OÖ. Heimatblätter 1995, 49. Jahrgang, Heft 3

Ausformung und Funktion der einzelnen Teile Daß in der ältesten Zeit die Schalen dreiflammig und erst etwa in der Hoch gotik einflammig - dafür aber mit breiteren Dochtdellen - ausgestattet waren, muß von der Brennstoffart abhängig gewesen sein. Bei vielen Versuchen, die im Burgmu seum Reichenstein mit Leinöl, Rapsöl und Talg durchgeführt wurden, konnte nach gewiesen werden, daß in einflammigen Schalen durch die Hitze der starken Flamme in der Talgfüllung nur eine Höhlung entsteht, gegen die hin der Docht bis auf den Lampenboden abbrennt und dann erlischt. Eine Abhilfe könnte früher eine Beimen gung zum Talg geleistet haben, die eine schnellere Flüssigmachung bewirkt; dazu dürften Salz und Sand verwendet worden sein, wie schon der griechische Geschichtsschreiber Herodot vor fast 2.500 Jahren berichtete.® Vielleicht war aber auch das in älterer Zeit im Haushalt vorhandene Unschlitt besser dazu verwendbar als der heute im Handel erhältliche kernfeste Talg. („Der bei 55 bis 60 Grad Celsius ausgeschmolzene, gereinigte Feintalg dient als Küchenfett. Wird er auf 35 Grad Cel sius abgekühlt, so scheiden sich hochschmelzende Anteile kristallisiert ab. Beim Abpressen bilden sie den stearinreichen Preßtalg [für Talgkerzen, Talglichter], wäh rend das Oleomargarin abläuft".') Sonst müßte angenommen werden, daß erst etwa ab der Hochgoük die Lampen nur mit Lein- oder Rapsöl gespeist wurden und daß die vielen Abgaben von Talg (Unschlitt, Inselt) der Holden oder Untertanen zur Ker zenerzeugung verwendet wurden. Dem widerspricht aber, daß in den Burgen nur wenige keramische Kerzenleuchter (Bild 15) gefunden werden, außer man hätte ver mehrt metallene benützt; in den Sälen bevorzugte man ja - allerdings schon gegen die Neuzeit zu - riesige, mit vielen Kerzen bestückte Kronleuchter (Lüster). Es fällt auch auf, daß die ältesten Schalen höhere Wände und damit auch einen größeren Fassungsraum hatten - so beträgt die größte gemessene Höhe 4,5 cm (romanisch) und die kleinste nur 1,9 cm (spätgotisch); auch das kann mit der unterschiedlichen Verwendung von Brennstoffen zu tun haben. Mit der Einflammigkeit kam auch die Verwendung der durchbohrten Lippen gegenüber der Dochtdelle auf. Dieser immer erst nachträglich an den Lampenkör per „angeklebte", dreieck- bis trapezförmige oder auch abgerundete, durchlochte Lappen stand anfangs aufrecht wie die Schalenwand, lag aber bei den späteren For men waagrecht und ebengleich mit dem Schalenrand. Das manchmal stark koni sche Loch, das sich immer von innen nach außen bzw. von oben nach unten verengt, variiert an der weiten Öffnung zwischen 11 mm und 3 mm. Der Zweck dieser Vor richtung läßt sich nicht einwandfrei deuten. Das Loch könnte zur Befestigung einer Schnur oder eines dünnen Riemens zum Tragen gedient haben. Oder man hätte damit die Lampe auch an einem in die Mauerwand geschlagenen Stift aufstecken können. Außerdem wurden brennende Öllampen - wie das in einem 1556 erschie nen Buch über das Hüttenwesen von in ein Bergwerk einfahrenden Knappen gezeigt ' A. Neuburger: Die Technik des Altertums, Leipzig 1919, S. 245. ' Der neue Brockhaus, Bd. 5, S. 194.

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