Findelkinder in der Pfarre Ottensheim „Bankmayr Jakob, eingelegtes Kind, geb. am 22. Juli 1815 in Weingarten Nr. 12, Niederottensheim" - so steht in einer Liste der ledigen Kinder, die sich im Ottensheimer I'farrarchiv befindet. Der Begriff „eingelegtes Kind" deutet auf ein Findelkind hin, einen Säugling, der von seiner ledigen Mutter wahrschein lich in größter Not vor einem Haus, in dem sie ihr Kind besser aufgehoben glaubte, abgelegt und von den Hausbe wohnern gefunden wurde. Die Finder kamen mif dem Säugling in den Pfarr hof. Pfarrer war damals, von 1806 bis 1817, P. Theobald Schmidinger. Er hatte häufig in Findelkinderangelegenheiten zu tun, zumal in seine Amtsperiode auch das Jahr 1809 fiel, in welchem französi sche Truppen in Ottensheim waren, die ins obere Mühlviertel hinauf vordringen wollten^ und die auch die Zivilbevölke rung nicht verschonten. Eine der vielen unangenehmen Be gleiterscheinungen dieser Invasion wa ren auch Vergewaltigungen, und in der Folge davon unerwünschte Kinder, die manchmal heimlich zur Welt gebracht und irgendwo abgelegt wurden. Pater Theobald hatte für das unbe kannte Kind einen Namen zu finden und einen Pflegeplatz zu suchen. Ein häufiger Findelkindername ist „Klaubauf" (das Kind wurde aufgeklaubt). In unserem Falle wird der Pfarrer gefragt haben: „Wo habt ihr den Säugling gefunden?" Ant wort: „Auf der Bank vor unserem Haus." „Gut, dann nennen wir es ,Bankmayer'." Konnte der Pfarrer in der Pfarre selbst keine geeigneten Pflegeeltern auftreiben, die das Findelkind gegen geringe Bezah lung von selten der Herrschaft und seit 1849 der Gemeinde bzw. der Kommune aufnehmen wollten, so mußte er es in das „Findelhaus" nach Linz überweisen. Das Linzer Findelhaus war gekop pelt mit der späteren Landesfrauenklinik und befand sich als sogenannte „Gebärund Findelanstalt", einer Josephinischen Stiftung von 1789, im Prunerstift, Fabrik straße. 1833 erfolgte die Übersiedlung in das sogenannte Lazarettgebäude, Lede rergasse 33, und 1863 in den Eckartshof, Lederergasse 47 1869 blieb die Linzer Frauenklinik weiter bestehen, die ange schlossene Findelanstalt wurde aber auf Beschluß des Landtages aufgelöst.^ In fast allen größeren Städten gab es bis ins ausgehende vorige Jahrhundert Findelhäuser, die dann in Waisenhäuser umgewandelt wurden. In einigen Findel häusern konnten die Mütter ihr Kind ab geben, ohne um den Namen gefragt zu werden. In anderen gab es Drehladen. Die Mutter legte das Kind, meist in der Nacht, um nicht gesehen zu werden, in eine Lade, zog dann an der Glocke, dar aufhin wurde die Lade ins Innere des Hauses gedreht und das Kind herausge nommen. In beiden Fällen kam es nicht nur auf die selbstlose Hilfe durch kirch liche oder öffentliche Institutionen an, sondern auch darauf, eine strenge Tren nung von Mutter und Kind zu erzielen J. Mittermayer, Die Pfarrkirche Ottensheim und ihre ehemaligen Nebenkirchen. Ottensheim 1967, S. 26. ' Heribert Fröhlich, Manfred Skopec (Hrsg.), 200 Jahre Landesfrauenklinik Linz. Linz 1990, S. 14 ff.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjQ4MjI2