OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

überwachen ..Im ersten Jahr des Bestehens besuchten 75 Knaben die Schuled Von 1901 bis 1908 wurde das neue Haus etappenweise an Stelle des alten Piaristenhauses errichtet. Das Marianum war ein bedeutender Wirtschaftsbetrieb, der eine enorme Bereicherung des Freistädter Wirtschafts- und Gesellschaftslebens darstellte. Neben dem Schulbetrieb wurde eine Gärtnerei und ein landwirtschaftliches Anwesen betrieben. Blättern wir nun in der Vergangenheit der Stadt Freistadt, des Marianums, und lassen wir uns in Ausschnitten ein dunkles Kapitel der Geschichte von einem Zeitzeugen erzählen - die Ereignisse aus dem Jahr 1918. Aus der Chronik des Marianums „Kohlen- und Lebensmittelmangel im Marianum Bereits ist eine Woche vom neuen Jahr (1918) vorüber und am 16. Jänner sol len die Zöglinge wieder kommen und noch immer sind keine Kohlen da, trotzdem der Direktor des Hauses keine Mühe unterläßt, um zu Heizmaterial zu kommen. Sechs Gesuche gingen ans Ministerium für öffentliche Arbeit ab, um einige Wag gons Kohlen zu erhalten. Von einem Monat auf den anderen wurde man vertröstet. Beim letzten Gesuch hieß es, daß die Landeskohlenstelle in Linz beauftragt sei, den Bedarf der Anstalt zu decken. Sofort wurde ein Gesuch nach Linz gemacht, da hieß es wieder, die Gemeinde sei beauftragt, die Kohlenverteilung vorzunehmen. Die Gemeindevertretung'* sagte wieder, sie habe selber zu wenig Kohlen und könnte nichts verteilen. Sie trat das Gesuch um Kohlen wieder an die Bezirkshauptmann schaft ab und es wäre nicht ausgeschlossen, daß es wieder bis nach Wien spazieren geht, um doch nicht erhört zu werden. Unter solchen Umständen bleibt nichts übrig als den Zöglingen die Nach richt zukommen zu lassen, daß die Ferien wegen Kohlenmangels bis auf weiteres verlängert werden. Vom Beginn des Unterrichts werden sie rechtzeitig verständigt. Beim herrschenden Kohlenmangel ist die starke Kälte doppelt empfindlich. Auch mit Schnee sind wir heuer gesegnet, nur nicht mit Nahrungsmitteln, obwohl es in diesem Jahre vorderhand doch leichter ankommt, die Kinder zu verpflegen, da wenigstens an Kartoffeln kein Mangel ist. Durch vieles Bitten und viele Gesuche ist es dem Direktor gelungen, sich einen Teil der Kartoffeln aus Lest und Greisinghof zu sichern, sodaß in Greisinghof nur 5000 kg an Kartoffeln an die Kartoffelkommission abzugeben sind und in Lest der Überschuß ans Ministerium abgeliefert werden kann. Ungemein groß ist heuer der Mangel an Fett. Die Schweine müssen leider zu einer Zeit abgestochen werden, wo sie am meisten Fett ansetzen würden, daher ist das Fett in der Küche immer zu wenig. Für die Ernährungsfrage kommen die langen ^ Schulchronik des Marianums Freistadt, I. Band, S. 3. " Jahrelang war das Verhältnis zwischen Stadtgemeinde Freistadt und Marianum angespannt. Ein Grund unter vielen war die Gesinnung des Bürgermeisters Theodor Scharitzer, der der deutschnatio nalen Partei angehörte (1869-1939, Bürgermeister in der Zeit von 1909-1919).

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