OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 3

Der Industrie- und Gewerbeverein für Erms und Umgebxmg 1842-1848 Von Willibald Katzinger Im Zuge der merkantilistischen Wirtschaftspolitik hatte der Landesfürst durch das Reichshandwerkspatent bereits 1732 die Zunfthoheit über sämtliche Gewerbe an sich gezogen. Erstes Ziel war die Vereinheitlichung der Zunftstatuten und damit das Ausschalten der zahlreichen Sonderinteressen einzelner fiandwerkszweige. Erst auf dieser Basis ging der Staat zu einer aktiven und reglementierenden Wirtschaftspolihk über. 1753/54 wurden die Handwerksberufe in Kommerzial- und sogenannte Polizeigewerbe unterteilt. Letztere produzierten nur für den Lokalbe darf; erstere jedoch waren exportorienüert. Ihre Betriebsstätten wurden nicht mehr von den Magistraten genehmigt, sondern von der Landesbehörde zugelassen. Der städhsche Rat konnte sie auch nicht mehr verhindern. 1793 schließlich unterteilte man in persönliche, erbliche, verkäufliche und radizierte Gewerbe. Letztere waren an das Haus gebunden und konnten nur in Verbindung mit diesem erworben oder ver geben werden.^ Gravierender für die Bürgerschaften jedoch wirkte sich noch die 1748 erfolgte Einführung der Kreisämter aus. Ihnen wurde unter anderem die Aufsicht über die Magistrate der landesfürstlichen Städte und Märkte übertragen. In jedem Landesviertel war ein Kreisamt eingerichtet worden; jenes für den Traunkreis in Steyr.^ Alle Eingaben an den Landesfürsten als Stadtherren hatten zunächst über das Kreisamt und dann erst über die königliche „Repräsentation und Kammer" in Linz zu laufen, bevor sie an den Hof nach Wien gelangen konnten - und umgekehrt. Damit war eine neue Zwischeninstanz eingeschaltet, die für den Zentralstaat Ersprießliches leisten konnte, für die Selbstverwaltung der einzelnen Städte aber zum Hemmschuh werden mußte. Für Enns war die Einrichtung schon vom Postweg her hinterfragungswürdig, weil jedes Schriftstück zuerst nach Steyr und von dort an Enns wieder vorbei nach Linz gebracht werden mußte. Schlimmer war es noch, wenn man auf eine Entscheidung aus Wien wartete. Sie wurde zweimal durch Enns befördert, bevor sie hier landen durfte. Aber es sollte noch schlimmer kommen: Unter Kaiser Joseph II. erfolgten 1784 bis 1788 die sogenannten Magistratsregulierungen. Es handelte sich dabei um eine Verfassungsänderung, die auf der Rechtsprechung aufgebaut war und davon ausging, daß ein Handels- oder Gewerbetreibender nicht mehr in der Lage sei, sich ausreichend über die neuen Gesetze zu informieren und diese im Sinne des Gesetz gebers zu exekutieren. Deshalb wurde den Magistraten befohlen, statt der im Rat vertretenen Bürger rechtskundige Experten aufzunehmen und zu besolden. Ihre Siegfried Haider, Gescliictite Oberösterreichs. Wien 1987, S. 260 f. Ebenda, S. 218 f.

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