OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

tution direkt davon ab, wie oft sich ein Mitglied des Kaiserhauses zu einer Visite her abließ, und vor allem, wie einflußreich die Stellung des jeweilig hohen Gastes war. Wir haben schon gesehen, daß Erzherzog Johann, der Direktor des Gewerbevereins, bereits im ersten Bestandsjahr zweimal in Enns kurz haltgemacht hatte, doch waren die Ennser dabei in der zweiten Reihe gestanden und mit Ausnahme einer schriftli chen Huldigungsadresse hatte man nichts erreicht. Nun wurde bei der bereits angesprochenen Geburtstagsfeier für den Erzher zog im Jänner 1843, bei der man von der genehmigten Anstellung eines Kustos für Enns erfahren hatte, bekannt, daß seine Hoheit die Absicht hatte, im Frühjahr die Mandatariate in Osterreich ob der Enns zu besuchen, wobei er auch Enns die Ehre zu geben beabsichtigte.^^ Näheres erfuhr man erst Ende April. Die Ankunft Erzherzog Johanns wurde für den 10. oder 11. Mai erwartet. Die Gewerbetreibenden von Enns sollten veranlaßt werden, bis dahin eine Ausstellung mit ihren Erzeugnissen vorzu bereiten. Eine Denkschrift wollte man diesmal nicht überreichen. Sicherheitshalber eilten am 11. Mai zwei Mitglieder des Ennser Vereins nach Steyr, um den hohen Gast noch einmal einzuladen. Er war an diesem Tag von Wels gekommen und hatte am Nachmittag verschiedene Eisenwerkstätten in Steyr besucht. Der Tip zu dieser Vorgangsweise war von Karl Schmutz aus Linz gekom men," und er trug reiche Früchte, denn Erzherzog Johann sprach sogar den Wunsch aus, in Enns zu übernachten. Drei Zimmer im Gasthof „Zur Goldenen Krone" stan den schon bereit. Schmutz hatte weiter empfohlen, eine gute Rindsuppe ohne Kräu ter und Wurzelwerk vorzubereiten sowie zwei weitere Speisen, die ungewürzt sein sollten. Zuletzt ermunterte er Gruber noch: Machen Sie Ihre Sache gut, fest und nicht schwankend, ehrlich, ohne Hinterhalt! Die deutliche Brüskierung des Steyrer Mandatariats - schließlich war man sich dort sicher, daß der hohe Gast zu Steyr übernachten würde - war offensichtlich von Schmutz schon länger eingefädelt gewesen. Wie stark die Verstimmung darüber in Steyr gewesen ist, zeigte sich schon daran, daß Josef Koller bereits zwei Tage spä ter in ziemlich schroffer Weise fünf entlehnte Bücher zurückforderte.^'^ Der Erzherzog traf tatsächlich in Begleitung des Regierungspräsidenten Skrbensky und zweier Vereinsmitglieder aus Linz beim Steyrer Tor ein und wurde dort vom Fürsten Auersperg, Stadtpfarrer Ritter von Peßler, Ignaz Gruber und meh reren Vereinsmitgliedern empfangen.'^' Eigenartigerweise fehlte Bürgermeister Caspar Falk! Man begab sich zu Fuß in die Bildungslehranstalt, wo der Kustos mit seinen Schülern bereitstand. Zufälligerweise hatte noch im Jänner Postmeister Hild ein Porträt des Erzherzogs gestiftet, das nun in Goldrahmen an der Wand prangte.'^® " AStE, Akten, Industrie- und Gewerbeverein, Protokoll vom 26. Jänner 1843. " Ebenda, Korrespondenz: Brief an Ignaz Gruber vom 10. Mai 1843. Ebenda, Brief an Ignaz Gruber vom 13. Mai. Ebenda, Bildungslehranstalt: Bericht des Protokollführers Andreas Wirl vom 14. Mai. Vgl. dazu auch Herbert Kneifel, Erste Ausstellung des Industrie- und Gewerbevereines Enns im Jahre 1843. In: Mein Enns (wie Anm. 25), S. 275 f. Ebenda, Korrespondenz: Brief des Postmeisters an den Verein vom 26. Jänner 1843.

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