OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 2

Ein König auf Wildberg gefangen Von Herbert Bezdek Vom 5. Juli bis 1. August des Jahres 1394 weilte der König von Böhmen, Wenzel IV. (als deutscher König Wenzel I.), auf der Burg Wildberg im Haselgraben, allerdings als Gefangener. Seine aus gesamtgeschichtlicher Sicht episodenhaft zu sehende Konfinierung in unserer engeren Heimat gibt Anlaß, auf diese zwiespältige Herrscherpersönlichkeit und ihr Umfeld näher einzugehen. Wenzel wurde 1361 als Sohn des Luxemburgers Kaiser Karl IV. geboren, unter welchem Prag zum Mittelpunkt des Deutschen Reiches geworden war. Sein Vater ließ den begabten Knaben als Kronprinzen erziehen, wie überhaupt Karl IV. die Stärkung seiner Hausmacht, vor allem durch eine gezielte Heiratspolitik, im Auge hatte; so konnte mit der Goldenen Bulle dem König von Böhmen der erste Rang unter den Kurfürsten gesichert werden. Unter den besten Voraussetzungen bereits als Kleinkind zum König von Böhmen gekrönt, wurde Wenzel schon 1370 vermählt und in der Folge auch als Nachfolger im Reich aufgebaut. Im Zuge dieser systematischen Vorgangsweise erfolgte im 15. Lebensjahr seine Volljährigkeitserklä rung und Krönung zum deutschen König in Aachen. Dies kostete allerdings vor allem die Verpfändung von Krongut, und Wenzel konnte sich daher in der Folgezeit nur auf seine Hausmacht stützen. Nach dem Tode seines „Übervaters" Karl IV. erstarkte aufgrund der Unerfahrenheit des jungen Monarchen die Macht der Kur fürsten; die von Wenzel zuwenig zielstrebig verfolgte Kaiserkrönung hätte ihm viel leicht eine gewisse Absicherung geboten. Wenzel, anfangs als durchaus gebildet, fähig, gerechtigkeitsliebend und sparsam geschildert, wurde in späteren Jahren konzeptlos schwankend, zu Augen blickslösungen neigend sowie entscheidungsscheu und bequem im Regiment - was ihm den Beinamen „der Faule" eintrug -, nicht zuletzt aber auch deshalb, weil er innerhalb seiner eigenen Familie laufend treulose Intrigen, besonders seines Bruders Sigismund, abzuwehren hatte. Er erlag schließlich zur Gänze dem nachteiligen Ein fluß wechselnder Ratgeber, ging lieber auf die Jagd und verfiel überdies zeitweilig dem Trunke. Im Deutschen Reich sah er sich überflüssig und begann es zu meiden. Allgemein bekannt ist Wenzel durch die Affäre Johannes von Nepomuk. Ein Zwist über die Gerichtshoheit des Prager Metropoliten gab 1393 dem der hohen Geistlich keit feindlich gesinnten Wenzel Anlaß, gegen die erzbischöfliche Kurie - auf deren Seite übrigens seine Gemahlin stand - vorzugehen. Erzbischof Johann von Jen(zen)- stein konnte entkommen, aber sein Generalvikar Johannes Wölflin, genannt von Pomuk, fiel in des Königs Hand. Der besinnungslos wütende König ließ diesen nach grausamer Folterung ertränken und begründete so die Legendenbildung um den später heiliggesprochenen Priester. Dieser Justizmord brachte beim durchaus eigen mächtigen und überhaupt nicht zimperlichen Hochadel Böhmens das Faß zum

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