OÖ. Heimatblätter 1995, 49. Jahrgang, Heft 3

aus dem edlen, feingeschnittenen Ge sicht blitzten zwei braune Augen voll Geist, Tiefsinn - und unendlicher Schwermut. Sein Wesen und Gehaben war von einem gewissen Zug zur Vor nehmheit geprägt, sein Gang elastisch und schmiegsam und seine Kleidung sorgfältig und gewählt. - Es müssen wohl schöne Stunden im Gmundner Schulhaus oder auf den kleinen Ausflü gen gewesen sein, die er mit Nanette, ih ren Freundinnen oder mit Frau Wolf ver brachte. „Lenaus Geburtstag, den 13. August (1830) wollten wir auf dem Traunstein feiern. In zwei Drittel Höhe von diesem ruht ein stiller kleiner See, der Laudach see, zur Hälfte von senkrechten spitzen Felsen orgelpfeifenartig umstanden. Das diesseitige Ufer dagegen ist flach, dicht umwaldet und nicht ohne einiges Schilf, das schwermutsvoll mit einem einsamen Hüttlein koset." Die Gesellschaft wurde bald durch eine Sennerin vermehrt, die ihre frohen Jodler in die Felswände des Katzensteins sandte, die sie „zu einem mehrstimmigen fast abenteuerlichen aber zugleich höchst schönen Liede zu verflechten und ergänzen schienen." (Vgl. Lenaus Gedicht „Die Sennin"!) Die poetische Reflexion dieser herrlichen Naturszene ist im folgenden nicht datier ten Gedicht festgehalten: Der Laudachsee Ein Bruchstück Laß meiner Einsamkeit das Angedenken Der schönsten Stunden jetzt vorüherziehn, Die mir das Erdenleben durfte schenken, Geist der Natur! der öden Gegenwart entfliehn Und in Erinnerungen mich versenken, Zeig mir den See im stillen Felsentale, Von Schilf und Vßald die Ufer rings umsäumt. Der Felsenhäupter Glühn im Ahendstrahle, Den Rasensitz, wo ich so süß geträumt. Komm du auch, meine Freundin Phantasie, Erweck mir Echos Geisterchöre In dieser Heimat der Melancholie, Daß ich durch sie jetzt alles wieder höre, Was damals wie aus schönern Welten mir erklang Und in die tiefste Seele drang. Begraben will ich in des Sees Gruft Und ihrer Dunkelheit vertrauen meine Leiden, Oh dann die Zeit auch wieder wach sie ruft; Nie wird mein Herz von dieser Stelle scheiden. Wo einst so schöne Stunden mir gelacht Und überglänzt hat meines Lehens Nacht. Wie nun dies Bild vor meiner Seele schwebt, Helft mirs zutage fördern, daß es lebt, Ihr mächtigen Geister, geht ihm eure Weihe, Daß ihre Sprache auch Natur ihm leihe. Vergönnt euch dann ein freundliches Geschick, Daß eines Auserwählten warmer Blick Befriedigt, angezogen drauf verweilt Und im Erkennen die Empfindung teilt. Die es beseelt; - dann saget laut, Ihr Wald- und Felsenstimmen, was euch ward vertraut. Ein weiterer Ausflug führte die bei den nach Neukirchen bei Altmünster: „Einen ergötzlichen Absprung machten Lenau und ich [Schurz] ganz allein in die Viechtau nach Neukirchen, woher die Sturmwinde und Hagelgewitter kom men" (zitiert nach Schurz). Anfang September mußte der ge sundheitlich völlig genesene Lenau - oder wie sein Geburtsname lautet, Niko laus Niembsch von Strehlenau - wieder nach Wien zurück. Von dort sendet er kurz nach seiner Ankunft, noch sichtlich unter dem frischen Eindruck des Gmundner Sommeridylls stehend, an Nanette folgenden in Auszügen wieder gegebenen Brief: „Geehrtes Fräulein! ... Ich danke Ihnen noch einmal für die herrlichen Stunden, die mir Ihr ange nehmes Talent gebracht und versichere

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