OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

Es folgte ihm mit Anton Selber ein seit November 1845 in Enns wohnhafter invalider Artilleriekorporal, der bis zum vermutlichen Ende der Bildungsanstalt im Dezember 1847 die Kustosstelle innehatte."^ Der Verein war mit ihm offensichtlich zufrieden. Betrachtet man jedoch den von ihm selbst bei seinem Eintritt entworfenen Stundenplan, so entstehen doch erhebliche Zweifel an der Effektivität dieser Schule, obwohl die Schüler mit Ausnahme des Mittwochs täglich anwesend sein mul3ten. Nur am Donnerstag ließ sich der Lehrer herbei, am Vormittag Zeichenunterricht, und am Nachmittag das Schreiben von Aufsätzen zu vermitteln; letzteres auch am Dienstagnachmittag. Die übrigen Tage verbrachten die Schüler mit Selhstübung im Zeichnen.*^ Die erste „Schulordnung" aus der Zeit des Zimmermeisters Azenhofer zeigt gar, daß ursprünglich sogar nur an Sonn- und Feiertagen Schule gehalten wor den war, wobei der Besuch des Gottesdienstes wichtiger erschien als der Unter richt."' Unter diesen Umständen verwundert es nicht, daß die Ennser Schule niveau mäßig weit hinter jenen von Linz und Steyr rangierte. Andererseits gab es durchaus auch Erfolge zu verzeichnen, z.B. die Eröff nung des ersten Strombades an der Enns im Sommer des Jahres 1843."" Dr. Gugger hatte in der Sitzung vom 4. Dezember 1842 noch sehr auf dessen Errichtung gedrängt, und nun war sie dank der Initiative des Maurermeisters Franz Plochberger Wirklichkeit geworden. Als sein Sohn die Stelle des Kustos aufgeben mußte, trat Vater Plochberger allerdings aus dem Verein aus. Die Eröffnung eines Steinbruchs am Tabor und die Ansiedlung eines Stein metzmeisters wurde zwar nicht sofort in die Tat umgesetzt, ist aber doch gelungen. Von den Ennsern wollte sich mit Ausnahme des Kaffeehausbesitzers Joseph Sterzel niemand um die Sache annehmen."' Er bekam jedoch den Zuschlag nicht. Vielmehr hatte der Aufruf zur Ansiedlung von Steinmetzen doch Früchte getragen: Johann Rockenschaub war zugezogen und hat 1845 vier große Blöcke aus dem alten Fluß bett der Enns gebrochen, die als Baumaterial für die Grillmayrische Fabrik in Klein münchen Verwendung fanden."^ Sie waren von sehr guter Qualität."' Manches gelang jedoch auch nicht, und einige Anregungen blieben im Emp fehlungsstadium stecken, wie z. B. der Bau von Gemeinschaftsdarren für die Flachs verarbeitung am Land,"' die Errichtung einer Gärtnerei"' oder der kuriose Vorschlag, das Sammeln von Pflanzen und Kräutern als Industriezweig einzuführen, um den Armen eine Erwerbsmöglichkeit zu verschaffen." Das Vereinsmitglied Joseph Eber- " Vgl. die bis dahin reichenden monatlichen Schülerbogen, seine Bewerbung und das Zeugnis des Stadtpfarrers, Ritter von Peßler im AStE, Akten, Industrie- und Gewerbeverein, Bildungslehranstalt. Stundeneinteilung von Anton Selber ebenda. Ebenda, vgl. den Text im Anhang. Ebenda, Protokoll vom 2. August 1843. Ebenda, Protokoll vom 4. Dezember 1842. Lackner/Stadler, Fabriken (wie Anm. 14), S. 137f. " AStE, Akten, Industrie- und Gewerbeverein, Protokoll vom 8. Oktober 1845. Ebenda, Protokoll vom 4. Dezember 1842. Ebenda, Protokoll vom 2. August 1843. Ebenda.

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