nung des sozialistischen Zukunftsstaates" aus dem Jahre 1907 (S. 69 ff.) hat leider erst mit dem Zusammenbruch der totalitären Systeme im Osten ihre - wohl unwiderlegbare - Bestätigung gefunden. Man lese den Auszug daraus! Von 1912 bis 1917 war der mittlerweile in den Grafenstand erhobene Hertling bayerischer Mini sterpräsident. Mit seinem Amtsantritt wurde die - etwa aus den Schriften Ludwig Thomas - erfaß bare liberale Herrschaft in München beendet, die jahrzehntelang gegen die Mehrheitsverhältnisse im bayerischen Landtag aufrechterhalten worden war. Vom 1. November 1917 an wurde Graf Hert ling mit 74 Jahren für nicht ganz ein Jahr Reichs kanzler und preußischer Ministerpräsident. Dann löste ihn für einen Monat Prinz Max von Baden ab. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung des Reichskabinetts Graf Hertling bietet E. R. Huber im Band V „Weltkrieg, Revolution und Reichser neuerung 1914-1919", Kapitel VI, S. 388-534, sei nes siebenbändigen Monumentalwerkes „Deut sche Verfassungsgeschichte seit 1789" (plus Regi sterband). Die vorliegende Auswahl aus den Schriften des Philosophen und Staatsmannes Hertling, gruppiert um die Themen Kulturkampf, philosophische Grundlagen, Staatslehre, katholi sche Konfession und moderne Wissenschaft, So zialpolitik und Dienst am Staat, liest sich - Hert ling war ein guter Stilist - erstaunlich erfrischend und verlebendigt in vielen Facetten die systemati sche Darstellung des Geschehens seiner Zeit. Josef Demmelbauer Mayer-Maly / Schambeck / Grussmann (Hrsg.): Adolf Julius Merkl, Gesammelte Schriften. Erster Band: „Grundlagen des Rechts"; erster Teilband. Berlin: Duncker & Humhloi, 1993. 656 Seilen, XLVI, DM 138,-/5 1.077,-. Der langjährige Vizepräsident des Bundesra tes, der auch schon Präsident war, der Linzer Staatsrechtslehrer Herbert Schambeck, hat in dem angesehenen, österreichischer Rechtsliteratur so freundlich gesinnten Verlag Duncker & Humblot, Berlin, eine Ausgabe „Gesammelte Schriften" von Adolf Julius Merkl zuwege gebracht. Hiebet unter stützten ihn Dorothea Mayer-Maly, eine frühere Assistentin Merkls, und Wolf-Dietrich Gruss mann, der in Band 13 der Schriftenreihe des Hans-Kelsen-Instituts vor fünf Jahren eine Dar stellung von Leben und Werk Merkls gegeben hat. Wer war Merkl? Ein Staatsrechtler an der Universität Wien, von 1941 bis 1950 aber in Tü bingen. 1890 in Wien geboren, lebte er meist dort bis zu seinem Tod im Jahre 1970. Er war ein glän zender Jurist und bewies dies zunächst als Anhän ger der Kelsen-Schule, nach dem Krieg kreisten seine Gedanken vorwiegend um Probleme der Rechtsethik, um den Problemkreis Freiheit und Friede. Seine Vorlesungen standen auf dem Fun dament einer humanisHschen Bildung hohen Gra des, Goethe und Schiller waren im Staatsrecht stets präsent. Was junge Menschen von heute an ihm anzöge: sein Engagement für den Natur schutz und überhaupt für das, was man jetzt Öko logie nennt. Was jung und alt noch heute von ihm lernen könnte, war die historische Dimension sei ner weitgespannten Gedanken. Dazu ein Beispiel aus dem so abstrakt klingenden Aufsatz „Einheit oder Vielheit des Naturrechts?" (im angezeigten Teilband, S. 545), wo er die Offenheit des Preußen königs Friedrich II. bei der Motivierung seiner Kriege vorführt: „Beim Tode meines Vaters fand ich ganz Europa in Frieden ... Die Minderjährig keit des jungen Zaren ließ mich hoffen, daß sich Rußland mehr um seine inneren Angelegenheiten kümmern würde ... Außerdem war ich im Besitz schlagfertiger Truppen, eines gut gefüllten Staats schatzes und von lebhaftem Temperament; das waren die Gründe, die mich zum Krieg mit The rese von Österreich bewogen ... Der Ehrgeiz, mein Vorteil, der Wunsch, mir einen Namen zu machen, gaben den Ausschlag, und der Krieg ward beschlossen ..." Schon um dieses Beitrages willen gehört der Band in jede Bibliothek einer Haupt- und jeder höheren Schule. Mit dem vorliegenden Teilband hat die Her ausgabe der bisher teilweise nur schwer zugängli chen annähernd 600 Schriften von Merkl begon nen. Er umfaßt das rechtstheoretische und rechts philosophische Schaffen, während der zweite Teil band die Schriften zur Allgemeinen Staatslehre und Politischen Theorie beinhalten wird. Josef Demmelbauer
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