Heimatvertriebene Gibt es ein Recht, gar ein unveräußerliches Menschenrecht auf Heimat? Ein Recht der Vertriebenen auf Wiedererlangung ihrer Heimat? Wenn heute von Hei matrecht die Rede ist, dann bezieht sich dies auf die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte", die 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurde und die das Recht jedes Menschen zum Verlassen seines Staates und zur Rückkehr in ihn schützen soll. International ist das Recht auf Heimat nicht eindeutig festgelegt. Das Völker recht untersagt zwar die willkürliche Entziehung der Staatsangehörigkeit und ver bietet die Deportation der Bevölkerung eines besetzten Landes. Allerdings, ein Recht auf ein bestimmtes Territorium, das einem Volk zugeordnet sei, gibt es im Völ kerrecht nicht. Der Beschluß der Siegermächte von 1945, Millionen von Deutschen „auszu siedeln", war zweifellos ein bitteres Unrecht. Dieses Unrecht wurde dadurch nicht kleiner, daß ihm noch schwerwiegendere Übergriffe von deutscher Seite vorange gangen waren oder daß im Potsdamer Abkommen, das die Aussiedlung sanktio nierte, verankert war, daß diese „in geregelter und humaner Form" durchzuführen sei. Abgesehen von den tatsächlichen Umständen der Vertreibung, wo die Vorstel lung einer geregelten Form mit Füßen getreten wurde, wird ein Unrecht auch nicht durch humane Ausführung zum Recht. Es ist ein Unrecht, Menschen aus ihrer Heimat zu vertreiben oder Bedingun gen zu schaffen, die sie zur Flucht zwingen. Zur Rechtsprechung gehört aber auch, daß jedes Unrecht früher oder später verjährt. Heimat existiert konkret oder gar nicht. Heimat wird mit jedem Menschen neu geboren, schreibt Graf Krockow, wie sie auch mit jedem Menschen stirbt. Wahlheimaten hat es immer gegeben. Heimat vertriebene können heimisch werden. Es ist unmöglich und führt zu neuem Unrecht, eine längst verlorene Heimat zurückzufordern. Für die Enkel ist sie auch keine Hei mat mehr. Wenn das Recht auf Heimat heute buchstäblich wieder lebenswichtige Bedeutung gewinnt, so heißt dies, daß dieses Recht unmittelbar und sofort gesichert werden muß. Wer sich mit Heimat und Fremde auseinandersetzt, kommt um das Problem der Gewalt so oder so nicht umhin. Neues Heimatbewußtsein Wir erleben einen Boom der Heimatmuseen und Flohmärkte, der regionalen Dialekte und bodenständigen Küchen, der autonomen Bewegungen und basisna hen Inihativen. Die Bürgernähe als neuer politischer Begriff richtet sich gegen den Zentralismus und die Bevormundung durch moderne Bürokratien, gegen große Einheiten und nivellierende Tendenzen, gegen Anonymität und Vermassung. Die Grünbewegungen, und nicht nur sie, fordern regionale Identitäten und überschau bare Strukturen. In der modernen Umweltdiskussion und ihrer Forderung nach
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