gegen Freistadt zugegangen, merkte er schon die Feuersäule aufsteigen. Der Müllerbursch war auf den Abort gegangen und hatte die Kanne mit dem Schmieröl wäh rend der Zeit auf den geheizten Dauerbrandofen gestellt, nicht daran denkend, wie gefahrvoll dies sei. Zum Glück war es ganz windstill, sodaß es beim Brande dieser einen Baracke blieb. Es wurde dadurch ein Schaden von 260.000 Kronen verursacht. Nun stand das Lager und unser Haus einige Tage ohne Licht da. Bis auf weiteres mußte man sich wieder an Petroleumbeleuchtung gewöhnen. Die Spanische Grippe In den Monaten September, Oktober und November durchzog die ganze Welt eine schleichende, ansteckende Krankheit, die von Spanien aus ihren Ausgang nahm und daher spanische Grippe genannt wurde. Im übrigen waren die Krank heitserscheinungen ähnlich jenem der Influenza, nur daß sie bösartiger auftrat und in vielen Fällen mit dem Tode endete. Insbesondere hatte es die tückische Krankheit auf die Jugend abgesehen und hier wählte sie sich wieder die stärksten Jünglinge und Jungfrauen. Meist erlagen jene der Krankheit, bei denen sich infolge der Grippe die Lungenentzündung dazugesellt hatte. Auch in Freistadt holte sich die Krankheit ihre Opfer. So starben an Grippe zwei in den schönsten Jahren stehende, kräftige junge Männer, die den Strapazen des Krieges getrotzt hatten: der älteste Sohn des Kaufmannes Leitl und der Sohn des Weißgerbers Böck, beide an Lungenentzün dung. Auch der in der Blüte des Alters stehende Herr Volleritsel, ebenfalls Kauf mann, wurde ein Opfer der Krankheit. Ganze Familien lagen wochenlang in den Betten und in mancher Familie raffte die Krankheit 4-6 Personen weg. Da die Krank heit so unscheinbar anfängt mit Husten, Müdigkeit und Fieber, wurde sie von vielen Leuten nicht beachtet, es gesellte sich danach durch Verkühlung Lungenentzündung dazu, welche gewöhnlich mit dem Tode endete ... Die tschechischen Legionäre Der 3. Dezember brachte große Aufregung auch für die Freistädter. Hieß es doch, die Tschechen seien in Anmarsch gegen Freistadt. Nach dem Zusammenbruch im November hatten die Tschechen nichts eiligeres zu tun, als Wilsons Punkte von der ,Selbstbestimmung der Völker' so auszulegen, daß sie sich alle deutschen Gegenden in Süd- und Nordböhmen zu eigen machen. Wo Widerstand geleistet wurde, zogen die böhmischen Legionen mit Artillerie in die Nähe und beschossen die Widerspenstigen so lange, bis sie sich ergaben. Auf diese Weise eigneten sie sich bald alle deutschen Grenzprovinzen an, besetzten sie mit böhmischem Militär, setz ten die deutschen Behörden ab: Bürgermeister, Gerichts- und Finanzbeamte und ersetzten sie durch tschechische Beamte. Anfangs Dezember kamen sie auch in den deutschen Bezirk Kaplitz. Da sich die Volkswehr von Kaplitz dem Anmärsche der böhmischen Legionäre widersetzte, feuerten diese einige Kanonenschüsse auf die Kirche ab, wodurch diese und die Schule nicht unerheblich beschädigt wurden. Die Deutschen, die nicht so bewaffnet waren, mußten sich leider ergeben und was an
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