Der musisch empfindsame und instrumental nicht unbegabte Boltzmann erhielt in seinen Linzer Jahren auch Klavierunterricht erteilt. Einer der Lehrer, Anton Bruckner (1824-1896), 1855 provisorischer und 1856 definitiver Dom- und Stadtpfarrorganist in Linz,®^ stellte die Privatstunden jedoch nach einem ihm im Hause Boltzmann unterlaufenen Fauxpas abrupt ein.®' Im höheren Alter noch gab der kunstverständige Boltzmann im Kreise sei ner Angehörigen oder vor ausgesuchtem Publikum mit besonderer Vorliebe Werke von Haydn, Mozart, Schubert oder Beethoven zum besten, wenngleich ihm die Kurzsichtigkeit das Notenlesen beinahe unmöglich machte.®^ Den Kontakt zu Linz hat Boltzmann nach Ablegung der Matura offenbar nicht abreißen lassen. Davon zeugt auch eine 1893 wohl aus Anlaß des dreißigjähri gen Maturajubiläums aufgenommene Photographie. Sie zeigt Boltzmann im Kreis von zwölf weiteren Absolventen seines Maturajahrganges.®^ Eindeutig identifizier bar sind darauf neben Boltzmann der oberösterreichische Mundartdichter Norbert Hanrieder (1842-1913),®® der Rieder Stadtpfarrer Josef Trinkfaß (1843-1917), der Mattighofener Propst Ernst Lanninger (* 1842), Prälat Konrad (Karl) Meindl (18441915), Regul. Chorherr in Reichersberg sowie Zisterzienserabt Gerhard Qohann) Haslroither (1842-1917) aus Schlierbach.®' Zu den Jahren Bruckners in Linz (1855-1868) z. B.: Hansen, Mathias: Anton Bruckner (Leipzig 1987) 82-165. Der Klavierunterricht, der dem jungen Ludwig Boltzmann zuteil wurde, fand sein Ende, als Bruckner bei einem dieser Hausbesuche sich gedankenlos seiner regenfeuchten Pelerine entledigte und damit die Empfindlichkeit der Hausfrau weckte. Der Meister zog sich in der Folge schmollend zurück: Rausch: Ludwig Boltzmann in Linz (wie Anm. 43). NÖB 2 (wie Anm. 7) 136. Dem Maturajahrgang 1863 gehörten an: Ludwig Binder (*1842), Ludwig Boltzmann (*1844), Johann Brandstätter (*1843), Johann Busch (*1842), Leo Eisner (*1846), Johann Feichtinger (*1843), Anton Gattereder (* 1842), August Ritter von Grimburg (* 1844), Norbert Hanrieder (* 1842), Johann Hasl roither (*1842), August Iglseder (*1843), Alfons Jungbauer (*1844), Adolf Jungwirth (*1845), Karl Knauer (*1844), Anton Kutill (*1842), Ernst Lanninger (*1842), Peter Lucht (*1843), Michael Mayr (*1839), Karl Meindl (*1844), Georg Moser (*1841), Ludwig Reisser (*1844), Florian Riehs (*1842), Oswald Staininger (*1845), Julius Stauber (*1845), Johann Trinkfaß (*1843), Rudolf Zöhrer (*1841), Johann Friedl (*1842). Hanrieder hatte, im Unterschied zu Boltzmann, zeitweise schulische Probleme, die sowohl disziplinärer als auch leistungsmäßiger Natur waren. Auf seine Gymnasialzeit bezog sich jüngst - allerdings unter völliger Weglassung von Quellen- bzw. Literaturverweisen - Höfler, Franz: Norbert Hanrieder (1842-1913). Mundartdichter und Seelsorger, in: Oberösterreicher 8 (Linz 1994) 22-37, hier beson ders 24-25. Einige Passagen aus Hanrieders fragmentarisch erhaltenen Tagebuchaufzeichnungen (20. 1. bis 28. III. 1859, 25 Seiten) aus seiner Linzer Gymnasialzeit bei: Norbert Hanrieder, Biographie und Dichtungen in der Hochsprache. Ausgewählt von Dr. Alois Sonnleitner, hgg. von der Hanriedergemeinde (Linz 1989) 23-32; Hanrieders Beobachtungen zu Selbsterlebtem in Unterricht und Freizeit geben Einblick in den Strudel eines ausgelassenen Studentenlebens, in dem Tarockspiel, Alkoholund Zigarrengenuß, Tanz, Gesang und die Pflege alter Studentenbräuche hochgehalten wurden. " SW-Repro im Adalbert-Stifter-Institut, Linz: Porträtsammlung, Linz (Orig.: Sammlung Alois Sonn leitner, Rohrbach).
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