OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

einer mii: dem anderen sprechen konnte. Auch Oberhaid wurde bis Summerau besetzt. Von da an begann eine strenge Absperrung der beiden Länder. Sie standen sich wie Feinde gegenüber. Desgleichen war der Fall an den Grenzen Niederöster reichs. Auch die ungarischen Orte, wie Pressburg und andere, wurden von den Slo waken besetzt und alle Gegenden, in welchen man tschechisch oder slowakisch, wenn auch nur wenig, sprach, wurden besetzt und als zu Böhmen" gehörig erklärt. So legten die Herren Tschechen den Paragraphen von der Selbstbestimmung der Völker aus. Damit kommen 3 Millionen Deutsche in die Knechtschaft der Tsche chen. Die Grenze gegen Böhmen zu war nun auch für die Eisenbahnzüge gesperrt und in Summerau mußten alle Reisenden nach Tschechien aussteigen und einen böhmischen Zug besteigen, da die letzte Station in Oberösterreich Summerau ist. Freistadt wurde nun zur Zollstation und hier die nach Böhmen oder von dort herrei senden Passagiere aufs genaueste untersucht nach Lebensmitteln oder anderen Waren, die sie etwa nach Böhmen schwärzen wollten. Daher mußten die Reisenden hier in Freistadt oft über eine Stunde lang Aufenthalt machen, bis die zollrechtliche Untersuchung zu Ende war. Weihnachten 1918 Da die Weihnachtsferien in diesem Jahr am 18. Dezember begannen, wurde das Weihnachtsspiel schon am 14. Dezember gespielt. ,Armugan oder der stand hafte Prinz', ein Stück, das sich sowohl durch seinen edlen Inhalt wie auch durch seine glänzenden Szenarien auszeichnet. Wie immer erfaßten die Kinder ihre Rolle sehr gut; einige spielten vortrefflich. Auch der Besuch war sehr gut. Das reine Erträgnis floß der Armensuppenanstalt zu. Am 22. Dezember fand wieder die übliche Weihnachtsbescherung von Seiten des Landsturms" statt. Die 70 Kinder wurden ähnlich wie im Vorjahr wieder betei ligt, aber leider nur mit Eßwaren, denn an Verteilung von Kleidungsstücken etc. konnte man noch nicht denken, da ja nichts zu haben ist oder nur zu höchsten Prei sen. Die Feier fand wie immer im Lokal des Landsturms in der ,Höll'" statt. Der offi zielle Teil bestand wieder aus Liedern und Gedichten, die der feinsinnige Herr Burghuber schön ausgewählt und eingeübt hatte und die allgemein Anklang fanden. Dann erfüllten die Kinder den Saal des 1. Stockes, jedes Kind bekam eine Knack wurst und zwei Stück Brot und einen guten heißen Tee. Im Zimmer unten wurde Hier sollte es wohl heißen „zur Tschechoslowakei gehörig". Der „Landsturm" war eine lose Vereinigung Freistädter Bürger. Trotz des Namens wurden ausschließ lich friedliche Zwecke verfolgt. Gegründet im Jahre 1885 von Kooperator Gusner, Baumeister Kriß und Steuerkontrollor Stein im Gasthaus „Zum Wilden Mann" in der Hölle. Jedes Mitglied, das am Stammtisch (an Montagen) ein Krügel Bier trank, mußte einen Kreuzer in die Kasse legen. Mit die sem Geld wurden alljährlich arme Schüler zu Weihnachten beschenkt. Als Initiator dieser sogenann ten „Christbaumfeiern" gilt der Freistädter Wachszieher Anton Hofbauer. " Stadtteil von Freistadt in der Nähe des Linzer Tores. Als „Hölle" wurde meist der am tiefsten gelegene Teil der Stadt bezeichnet.

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