OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 4

Zur selben Zeit liegen im Spital ein ISjähriger Wundarzt aus Freistadt, im Dienst bei einem Herrn Mayer zu Linz, und ein gewester Wundarzt, 82jährig, mit Gangraena pedis (Brand am Bein). Von den relativ wenigen zivilen Angehörigen von Heilberufen, die im Laufe der Jahre aufgenommen werden, zählt keiner zu den Badern, nur Wundärzte, Wundarztsubjekte und Balbierergesellen sind zu finden. Alle sind relativ jung und stammen sehr oft aus dem Reich. Nur ganz wenige kom men aus Osterreich. Am 24. September 1809 wird übrigens ein Augustus Ruft, Laworand bei Beethoven,^ aus Bamberg gebürtig, aufgenommen und wegen St. nervosus drei Tage behandelt. Im neuen Protokollbuch werden jetzt vorgedruckte Rubriken ausgefüllt und die Diagnosen sind deutsch. So heißt es jetzt Auszehrung statt Marasmus, Lungen brand statt Phtysis, Blutspeien statt Hämoptoe. Ein wandernder jüdischer Handelsmann stirbt an Gedärmbrand nach einem eingeklemmten Leistenbruch. Andererseits finden wir aber auch die Eintragung einer Leistenbruchoperation. Die Lungenkrankheiten nehmen zu, und ein Franz Rosenauer, Kellner, ist eines von vielen Opfern! Es werden auch andere Operationen vermerkt, so etwa am 29. April 1820 eine Unterschenkelamputation wegen Beinfraßes bei einem 27jährigen Müllergesel len und am 10. November 1820 die Operation eines Unterlippenkrebses an einem Bauernknecht des Stiftes St. Florian. Am 17. August 1820 wurde erstmals eine Staroperation erwähnt, die ein Dr. Lenk durchführte.'' In der Folge tauchen öfter Diagnosen aus dem Bereiche der Augenheilkunde auf, was wohl damit zusammenhängt, daß mit Dr. Lenk ein tüchti ger Augenarzt zur Verfügung stand. Es scheint sich überhaupt in diesem letzten Zeitraum der Medizingeschichte auch im Spital der Barmherzigen Brüder eine gewisse Wandlung der Heilmethoden durchgesetzt zu haben, wie wir aus den letzten Notizen entnehmen können. Im all gemeinen spiegeln die Protokollbücher des Krankenhauses der Barmherzigen Brü der getreulich die Sozial- und auch die Medizingeschichte dieser Zeit mit all ihren Plagen und Leiden wider, und es ist in mehr als einer Hinsicht interessant, in ihnen zu blättern. Literaturverzeichnis Ardelt, R.: Hauschronik der Barmherzigen Brüder. Linzer Regesten E IK. Guggenberger, E.: Oberösterreichische Ärztechronik. 1962. Losch, H., u. a. (Hist. Arbeitsgemeinschaft Graz): Tod in Armut. Zu den Totenbüchern des Barmherzi gen Brüderspitals in Linz von 1757 bis 1850. In: Hist. Jahrbuch der Stadt Linz 1982, Linz 1984, S. 11-73. Pichler, F. A.: Salzburger Landesgeschichte. Salzburg 1865. Pillwein, B.: Geschichte der Stadt Linz 1824. Neudruck Steyr 1966. ' Johann van Beethoven, der Bruder des Komponisten Ludwig van Beethoven, war von 1808 bis 1816 Besitzer der Wasserapotheke am Linzer Hauptplatz. ' Dr. med. Johann Nep. Lenk, Bezirksarzt in Freistadt und Arzt im Siechenhaus, Augenarzt.

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