OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

Berufsbezeichnung lautete Syndikus. Diesen konnten je nach Größe der Stadt wei tere rechtskundige Beamte (= Magistratsräte) zur Seite gestellt werden.^ Der vormalige Stadtrichter wurde nunmehr (in Enns ab 1785)^ Bürgermei ster genannt. Seine Aufgabe bestand beinahe ausschließlich in der Repräsentation. Der Posten war deshalb bei unternehmerischen Bürgern äußerst unbeliebt, sollte aber, wenn er einmal angetreten war, bis an das Lebensende ausgeübt werden. Unkündbar waren ferner der Syndikus, der geprüfte Magistratsrat und zwei aus der Bürgerschaft gewählte Räte. Offiziell bestand dazu noch ein sechsköpfiger Wirtschaftsausschuß, dessen Mitglieder alle drei Jahre neu gewählt werden sollten, was aber oft vergessen wurde, sodaß die „Dienstzeit" auf zehn und mehr Jahre anwachsen konnte. Der Wirtschafts ausschuß hatte lediglich eine beratende Funktion. Das Kreisamt in Steyr hatte 1783 - bevor in Enns noch der neue Magistrat gebildet worden war (1785) - angeordnet, daß in Zukunft die frei werdenden Stellen des Bürgermeisters, des Stadtrichters und der Stadträte mit lang gedienten Militär personen zu besetzen seien. Gleichzeitig fragte man an, wie hoch denn das Einkom men für diese Stellen sei.' Dieses Ansinnen allein demonstriert zur Genüge, welch geringe Bedeutung diesen Amtern von Seiten des Staates beigemessen worden ist. Deshalb überrascht es nicht, daß von den 20 Wahlmännern, die ausschließlich aus dem handeltreiben den Bürgern genommen wurden, immer wieder fJandwerker in den Wirtschaftsaus schuß entsendet wurden, die in der Zeit vor den staatlichen Eingriffen keine Chance gehabt hätten, in ein städtisches Gremium gewählt zu werden. Zur politischen Entmachtung kam im Enns der zwanziger Jahre des 19. Jahr hunderts der wirtschaftliche Abstieg noch erschwerend hinzu, hauptsächlich hervor gerufen durch die Einstellung der staatlichen Salzschiffahrt, von der die Stadt jahr hundertelang gelebt hatte. Der bis in die Antike zurückreichende Handelshafen im Enghagen hat damals seine Bedeutung weitgehend eingebüßt. Schon 40 Jahre zuvor war der 1763 begonnene Betrieb einer Gotton-Fabrik in der Kristeiner Mühle, der glänzende wirtschaftliche Zukunftsperspektiven eröff net hatte, um 1787/88 nach Himberg in Niederösterreich verlegt worden.' Den Ennsern war die Fabrik aber ohnedies nur ein Dorn im Auge gewesen, obwohl sie gar nicht auf Stadtgebiet gelegen war. Da mögen die schlechten Erfahrungen, die man mit der Ansiedlung der Barchentweber aus Augsburg im 16. Jahrhundert^ und mit ' Wilhelm Rausch, Richard Bart und Emil Puffer, Die Gemeindevertretung der Stadt Linz vom Jahre 1848 bis zur Gegenwart. In: Historisches Jahrbuch der Stadt Linz 1968, S. 12f. * Josef Amstler, Geschichte der Stadt Enns. Enns 1969, S. 73. ' Archiv der Stadt Enns (= AStE), Ratsprotokolle 1777 bis 1783, Sitzungen vom 16. April und 31. Juli 1783. ^ Haider, Geschichte (wie Anm. 1), S. 266. ' Josef Kaltenbrunner, Zur Geschichte der Barchentweberei in Österreich im 15. und 16. Jahrhundert. In: Vierteljahrsschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Bd. 23 (1930), S. 76-93.

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