OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

dem Zusammenbruch der mit so viel Elan begonnenen Tabakfabrik in der Stadt gemacht hatte/ noch nachgewirkt haben. Schließlich war noch in den fünfziger Jahren des 18. Jahrhunderts eine im Schloß Lerchenthal eingerichtete Strumpfmanufaktur nach wenigen Jahren wieder eingegangen. Sie wurde nach Poneggen bei Schwertberg verlegt und entwickelte sich dort zufriedenstellend.' Die Stadt und ihre Bewohner befanden sich also in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in keiner beneidenswerten Lage. Wie alle übrigen bürgerlichen Siedlungen hatte Enns unter der dreimaligen Eroberung durch Napo leon schwer zu leiden gehabt und sich nur ebenso schwer davon wieder erholt.^" Das Stadtregiment führten zu Beginn der vierziger Jahre die zwei geprüften Magistratsräte, der seit 1818 anwesende Franz Seraph Schmelzing, der 1835 zum Syndikus aufgestiegen war, und der aus Linz gekommene Andreas Wirk Bürger meister war seit 1831 der aus Neuhaus in Böhmen stammende Caspar Falk. Er war als Silberarbeiter im Jahre 1804 nach Enns gekommen und paßte als Beamtennatur durchaus in seine Zeit und auf seinen Posten." Innovationen waren von ihm nicht zu erwarten, ebensowenig wie vom Kreishauptmann Johann Ritter von Dornfeld in Steyr, und schon gar nicht vom in Linz residierenden Regierungspräsidenten Phi lipp Freiherrn von Skrbensky. Alle Macht ging von der Reichshauptstadt Wien aus, und das bis zur Perfek tion ausgebaute Spitzelwesen des Systems Metternich erstickte alle revolutionären Regungen bereits im Keim. In der Hofburg saß mit Kaiser Franz I. bis 1835 eine über aus willensschwache Persönlichkeit, und über die Regierungsfähigkeiten seines Nachfolgers Ferdinand schweigt sich die Geschichtsschreibung gewöhnlich mit besonderer Höflichkeit aus. So war die Thronfolge im Hause Habsburg ein Jahr zehnt vor der Revolution an einem Tiefpunkt angelangt. In einem seltsamen Kontrast dazu stand die Pflege eines geradezu enthusia stischen Herrscherkultes, der propagandistisch aufgebaut war wie nie zuvor in der Geschichte Österreichs. Die Idee vom gottgeschenkten Kaiserhaus wurde zu einem übersteigerten Patriotismus ausgebaut und die Liebe zur Herrscherfamilie trieb die seltsamsten Blüten. Auch für die Bewohner von Enns gab es kein schöneres Ereignis, als die Durchfahrt einer kaiserlichen Hoheit, die jedesmal Anlaß zu einem kleinen Volksfest gab. Und da Enns an der West-Ost-Tangente lag, kamen die Bürger stets auf ihre Kosten, wenn bei der Post am Hauptplatz die Pferde gewechseltwurden und man einen Blick auf die hohen Herrschaften werfen konnte, die übrigens gern die Gele genheit nützten, um ein paar Schritte zu machen und dem Volk gnädig zuzuwinken. Dn paar „herablassende" Worte vielleicht, mehr wagte man nicht zu erwarten. ' Edmund Friess und Oskar Schmid, Die Anfänge der ältesten Tabakfabrik in Österreich. In; Fachliche Mitteilungen der Österreichischen Tabakregie 1930, fi. 4, S. 3-7. ' Georg Grüll, Die Strumpffabrik Poneggen 1763-1818. In: Mitteilungen des OÖ. Landesarchivs, Bd. 6 (1959), 5. 5 ff. ' Josef Schicker, Geschichte der Stadt Enns. In: Festschrift zur siebenhundertjährigen Gedenkfeier der Stadtrechtsverleihung an Enns 1212. Enns 1912, S. 53 ff. Amstler, Geschichte, S. 73.

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