OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

Der Gast nahm sich Zeit, betrachtete die Arbeiten der Schüler genau und mit „Kennerblick" und verweilte lange bei der mehr als hundert Objekte umfassenden Ausstellung Ennser Gewerbeprodukte, wobei es der Riemermeister Karl Huber zu unsterblichem Ruhm brachte: Ein mit Pfauenfedern ausgenähter Bauchgürtel gefiel dem Prinzen so sehr, dal3 er einen solchen für sich bestellte. Darüber hinaus zeigte er sich generell beeindruckt, lobte sehr und munterte auf. Noch mehr aber begeisterte ihn offensichtlich die im selben Gebäudekom plex untergebrachte Kleinkinderbewahranstalt, deren Statuten er sich mitgeben ließ. Anschließend begab sich der Troß zum Quartier, wo die uniformierten Schützen Parade standen. Erst hier machten das Militär und die Spitzen des Magistrats ihre Aufwar tung. Die Schützenmusik brachte vor dem Gasthaus ein Abendständchen dar. Nächsten Tag erfolgte bei der frühen Abreise um 7 Uhr dasselbe Zeremoniell, und die Ennser hatten Gesprächsstoff für mehrere Wochen. Erherzog Johann aber begab sich nach Kleinmünchen, um die dortigen Fabriken zu besichtigen und am Abend an einem Festessen teilzunehmen, zu dem auch an die zwanzig Ennser Vereinsmitglieder geladen waren. Am Tag darauf bestieg er in Linz das Dampfschiff und begab sich donauabwärts, am Ufer begleitet von einer jubelnden Menge, besonders in Enns und Mauthausen. So kurz der Besuch auch gewesen ist, so nachhaltig sollte er in Hinkunft im Streit mit dem über geordneten Mandatariat in Steyr als Argument eingesetzt werden. Auch bei Hofe scheint sich die Zufriedenheit des Erzherzogs mit der Ennser Anstalt herumgesprochen zu haben, denn bereits am 25. September besuchte die Kaiserinmutter, Carolina Augusta, Erzherzog Johanns Schwägerin, die Bildungs lehranstalt in Enns.^' Im nächsten Mai reiste der Erzherzog - er hatte inzwischen ein besseres Por trät von sich schicken lassen®® - nach St. Florian und nahm in Enns wieder nur den Pferdewechsel vor.®' Ähnlich verhielt es sich ein Jahr später.^® Damals war der erste Elan der Vereinsgründer bereits verpufft, und die Sitzungsprotokolle wurden immer dürftiger. Im Juni 1846 weiß das Protokoll nur mehr zu berichten, daß am 23. Mai die Kaiserin Sophie auf dem gleichnamigen Dampfer nach Linz gefahren ist, um dort die russische Zarin zu begrüßen, und daß sie zwei Tage später wieder zurückkehrte, dabei aber Enns nicht berührte. Die Ovationen wurden vom Donauufer aus darge bracht.'^ Mit August dieses Jahres wurde die Protokollführung überhaupt einge stellt. Was war passiert? Ebenda, Protokoll vom 2. Juni 1844. ™ Ebenda, Protokoll vom 7. Mai 1845. " Ebenda, Protokoll vom 3. Juni 1846.

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