OÖ. Heimatblätter 1995, 49. Jahrgang, Heft 4

Die mündlich überlieferten Erinne rungen von Amelio Savio erlaubten es, einen Einblick in die Eebenswelt der ita lienischen Ziegelarbeiter zu geben: „1904 ist mein Vater Euigi in Sierning Capolavoro geworden", erzählt Ameliod° „Der Fabriksbesitzer Franz Mayr hat zwei Ziegelwerke gehabt, eines in Steyr, eines in Sierning. Mit ihm hat mein Vater mit Handschlag fürs nächste Jahr Produkhon und Arbeiter ausge macht. Er hat den Akkord selbst ausge handelt und ist damals schon zu Geld gekommen." Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges beendete vorerst das Ar beitsverhältnis der Reichsitaliener in Osterreich. Nach dem Kriegseintritt Ita liens drohte sogar die Internierung. Die meisten Ziegelarbeiter wanderten daher nach Italien zurück. Amelio wurde in Fagagna eingeschult, besuchte dort den Unterricht. Euigi erreichte bald nach Kriegsende eine Nachricht aus Steyr: Er werde benötigt. Also fuhr er mit seiner Frau nach Österreich, die meisten der acht Kinder blieben bei der Großmutter in Friaul. „Mein Vater ist Meister und Werksleiter geworden", erzählt Amelio, „gut ist es ihm gegangen. Gleich nach dem ich zwölf Jahre alt geworden bin, hat er mich nachkommen lassen. Das war die Altersgrenze, und ich konnte kein Wort Deutsch. Aber der Chef hat sich gleich um mich gekümmert, hat da für gesorgt, daß ich die Sprache lern', und das ist dann auch schnell gegangen." Amelio arbeitete sich rasch ein, wurde ebenfalls zum Spezialisten. Sein Eeben war geprägt von der Ziegelarbeit, nahezu zwölf Stunden täglich, 70 Stun den in der Woche. Im Ziegelwerk arbei tete die halbe Familie Savio: neben Ame lio seine Brüder Gorrado, Arduino und Rinaldo Franco, lange Jahre auch die Die „Fmtelli Savio" in Sierning, 1935: Corrado, Amelio, Arduino, Rinaldo (von links nach rechts) (Privatbesitz). Schwester Amelia. „Die ganze Produk tion war von uns abhängig. Das war un ser Eeben. Und Samstag war der Tag zum Fortgehen, also, da war ich immer mit den Brüdern im Gasthaus tanzen, trinken. Und wenn wir zu viel erwischt hatten, ist unsere Mutter zum Brennofen gegangen und hat nachgelegt." Das Ver hältnis zur einheimischen Bevölkerung sei damals „nicht schlecht" gewesen, sagt Amelio: „Wir waren nicht die einzigen Italiener, es waren auch noch andere da, und man hat uns gebraucht. Darüber hinaus waren bei uns oft mehr als ein Dutzend Eeut', Spaghetti essen, oft wa ren da riesige Runden, wo gesungen worden ist, Wein getrunken. Santa Eucia - das wollten sie immer hören. Und mein Vater hat ja hier den Gastwirten Rotwein geliefert, aus Italien. Also - er hat das vermittelt und ihnen den Wein verkauft. Damit hat er etwas dazuverDieser Abschnitt folgt im wesentlichen den Interviews mit Amelio Savio, geb. 1912, und Enrico Savio am 22. August 1994 und 3. No vember 1995.

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