OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 4

Kandidat für ein mathematisch-naturwissenschaftliches Fach scheint jedoch erst im darauffolgenden Maturajahrgang auf.^' Im Herbst 1863 nahm Boltzmann an der Universität Wien sein Physik- und Mathematikstudium auf, promovierte 1866, legte aus beiden Fächern 1867 auch die Lehramtsprüfung für Mittelschulen mit vorzüglichem Erfolg ab und habilitierte sich noch im selben Jahr.^® Die Lehrkräfte des jungen Boltzmann beeinflußten sicherlich nachhaltig sei nen zukünftigen Lebensweg.®' Ludwig Boltzmann hatte sich schon im Gymnasium mit besonderer Vorliebe mathematischen Studien zugewandt.'® Die Anregung zum späteren Studium der Physik und Mathematik erhielt er wohl, was naheliegt, von seinem langjährigen Physik- und Mathematikprofessor Dr. phil. Josef Kudelka (1814-1887).'^ Vor seiner Lehrtätigkeit am Linzer Gymnasium (1850-1879) hatte der aus Paskau/Paskow (Mähren) gebürtige Kudelka am Linzer Lyzeum unterrichtet (1844-1849). Er trat vor allem durch wissenschaftspublizistische Tätigkeit, auch auf pädagogischem Gebiet," hervor. Kudelka stellte immerhin schon 1858 fest, daß „die beiden obersten Klassen für die Physik wenige Talente aufweisen]; dagegen scheint der Nachwuchs der untern Schüler dergleichen zu versprechen; wenigstens zeigt sich da reger Eifer, viele Aufmerksamkeit, gehöriger Fleiß".'® Auf den Mathematiklehrer Gottfried Jax,'^ Ordensmann des Zisterzienserstiftes Wilhering und einer bis in das ausgehende 16. Jahrhundert im Mühlviertel nachzuweisenden oberösterreichischen Familie ent stammend, stößt man während der ersten beiden Jahrgänge, auf Dr. med. Dominik Gottfried Golumbus (1807-1882) als langjährigen Lehrer Boltzmanns für NaturgeBoden des heutigen Österreich für reif erklärten Studenten des Maturajahrganges 1855: 49 % Rechts wissenschaftliche Fakultät, 27,1 °/o Theolog. F., 11,6 % Medizin. F., 7,5 % Philosoph. F., 4,8 % nichtaka demische Berufswahl: Engelbrecht: Österr. Bildungswesen 4 (wie Anm. 34) 169. Ebd., 168-170, allg. Aufschlußreiches zur Berufswahl von „Mittelschülern" im 19. Jh. ' 14. Jahresbericht des Gymnasiums zum Schuljahr 1863/64 (Linz 1864). Die frühen Jahresberichte des Gymnasiums sind in ihren Inhalten nicht immer zuverlässig und enthalten punktuelle Ungenauigkeiten. Unterschiedlich stark ausgeprägte redaktionelle Sorgfalt und wechselnde Verantwortliche dürf ten die Fehlerquellen mitverursacht haben. ' Boltzmann absolvierte das Probejahr am Akademischen Gymnasium in Wien, genügte im prakti schen Unterricht den Ansprüchen als Gymnasiallehrer aber nicht, weil er sich bei der ihm 1867/68 an vertrauten Klasse infolge seiner bereits starken Kurzsichtigkeit keine Autorität verschaffen konnte: Stiller: Ludwig Boltzmann (wie Anm. 5) 12; BJDN 11 (wie Anm. 7) 96-97; NÖB 2 (wie Anm. 7) 130. Dies steht nun freilich im Widerspruch zu den später herausragenden didaktischen Fähigkeiten Boltzmanns als Universitätslehrer. ' Vgl. dazu die Aufzählung seines Lehrkörpers in den Jahren 1855-1863 in: Stenitzer, Peter: „Klassen primus Boltzmann" - Die Gymnasialzeit des Physikers Ludwig Boltzmann in Linz (1855-1863), in: Akademisches Gymnasium Linz, 141. Jahresbericht 1993/94, 11 f. ' Ludwig Boltzmann. Ausstellungskatalog (wie Anm. 10) 11. ■ Zu ihm: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815-1950, Bd. 4 (Wien - Köln - Graz 1969) 318. '■ Kudelka, Josef: Einige Worte über Erziehung, in: Gaisberger: Akademisches Gymnasium (wie Anm. 35) 21-32. ' AAG: Protokoll der Schlußkonferenz vom 11. 2. 1858. ' Gaisberger: Akademisches Gymnasium (wie Anm. 35) 96-97.

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