Und er wäre zuliefst erschüttert ge wesen, wenn er nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, nach der vorherge henden Annexion der Tschechoslowakei durch Nazi-Deutschland, die brutale Vertreibung der Böhmerwäldler von Haus und Hof miterleben hätte müssen. Er wäre vor dem Trümmerhaufen seiner Ideale gestanden und er hätte vor dieser schrecklichen Untat die Hände vors Gesicht geschlagen und versucht, sie als Alptraum abzutun. Aber für ihn hätte sich - wie für uns auch - das Wort eines anderen großen Österreichers, Franz Grillparzer, in be klemmender Weise bewahrheitet: „Der Bildungsweg der Menschen geht von der Humanität durch die Nationalität zur Bestialität." Einen solchen, schier unglaublichen Weg mußten nach dem Kriegsende in Europa auch die in Böhmen seit Jahr hunderten angesiedelten Böhmerwäldler erleiden. Sie haben aber nicht, wie das an dernorts, zum Beispiel in Palästina, ge schah, zum Mittel blutiger Vergeltung, zum Terror gegriffen. Sie, die alles verloren haben, schufen sich in ihrer neuen Heimat, in Österreich und in Deutschland, buchstäblich aus dem Nichts, allein durch ihrer Hände Fleiß eine neue und dauernde Bleibe. Das darf aber nicht heißen, daß da mit für alle Zeiten ein einseitiger politi scher Schlußstrich unter die menschen feindlichen Geschehnisse gezogen wer den muß. Niemand darf seine Herkunft verschweigen und das Unrecht verges sen! Dabei geht es nicht um Vergeltung, nicht um Aufrechnung der schuldlosen Opfer auf beiden Seiten - es geht um das Aussprechen und Anerkennen der historischen Wahrheit: So ist es gesche hen! Und so darf es nie wieder kommen! Leider hat sich am Ende dieses unru higen Jahrhunderts, nach einer längeren Friedensperiode, im Südosten Europas das Wort Grillparzers „von der Nationa lität zur Bestialität" auf das Schlimmste bewahrheitet. Und es handelt sich nicht, wie die Aggressoren und ihre kritiklosen und feigen Nachbeter es ausdrücken, um „ethnische Säuberungen", sondern um blanken Völkermord. Lassen Sie mich vor dem Stifter denkmal in der Friedensstadt Linz das sagen, was in dieser Zeit zu den grausa men und grausigen Geschehnissen in Bosnien-Herzegowina gesagt werden muß. Lassen Sie es mich auf meine Art sagen, in einer verfremdeten Form, denn die Realität ist zu furchtbar, um sie in Worte zu kleiden. Die Bosnier Wenn die Bosnier Delphine wären, würden die Tierschützer alles unternehmen, um sie vor Dezimierung zu schützen. Wenn die Bosnier Seeschildkröten wären, würden die Arterhalter energisch für den Schutz ihrer Brutplätze eintreten. Wenn die Bosnier Wale wären, die zu stranden drohen, liefe eine millionenschwere Welle der Hilfsbereitschaft an.
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