den „heißen" Jahren unseres Jahrhunderts. Wir haben heuer ausgiebig des fünzigsten Jahrestages des Kriegsendes gedacht. Fünfzig Jahre sind eine so lange Zeit spanne, daß kein noch so zeitgeschichtsscheuer Orts- oder Lokalgeschichtsforscher mehr daran vorbeikommt. Der früher gerne - besonders auch in den Schulen - praktizierte Ausweg, entweder die Darstellung mit dem Ende der Monarchie zu schließen oder über die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg mit wenigen Bemerkungen hinwegzugehen, allenfalls unter Aufzählung der Opfer des „Februaraufstandes" und des Zweiten Weltkrieges -, dieser Ausweg ist heute nicht mehr praktikabel. Es gehört nicht mehr zum guten Ton, über die Konflikte der dreißiger und vierziger Jahre zu schweigen. Deshalb aber ist man als Heimatforscher jetzt auch mit den Schwierigkeiten und Gefahren der Zeitgeschichtsforschung konfrontiert, die nun im zweiten Teil dieses Beitrages skizziert werden sollen. Die spezielle Quellensituation Es wurde schon eingangs darauf hingewiesen, daß ein wichtiges, vielleicht das entscheidende Charakteristikum der Zeitgeschichte eine ganz besondere, mit keinem anderen Abschnitt der Geschichte vergleichbare Quellenlage ist. Zeitge schichtliche Forschung setzt voraus, daß man sich dieser Besonderheiten bewußt ist, denn nur dann wird man die jeweils effektivsten Methoden für die Forschungsarbeit wählen können. Einige Spezialprobleme aus der Praxis zeitgeschichtlicher For schung sollen dies im folgenden verdeutlichen. Ein Charakteristikum der Zeitgeschichte ist die Menge der zur Verfügung stehenden Quellen. Seit etwa den zwanziger Jahren hat die Produktion von Schrift stücken und Druckwerken aller Art sowohl öffentlicher wie privater Herausgeber ungeheuer zugenommen; Flugzettel, Prospekte, Informationsblätter, Zeitungen, aber auch Ab- und Durchschriften, Mehrabdrucke und Aussendungen begannen sich schon in der Ersten Republik gefährlich zu türmen. Beim Versuch, dieser Papier fluten Herr zu werden, wurden oft neue, vermeintlich bessere Ordnungs- und Abla gesysteme eingeführt - und wieder aufgegeben, sodaß etwa in den Aktenbeständen der OÖ. Landesregierung in den letzten 60 Jahren mehr Aktenschemata einander abwechselten als in 200 Jahren vorher. Eine Folge davon ist, daß Forscherinnen und Forscher sich bei der Recherche für ein zeitgeschichtliches Thema oft großen Quel lenbeständen gegenübersehen - Zeitungen, Drucksorten, Akten -, in denen die für das jeweilige Forschungsthema relevanten Stücke fast so schwer zu finden sind wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Und selbst wenn man das „Durchbaggern" der Papierberge auf sich nimmt, ist man noch nicht davor gefeit, wichtige Stücke trotz dem nicht vorzufinden oder sie zu übersehen. Auch die Vielfalt der Quellen nimmt ständig ZU: Kamen zum geschriebenen bzw. gedruckten Wort vorerst die Fotos, spä ter Filme, so steht jetzt mit Videos und elektronisch gespeicherten Daten schon die nächste Quellengeneration vor der Tür. Angesichts der Unübersichtlichkeit der Quellensituation ist es mehr als ratsam, sich schon vor Beginn der eigentlichen For-
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