OÖ. Heimatblätter 1995, 49. Jahrgang, Heft 3

Das kurze Leben des Ossi Sölderer Von Hugo Schanovsky Von Heinrich von Kleist gibt es kein einziges lebenstreues Bild, dennoch strahlt sein Name wie ein kunstvoll geschliffener Diamant vom 19. herüber in unser 20. Jahrhundert und reflektiert die ganze unstete, an wechselnden Plätzen eruptiv schaffende Persönlichkeit. Um wieviel mehr bietet sich in einem Versuch über einen jungen oberösterreichischen Dichter die Veranlassung, von der genauen Nachzeich nung seines irdischen Konterfeis Abstand zu nehmen, seinen an der Schnittlinie des österreichisch-bairischen Sprachraumes nicht einmal Stationenhaft verlaufenden Lebensweg nur zu skizzieren, ein einfacher kurzer Weg, der in einer geographisch geraden Linie von seiner Geburtsstadt Linz an der Donau westwärts nach Oberbay ern führte, wo ihm ein aufmerksamer Herausgeber und Verleger, vorübergehend - wie es schon nach wenigen Jahren unverrückbar feststand - Heimstatt bot, eine schicksalhafte Ersatzheimat, weil es ihn in seiner natürlichen, in die Industrieland schaft am großen Strom eingebetteten Heimat nicht hielt. Die Rede ist von Ossi Sölderer, dessen schmales Werk in zwei Bändchen des Verlages Friedl Brehm in Feldafing aufging, eines Verlegers, der sich die Pflege bairisch-österreichischer Mundart zum Ziel setzt und jungen süddeutschen und öster reichischen Autoren die Veröffentlichung ihrer Mundart- und Dialektdichtungen ermöglicht, die von renommierten Verlagen kommentarlos an die Einsender zurück geschickt werden. Den Versuch zu Auslassungen unternahm vor dem Verfasser dieser Arbeit schon der Autor selber, der sein Leben bis zur Herausgabe seines ersten Mundartge dichtbandes so umriß: „1952 am 17. Oktober in Linz geboren / 8 Jahre Volksschule / 1 Jahr Polytechnischer Lehrgang / Bäckerlehre / Bundesheer." Auf einen Blick: Äußerste Kürze bei fast anonym anmutenden Tatsachenmit teilungen, die ein Dutzendschicksal andeuten: Grundschule, zusätzliches, im Oster reich der II. Republik gesetzliches neuntes Schuljahr, der Hinweis, daß der Beruf des Bäckers nur erlernt, nicht ausgeübt wurde, die Ableistung des im demokrahsch-neutralen Osterreich vorgeschriebenen Präsenzdienstes beim Bundesheer. Das alles sagt alles und doch nichts über das Leben Ossi Sölderers. Erst der Zusatz, den der Verlag diesem Kürzest-Lebenslauf anschließt, hebt die Person des jungen Oberösterreichers vom Schema Schüler - Lehrling - Soldat ab. Man erfährt über Sölderer mehr, nämlich daß er „seit 1973" an den Literarischen Blättern für bairisch-österreichische Mundarten „SchmankerT mitarbeitete und „Texte in Zeitungen und Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen" unterbringen konnte. Ferner, daß er Mitarbeiter der „Bayerischen Dokumentationsstelle für Mundart" war und „Lesungen u. a. in München und Wien, Innsbruck, Linz und Kla genfurt" hatte.

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