OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

lesen war, nur überschwengliches Lob für den Reisenden und die aufdringliche Bitte, doch bei der Rückreise länger im Lande zu verweilend" Die Exklusivität dieser Begegnung wurde allerdings durch den Umstand, daß Vereinsvorstand Josef von Koller aus Steyr seine Aufwartung machte und Vereinsmitglieder aus Mauthausen, St. Florian und Sierning anwesend waren, ein wenig getrübt. Es wäre einfach zu schön gewesen, wenn der hohe Direktor schon nach wenigen Monaten genauere Kenntnis vom Lokalverein erhalten hätte. Abgesehen davon waren nur Erfolge zu verzeichnen. Die Mitgliederzahl stieg: für Enns waren bereits 40 zu verzeichnen, darunter Fürst Vinzenz von Auersperg, und für Mauthausen sechs. Das Lesekabinett war im Sommer kaum besucht, dafür aber das „Casino". Für die Zeichenschule versprachen Linz und Steyr einen eigenen Zeichenlehrer mit 60 Gulden Gehalt, und das Freimachen des alten Ennsarmes, hier stets als Kanal bezeichnet, schien sich abzuzeichnen. Im Geiste sahen die Vereinsmitglieder dort bereits Öl- und Gipsstampfen, Fiammer- und fFackenschmieden, Drahtzüge, Malzmühlen und ein Badhaus in hektischer Betriebsamkeit stehen. Und für die Mühlviertler Leinenproduzenten könnte man Flachsspinnmaschinen betreiben, meinte man zumindest. Mehrere Begehungen fanden statt, und der k. k. Wegmeister Wenzel Neander, offensichtlich ein Fachmann auf diesem Gebiet, zeigte sich von der Machbarkeit überzeugt."^ Protokollführer Andreas Wirl hatte ein neues Anliegen an den Magistrat: Dieser sollte mit Anzeigen in der Linzer und Wiener Zeitung für die Ansiedlung von Steinmetzen, Steinschleifern, Pflasterern und Ziegelbrennern sorgen, da diese Gewerbe in Enns nicht vertreten waren. Alle waren einverstanden, nur der inzwi schen dem Verein ebenfalls beigetretene Stadtpfarrer und Dechant wagte den Ein wand, daß man eine Steinschleiferei nicht ausschreiben könne, solange der Kanal nicht fertig sei. Und selbst dann erhebe sich noch die Frage, ob die Wasserkraft für ein solches Werk ausreiche. Der Einsatz einer Dampfmaschine jedoch sei in dieser Gegend viel zu kostspielig. Als neues Projekt wurde die Eröffnung eines Streinbruchs beim Tabor ins Auge gefaßt. Die dort gewonnenen Steine könnten sowohl für Bauten als auch für die Pflasterung der Stadt Verwendung finden. Schließlich kam man noch überein, eine Chronik zu führen. Zuerst wollte man darin nur gewerbliche Belange festhalten, aber schließlich einigte man sich auf eine generelle Stadtchronik. Man sprach es nicht aus, aber vom Magistrat war eine solche nicht zu erwarten. Mit der Durchführung wurde der Lehrer Franz Bracher beauftragt und der Buchbinder Carl Pfeiffer lieferte einen entsprechend schönen Einband. Was aus dieser Chronik geworden ist, läßt sich nicht sagen, denn schon nach ein paar Monaten wurde sie nicht mehr erwähnt. Ebenda, Protokoll vom 8. September, und Korrespondenz: Entwurf des Promemoria vom 28. August. Ebenda, Protokoll vom 3. Juli 1842, und Herbert Kneifel, Raumordnungskonzept „Untere Enns" 1842. In: Mein Enns (wie Anm. 25), S. 271 f.

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