max Brod hat diese Studien Reuchlins in Linz mit einer weltgeschichtlichen Wende verglichen: „In dem gleichen Jahr [1492] fuhr Ghristoph Golumbus [laut Madariaga vermutlich jüdischer Ab stammung] aus ... und entdeckte einen neuen Kontinent, der dann in viel späte rer Zeit einer jüdischen Massenwande rung eine neue Zufluchtsstätte und eine " Der Brief vom 26. März 1492, Wien, nach Jo hann Reuchlin, Clarorum virorum epistolae Latinae, Graecae et Hebraicae, variis temporibus missae ad loannem Reuchlin ..., 1558, p. 9f.. Linzer Regesten (= LR) A 2/195, wo darauf hin gewiesen wird, daß in der Ausgabe von Reuchlins Briefwechsel durch Ludwig Geiger, 1875, die Jahresangabe 1493 lautet; über Johann Waldner, Gerichtsschreiber beim Kammerge richt, seit 1474 Protonotar, seit 1494 österreichi scher Kanzler, siehe Frieden durch Recht, Mainz 1994, S. 87, n. 34. " Zwischen Eberhard V. im Bart, seit 1495 Herzog von Württemberg (t 1496), und seinem Neffen Eberhard II. war es durch einen Vertrag 1482 zur territorialen Einheit des Landes gekommen, im März 1496 trat dieser die Nachfolge an, wurde aber 1498 abgesetzt, siehe P.-J. Schuler und 1. Eberl, LexMA 3,1986, Sp. 1517 ff. " Georg Wacha, Die Fußamputation an Kaiser Friedrich III. zu Linz, in: HMW-(= Heilmittelwerke-)Jahrbuch, Wien 1956, S. 20-23 und Tafel VIII, Harry Kühnel, Mittelalterliche Heilkunde in Wien (Studien zur Geschichte der Universi tät Wien 5), Wien 1965, S. 99 ff. und Abb. 9, Manfred Skopic, Die Beinamputation an Fried rich III. in Linz im Spiegel der Chirurgie seiner Zeit, in: Kaiser Friedrich III., Innovationen einer Zeitenwende (Katalog des Stadtmuseums Nordico 59), Linz 1993, S. 10-14, sowie Kaiser Fried rich III. und Meister Hans Seyff, ebenda S. 15-19 und Farbabb. Daher wird der in der vorvorigen Anmerkung zitierte Brief mit Per gers Bedauern, daß weder er noch Dr. Fuchsma gen ihren einstigen Mitschüler wiedersehen werden, ins Jahr 1493 verlegt. " Zu Reuchlin vgl. Schmidt, Kehr. 3, S. 32 f., Hans Rupprich, Die deutsche Literatur vom späten Mittelalter bis zum Barock (Geschichte der deutschen Literatur 4/1), München 1970, S. 531541 (gemeinsam mit Krachenberger in Linz ver faßtes Gedicht 1492 an Konrad Celtis, Grabin schrift Friedrichs III., S. 536). Harry Kühnel, Die Leibärzte der Habsburger bis zum Tode Kaiser Friedrichs III., in: Mittei lungen des österreichischen Staatsarchivs 11, 1958, S. 23 f.

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