OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 2

überlaufen. Wenzel, der sich mehr auf den niederen Adel und das Bürgertum gestützt hatte, wurde vom Herrenbund mit dem Ziel der Wiederherstellung der Adelsmacht, von den Verschwörern „Handhabung der Gerechtigkeit" genannt, am 8. Mai 1394 im Kloster Beraun gefangengenommen,^ unauffällig auf die Prager Burg gebracht und dort dem Burggrafen Heinrich von Rosenberg in Verwahr gegeben, so zwar, daß er nach außen hin gemäß seinen bisherigen königlichen Gewohnheiten zu leben schien. Obwohl ihm erhebliche Zugeständnisse, vor allem von seinem ränke vollen und machtgierigen Vetter Jo(b)st von Mähren, abgerungen worden waren, dachte man nicht an des Königs Freilassung. Als sein Bruder Johann von Görlitz massiv - auch militärisch - einschritt, wurde Wenzel von einer südböhmischen Burg zur anderen gebracht;^ schließlich schien auch das Rosenbergische Krumau nicht mehr sicher genug, und der Burggraf begab sich mit seinem Gefangenen in die Obhut der Herren von Starhemberg nach Wildberg. Damit rückte diese verhältnis mäßig unbedeutende Burg kurzzeitig ins Blickfeld der europäischen Geschichte. Die Gefangennahme Wenzels mag zu seiner Zeit als ein eher peripheres Ereignis angesehen worden sein, zumal derartige Gewaltakte als Druckmittel - übri gens nicht nur innerhalb der Familie der Luxemburger - gang und gäbe waren. Der gedemütigte König erfuhr auf Wildberg eine durchaus gute und ehrenvolle Behandlungd der ihm zugewiesene Raum im vierten Stock des Hauptturmes wird heute noch als „Königszimmer" bezeichnet. Auf streng überwachten Jagdausflügen in den nahen Breitlusser Wald soll es Wenzel dennoch möglich gewesen sein, Verbindung mit dem sagenumwobenen „Dürrenteufel", dem Hauptmann einer mährischen Räu berbande, aufzunehmen, welcher Wenzel als Verbindungsmann zu seinen Anhän gern gedient haben soll." Der österreichische Herzog Albrecht III. nahm jede sich ihm bietende Gelegenheit wahr, unter Ausnutzung der Streitigkeiten innerhalb der luxemburgischen Sippe den deutschen Königsthron für Habsburg zurückzugewin nen. So hat er sicher zur Gefangennahme Wenzels beigetragen; diese Ansicht wird dadurch erhärtet, daß er den Rosenbergern mit Truppen gegen die Invasion Johanns von Görlitz zu Hilfe kam. Es mißfiel ihm aber, daß Wenzel ohne sein Einverständnis in sein Hoheitsgebiet verbracht worden war, weil er sich dadurch kompromittiert erachtete. So drückte er Kaspar und Gundacker von Starhemberg (zum Schein?) sein Mißfallen darüber aus, daß man dem König „in österreichischen Landen so etwas antut". Wenzels Bruder Sigismund war höchstwahrscheinlich der Anstifter dieser Adelsrevolte, auch wenn dies nicht beweisbar ist. „... traductus de Castro ad Castrum, ita, ut ignoraret, ubinam esset." Ein vor einiger Zeit in einer Wochenzeitung erschienener Artikel über eine Wanderung, unter ande rem zur Burg Wildberg, enthält die Bemerkung, daß sich dort auch „jenes schaurige Verlies, in dem der Böhmenkönig angekettet war", befinde. Die Abstimmung auf die Sensationslust der Leser ist of fensichtlich. Eine Verbindung Wenzels zum „Dürrenteufel" ist insofern nicht ohne weiteres in den Bereich der Sage zu verweisen, als dieser Bandenchef historisch bezeugt ist, Heinrich von Kunstadt hieß und spä ter im Solde Wenzels dem österreichischen Herzog in Niederösterreich zu schaffen machte. Hingegen ist die von mehreren Autoren fortgeschriebene Befreiungsgeschichte, bei der eine Bademagd Su sanne die Hauptrolle spielt, schon nach der Quellenlage als widerlegt anzusehen.

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