OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 4

Ausbildung beider Söhne zugute, zumal deren Bildungsweg aufwendig verlief: Weniger, weil keinerlei Befreiung vom Schulgeld beansprucht werden konnte,^' son dern weil beide zeitweise durch Privatlehrer unterrichtet werden mußten. Doch schon allein das Schulgeld für beide Kinder belastete Vater Boltzmann mit rund fünf Prozent seiner jährlichen Bezüge. Nach seinem Tod sorgte die Witwe unter Aufbietung aller ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für eine Weiterführung der fachlichen und musischen Ausbildung ihrer Söhne, vor allem Ludwigs. Diese Anstrengungen kosteten sie ver mutlich den Großteil ihres in die Ehe eingebrachten Vermögens."^ Vor Betrachtung der im Archiv des Gymnasiums aufbewahrten Leistungsbeurteilungen"^ ist ein Blick auf das zu Boltzmanns Schulzeit im Akademischen Gym nasium gehandhabte, durchaus flexible Klassifikationsschema, zu werfen. Die Notenskala sah ab 1851 in den Leistungsfächern die Zensuren „vorzüglich", „sehr gut", „gut", „genügend", „kaum genügend", „ungenügend" und „entschieden ungenü gend" vor. Die sogenannten Fleißnoten gaben mit „ausgezeichnet", „ununterbrochen (beharrlich) rege", „lässig" und „gering" über die Sorgfalt der Schüler Auskunft (ab 1854: „ausgezeichnet", „beharrlich", „ununterbrochen rege", „lässig", „gering"). Den Aufmerksamkeitsgrad glaubte man vorerst mit „sehr groß", „anhaltend", „unstet" und „wenig", d. h. teilnahmslos bis zerstreut (ab 1854: „immer wach und rege", „sehr gespannt", „wach und rege", „gespannt", „anhaltend"), messen zu können, das sittli che Verhalten schließlich mit „vorzüglich", „sehr gut", „gut" und „minder gut" (ab 1854: „musterhaft", „sehr lobenswert", „lobenswert", ab 1860: 5 Stufen).''® In den flöchstbewertungen lehnte sich der Lehrkörper des Akademischen Gymnasiums zeitweise an die „Bayerische Klassifikation" an, die zwei Grade einer sehr guten (Bestbeurteilung bzw. 1. Stufe: „ausgezeichnet", 2. Stufe: „vorzüglich") und guten Beurteilung („gut", „hinlänglich gut") kannte.''^ Das an österreichischen Gymnasien 1784 eingeführte, in seiner Höhe nicht unbeträchtliche jährliche Schulgeld (dazu: Strakosch-Graßmann, Gustav: Geschichte des österreichischen Unterrichtswesens [Wien 1905] 118; Engelbrecht: Österr. Bildungswesen 4 [wie Anm. 34] 62-63, 374), betrug z. B. 1854 am Linzer Gymnasium 23 fl. Neueintritte hatten ferner 160 fl Aufnahmetaxe zu entrichten: Jahresbe richt des Gymnasiums 1854 (Schuljahr 1853/54). Schulgeldbefreiungen (oder -ermäßigungen) wur den bei disziplinären Verstößen der Schüler jedoch rasch aufgehoben: AAG: Schlußkonferenz für die 8. Klasse vom 12. 2.1863. Ludwig Boltzmann. Ausstellungskatalog (wie Anm. 10) 1. " Hiezu wurden die Kataloge der 1. bis 8. Klasse der Schuljahre 1855/56-1862/63 (enthalten im Haupt katalog 1855-1863) herangezogen, ferner die Konferenzprotokolle für den Zeitraum 1854-1863 so wie die Jahresberichte des Gymnasiums (1854-1863). Engelbrecht: Österr. Bildungswesen 4 (wie Anm. 34) 168, moniert mit Recht, daß eine systematische Auswertung von Klassenkatalogen der Mit telschulen - mit Ausnahme des Gymnasiums Krems/NÖ. für den Zeitraum 1861-1891 - bislang un terblieben ist. Uber Stichproben hinausgehende Untersuchungen wären wohl von einiger Aussage kraft zur sozialen Herkunft bzw. Schichtung der Schülerschaft. AAG: Konferenzprotokolle: 27.1. 1851, 21. 2.1854.1908 erfolgte eine Beschränkung der Notenskala auf vier Stufen (sehr gut, gut, genügend, nicht genügend): Engelbrecht: Österr. Bildungswesen 4 (wie Anm. 34) 187. AAG: Konferenzprotokolle: Sitzungsprotokolle vom 27. 1. 1851 und 21. 2. 1854.

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