tig,/ Die Lande einfach und die Wasser faltig,/ die Bäume riesig und sehr klein die Mauern;/ und in den Tälern, stark und vielgestaltig,/ ein Volk von Hirten und von Ackerbauern." Meist waren Botschaft und Text Massenware, die die Kalenderge schichten und Feuilletons der Volkszeitungen füllte. Im Rahmen der Debatte um den Weg in die Moderne waren die Positionen klar: Für die Vertreter des Fortschritts war das Leben der Bauern in der traditionellen Agrargesellschaft gezeichnet von mühseliger, langer Arbeit, von feudaler Unter drückung, von Angst und Aberglauben, von Hunger, Krankheit und Sorge. Die Kri tiker der Industrialisierung malten dagegen ein romantisches, idyllisches Bild von einem gesunden, starken und eigensinnigen Bauerngeschlecht, das in Harmonie mit seiner Umgebung, stark, sittenstreng und gläubig, ein ausdrucksvolles und erfülltes Leben führte. Industrialisierungskritik und Heimatsehnsucht wurden deckungsgleich mit der Beschwörung eines intakten, auf der Scholle wurzelnden Bauernstandes, der, geschichtslos und von jeder Veränderung unberührt, als Hort der Beharrung und als Garant dafür erschien, daß Modernisierung und Zivilisation den wesentlichen Kern des Volkes noch nicht ergriffen haben. Das bäuerliche Leben wurde als urtümliche Keimzelle einer stabilen Ordnung beschrieben, mit Generationen von Bauern, die jeweils auf dem gleichen Hof lebten und das gleiche Land bearbeiteten. Die Roman tisierung eines intakten Bauernstandes ging Hand in Hand mit einer scharfen Kritik der großstädtischen Lebensformen. Die in der Mitte vom Boden gelöste Grassode, unter der die Blutsbrüder ihr Blut zusammenrinnen lassen, um magisch eine künstliche Verwandtschaft, eine Blutsgemeinschaft herzustellen, wurde zum Symbol für die Einheit von Blut und Boden. Der Dreiklang von Volk, Natur und Individuum wurde als Wurzel jeder lebendigen Kultur beschworen. Die Metapher „Volk" spielte eine zentrale Rolle in dieser industrialisierungskritischen Argumentationsweise. Natur wurde in diesem Zusammenhang als eine ganz bestimmte Landschaft aufgefaßt, die den eigentümli chen Lebensraum des Volkes bildet, das diese Landschaft als Kulturlandschaft geschaffen hat und dessen „Wesen" mit dieser Landschaft harmonisiert. Die Land schaft wurde zum Raum und das „Volk ohne Raum" zum wirkmächtigen Schlag wort imperialistischer und räuberischer Ziele. Blut und Boden Der Heimatschutz, wie ihn Rudorff und seine Anhänger propagierten, war nicht primär nationalistisch. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden in Deutschland inter nationale Heimatschutzkongresse mit Teilnehmern aus ganz Europa und aus Außer europa abgehalten. Das latent völkische Gedankengut im Heimatschutz kam erst mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges voll zur Geltung. Heimatschutz umfaßte nun alles, was „von gutem deutschen Geist" geprägt war.
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