OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 4

kannt geworden ist, schreibt Arthur Schopenhauer: „Kant hat eine Abhandlung über die lebendigen Kräfte geschrieben: Ich möchte eine Nänie oder Therenodie über dieselben schreiben; weil ihr so überaus häufiger Gebrauch im Klopfen, Ffämmern und Rammeln mir mein Le ben hindurch, zur täglichen Pein gereicht hat: allerdings gibt es Leute, ja recht viele, die hierüber lächeln; weil sie un empfindlich gegen Geräusch sind: es sind jedoch eben die, welche auch un empfindlich gegen Gründe, gegen Ge danken, gegen Dichtung und Kunst werke, kurz gegen Eindrücke geistiger Art sind: denn es liegt an der zähen Be schaffenheit und handfesten Textur ihrer Gehirnmasse. Hingegen finde ich Klagen über die Pein, welche denkenden Men schen der Lerm verursacht, in den Bio graphien oder sonstigen Berichten per sönlicher Aeuf?erungen fast aller großen Schriftsteller .. Er nennt Kant, Goethe, Lichtenberg, Jean Paul und hebt die „verständigste geistreichste aller europäischen Natio nen" hervor, die sogar die Regel „Never Interrupt - Du sollst nicht unterbrechen" das elfte Gebot genannt hat. „Der Lerm aber ist die impertinenteste aller Unter brechungen, da er sogar unsere Gedan ken unterbricht, ja zerbricht. Wo jedoch nichts zu unterbrechen ist, da wird er freilich nicht sonderlich empfunden wer den ... Nunmehr habe ich als den unver antwortlichsten und schändlichsten Lerm das wahrhaft infernale Peitschen knallen, in den hallenden Gassen der Städte zu denuncieren, welches dem Le ben alle Ruhe und Sinnigkeit benimmt." Hier nimmt also der Philosoph eine ak tuelle Tageserscheinung seiner Zeit aufs Korn. Inzwischen hat aber der Lärm, und zwar nicht nur der des Verkehrs, in allen Bereichen und zu allen Zeiten des Tages wie der Nacht ein Ausmaß erreicht, wie es sich weder Schopenhauer noch Koch vorstellen konnten. Er entfaltet sich nicht nur durch den „infernalen" Peitschen knall eines biederen Fuhrmannes in den Gassen, Lärm dringt heute allüberall ein. Der Lärm zerstört die Stille der Stube, die der Kirchenräume, er bedroht die so oft gesuchte Ruhe der Nächte, er behin dert Gespräche und ist Ursache für Un fälle und ersthafte Erkrankungen gewor den. Nahezu wöchentlich wird in Zei tungen von solchen beunruhigenden Vorfällen berichtet, die auf das Zuviel an Lärm zurückgeführt werden müssen. In einer Salzburger Zeitung war von einer Untersuchung in Deutschland zu lesen, wo es heißt: „Junge Leute lieben es laut. Fast jeder Jugendliche besitzt heute einen dieser tragbaren Minis mit Kopf hörer, die die Lieblingsmusik zum stän digen Begleiter machen. Dabei werden jedoch Lautstärken erreicht, die der eines Preßluftbohrers mit mehr als 110 Dezi bel entsprechen. Schwere Hörschäden treten deshalb immer häufiger schon bei Jugendlichen auf. Diskothekenmusik, Rockkonzerte und Straßenlärm tun ein übriges. Jugendliche Musikfans empfin den ihre Musik nicht als Lärm, wenn sie den Verstärker der Stereoanlage voll auf drehen, um den neuesten Hit zu hören. Aber sie riskieren, endgültig schwerhö rig zu werden. Man schätzt, daß über zehn Prozent der Jugendlichen heute be reits Hörschäden haben. Der Schall druck ist in erster Linie maßgebend, wie laut ein Geräusch von unserem Ohr empfunden wird. Der Start eines Düsen flugzeugs in hundert Metern Entfer-

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