OBEROSTERREICHISCHE Heft 2
OBEROSTERREICHISCHE-r-i. 48. Jahrgang Herausgegeben vom Institut: für Volkskultur Alfred Mühlbacher-Parzer Epitaphien - Gedächtnismale in Kirchen und Friedhöfen Oberösterreichs Alfred Höllhuber Die Holzburg auf dem Rametstein Ein in Vergessenheit geratener Wehrbau im einstigen Nordwald Bernhard Prokisch Der Münzfund von Doppl - Gemeinde Schwertberg Leopold Mayböck Geschichte des Bauerngutes Bairböck in Doppl Walter Hartinger Volkskultur = Regionalkultur in engen Grenzen? Herbert Bezdek Ein König auf Wildberg gefangen Harry Slapnicka Oberösterreich in der Karikatur - Karikaturisten in Oberösterreich Volkskultur aktuell Heft 2 Buchbesprechungen
Medieninhaber: Land Oberösterreich Herausgeber: Institut für Volkskultur Leiter: W. Hofrat Dr. Dietmar Assmann Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexem plare) und Bestellungen sind zu richten an den Schriftleiter der OÖ. Heimatblätter: Dr. Alexander Jalkotzy, Institut für Volkskultur, Spittelwiese 4, 4010 Linz, Tel. 0 73 2 / 77 20-56 43 Jahresabonnement (4 Hefte) S 190,- (inkl. 10% MwSt.) Hersteller: Druckerei Rudolf Trauner Ges.m.b.H., Köglstraße 14, 4020 Linz Grafische Gestaltung: Mag. art. Herwig Berger, Hafnerstraße 19, 4020 Linz Mitarbeiter: W. HR Kons. Mag. Herbert Bezdek, Nißlstraße 28, 4020 Linz Univ.-Prof. Dr. Walter Hartinger, Institut für Volkskunde der Universität Passau, Innstraße 25, D-94032 Passau Kons. Prof. Alfred Höllhuber, Reichenstein 30, 4230 Pregarten Kons. Leopold Mayböck, Hochreithstraße 8, 4311 Schwertberg DDr. Alfred Mühlbacher-Parzer, Müller-Guttenbrunn-Straße 6, 4020 Linz Dr. Bernhard Prokisch, OÖ. Landesmuseum, Tummelplatz 10, 4020 Linz Prof. Dr. Harry Slapnicka, Stockbauernstraße 6, 4020 Linz Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich Alle Rechte vorbehalten Für unverlangt eingesandte Manuskripte über nimmt die Schriftleitung keine Haftung ISBN 3-85393-067-0 00 KULTUR Titelblatt: Ausschnitt aus einer Karikatur von Michael Pammesberger, veröffentlicht in den OÖN vom 7. Juni 1994.
Epitaphien Gedächtnismale in Kirchen und Friedhöfen Oberösterreichs Von Alfred Mühlbacher-Parzer Allgemeine Anmerkungen Der Begriff „Epitaph" - ursprünglich Bezeichnung für die Grabinschrift - wird zur Zeit des Humanismus für sämtliche Gedächtnismale verwendet. In diesem Sinne sind Epitaphien Wanddenkmäler für Verstorbene, und zwar Grabmäler und auch andere Erinnerungsmale. So wird die Gruft Lindinger (Wels, Arkaden 1889) im Einreichplan als Epitaph be zeichnet (Planungsarchitekt Hermann Krackowizer aus Linz). Abb. 1: Wels (Friedhof, Arkaden) - Gruft Lindin ger (1889). Im allgemeinen Sprachgebrauch sind Epitaphien Wanddenkmäler mit Schrifttafel. Im engeren Sinn (vor allem in der deutschen Kunstgeschichte) ist ein Epitaph ein Totengedächtnismal zur Erinnerung an einen Verstorbenen in Verbindung mit einem religiösen oder allegorischen Bildwerk und einem in schriftlichen Todesvermerk. Diese In schrift ist der wichtigste Bestandteil und unterscheidet das Epitaphium vom Votivbild. Diese Gedächtnismale sind nicht an den Begräbnisort gebunden, also kein Grabmal. Dies gilt in gleicher Weise für katholische und evangelische Länder. Die Bestandteile des Epitaphiums - Name und Todesvermerk, - Darstellung des Verstorbenen (meist auch mit seiner Familie, oft Wappen darstellung), - Bildwerk mit Verbindung zum Toten. Je nach Betonung eines dieser Teile spricht man vom: - Bildepitaph, - Inschriftepitaph (ohne Bildwerk), - Figurenepitaph oder Personenepitaph. Die Epitaphien wurden entweder bei Lebzeiten angebracht (mit Aussparung der Stelle für den Sterbetag) oder von den Hinterbliebenen errichtet. Anbringung In Kreuzgängen, an den Aui3enmauern der Kirchen, dem Friedhof zuge-
wandt; an Wänden und Pfeilern im Inne ren der Kirche; in Stelenform auf Fried höfen. Die heutige Anbringung ist aller dings oft nicht mehr die ursprüngliche. Die Inschrift Die mittelalterlichen schlichten Texte führen durch den Humanismus zur Lob preisung des Verstorbenen in metrischer Form. Unter dem Einfluß der Reforma tion werden Bibelstellen zitiert. In der Barockzeit werden die Epitaphien durch die Hervorhebung von Stand und Ver diensten zu Ruhmesdenkmälern. Seit dem 16. Jahrhundert findet man das Tri umphbogenmotiv und die Ausbildung von Hänge- und Standepitaphien. Das 19. Jahrhundert ist gegenüber den Vorläufern einfach und schlicht. Es sind Schrifttafeln, die sparsam mit Me daillen, Putten oder Todessymbolen ge schmückt sind. Ausführung Allgemein gilt: Das über die Grab symbolik und sonstige Ausführung Ge sagte trifft auch für die Epitaphien zu. Das heißt, wir finden wiederum alle cha rakteristischen Ausformungen vom klassizistischen bis zum historischen Modus. Bei den Inschriften nimmt die Klage um den Verstorbenen einen per sönlicheren Ton an. Die Beliebtheit der Epitaphien im 19. Jahrhundert ist - im Gegensatz zur Gestaltung der Grabmä1er auf dem Friedhof - geringer. Dies steht im Zusammenhang mit der Verla gerung des Totengedächtnisses von der Kirche auf den Friedhof. Dabei kommt es zu einer formalen Durchdringung der einzelnen Arten. Es setzt sich die für die Romantik bezeichnende Auffassung durch, der Tote habe dort seine Ruhe stätte, wo man seiner gedenke. Daher ist die frühere eindeutige Ortung einer In schrift mit „R. I. P." als Grabmal nicht mehr möglich. Vorkommen und Ausführung der Epitaphien Epitaphien in Klöstern Hk in Domino renuiejcil U ,■« A. H.'D. rAj ffamkustoPlass, r| i Ausfr. Ansfeiden ^'<1 ! (ait.llei.a öeconoiniae Praefectus. Natu> Ii. Mai tSH. ' Oküt n.S(pt. isn. 1^ i*. ifSä Abb. 2: Stift St. Florian (Friedhofwand ^ der Stiftskirche). Epitaphien in Priestergrabstätten P.Joan.S May«+tt. ihr m j fJDI RiJUei Swtt t»; Jn tti« aa a • n X 1» -Vt u: » !■ Am r p »p« en 'AlOiSfieWSCh-i-P ««i tri r 'Mich Hall« in.wHfi rjUS.XolaUßiC * f Üi- ßH 8« Arft» f 9i3JR!B Msiflian t?3 f f Jim (.V 'rttfüCI ;• n Isf al M j). - r Adaib Kema •' n. w «5i »da. FMlch.Neiihold ? ? s«i ■d» f jaafl.B Flihfsf + si tm »«.jRi.tf-' ' Mich Hall« e h w ß f t Jaan.ii tpisr ^ iw 8« ?,Jw Hofol I rHatltn O«!» Pfe! aiSim 1 (Sjpi « «iHnis .FtJr Kmnfsi + e»»»*:"»- ? MI i® »f f-i MI'' 1; J Miiai st» si t i otr «>. « »i a P Abb. 3: Linz (Friedhof St. Barbara, Sektion 1) - Soc. ]esu.
Epitaphien an Kirchen Als wichtiger Beitrag sind Epitaphien zu erwähnen, die sich ehemals an der Basilika St. Laurenz (Enns-Lorch) befan den und - jetzt im Severinshaus abge stellt - einer neuen Aufstellung zuge führt werden. Es handelt sich um zwölf Objekte aus dem Zeitraum von 1813 bis 1902. Von Interesse sind die folgenden Bei spiele, welche infolge längerer zeitlicher Kontinuität die stilistischen Unter schiede aufzeigen: Abb. 4: Peuerbach - Priestergruft. Private Grüfte mit Epitaphien eyherrlien Familie I i j i ^,j *■' ' - ' ' ig Abb. 5: Losenstein - Vogelsang (1858). I 'v" Abb. 6: St. Georgen im Attergau (Pfarrkirche, Ein gang) - Kunath (1847). Bemerkenswert an diesem Epitaph ist die Vielfalt an Schriftformen. Kelch und Hostie kennzeichnen ihn als Priesterepitaph. Der Ausführende war Josef Haf ner (1799-1892) aus Linz, der an der Akademie in Wien die Kupferstecherkunst lernte und sich dann der Lithographie zuwandte. Errichtung der Offizin in Linz 1827. Durch den Niedergang der Lithogra-
phie (1835: Daguerrotypie!) Heß Hafner Skingra vuren für Grabsteine und Steintafeln ausführen. In der Folge gründet er ein Steinmetzunternehmen. Er liefert gediegene Erzeugnisse in Linz und im weiteren Umkreis. So bestellt Adalbert Stifter den Grabstein für seine in Oberplan verstorbene Mutter. Die Grabdenkmäler für die Weißenwolff in Steyregg und den Superintendenten Steller in Thening kommen aus der Offizin Hafner. Bild- und Wappenepitaphien (ausgenommen Priesterepitaphien) j^»- ffiipi' niljrl in iPiiH 43 ^ itiff ipwiiFrii i uiilS.lJtriiiwrfKriittfPS mitürrjii'oiif.fl-riifiilitinirniiiii n 1' liil. I j «i'WiSifii !■> .*ii<! lll'Kt iMdi l«i|cl,m8 il W f' >*9 itiftwninilf !*Ik n« llmn vttHimifH * «tiiSli.tllllPMWK.Ii'lllim.lllllll -rllli',-. t'i 'B.älaiin' itpf , A» sfcntmilii PiHil nn irtrmiT ^ 1 II irlflilfrlliri «pwm, .. Abb. 7; Pichl bei Wels (Pfarrkirche, aujien) - Pesselbeck (1896). Akzentuierung durch einen zehnteiligen Zacken bogen, der einem Spitzbogen eingeschrieben ist. ^eöht^Fvirf'] / / \ \ / rufi/ in^ofA \ / l^tn^off^r/pA \ / / botwc^rr \ \ j hbaflCfbi^^aiiA jivfJrßr ))en 2o^Jtap\ hf.^u/u i7 fn/icincfa >fiffrrpcä %ßrcn-. fkfio iB iQltßmftd M üJ , SLSOtf^QUD( Ujöm ^tth ^Thif S(faar. ^uscntDoIkä ÜDüf / * / Martin i. M. (Pfarrkirche, außen) - M g'. Grafenhofer (1823). Abb. 8: St. Georgen bei Grieskirchen (Pfarrkirche, Obeliskform, oben Blütenkrone, von Blättern umaußen) - Dedinger (1858). Epitaph mit prächtigem Rahmenschmuck. rankt. Auf einem kleinen Gesims ein Totenschädel. Material: Speckstein.
|Mh V Abb. 11: Bad Ischl (Außenwand der Aufbahrungshalle) - Ritter von Mariensee (1830). Auf drei Ziegelscharen ein cippusähnlicher Aufbau mit Dreieckgiebel. Unter dem cjuadratischen Schrift feld und auf der oberen Ziegelschar aufsitzend befin det sich eine drapierte Urne. Im Giebelfeld Lorbeer kranz mit Schleife und den gekreuzten Berghämmern sowie gekreuzter Degen und Bergstock. Mariensee war Begründer der Berg- und Hüttenwerke in der Bukowina. A -Ä ^ "-SS? Abb. 10: Maria Laah (Pfarrkirche, außen, Sarko phagnische) - Sheldon, geb. v. Auersperg (1818). Wappenepitaph. Um das Schriftoval Blüten- und Blattornamentik. m -=■ v='-.'r?:v Abb. 12: Freistadt (Friedhof) - Hofbauer (1817). Das Schriftfeld mit ausführlichem Text ist von zwei kannelierten Pilasterelementen eingefaßt und zeigt unten einen eingeschwungenen, in einen Rundbogen übergehenden Abschluß. Im Rundbogenfeld die ge flügelte Sanduhr, das schon in den Emblembüchern vorkommende Symbol der schnell verrinnenden Zeit. Den oberen Abschluß bildet ein Dreieckgiebel, der eine Darstellung von Golgatha zeigt. Zu Füßen des Gekreuzigten ein überdimensionierter Totenschädel.
Inschriftepitaphien 'V • l' ■ I' v" ^ ' ■' ^ BP fe ■ ; :h Abb. 15: Zell am Moos (Pfarrkirche, außen) - Abb. 13: Lambach (Friedhofskirche, außen) - Nie- Schafleilhner (1850). äerwieser. Epitaph aus Ardneter Marmor. Erhabenes quadraGeäizte Glastafel. tisches Schriftfeld, umrahmt in der Art griechischer Stelen (Eckakroterien). Priesterepitaphien Adelsepitaphien bzw. Grabtafeln l¥' Wi? I"* . > ' Abb 14: Vorchdorf (Friedhof) - Staudacher (1826). Kelch mit Meßbuch, von Weizenähren umgeben. Abb. 16: Mondsee (Friedhof, Gruft Wrede) - Fürst Der Totenschädel in einem ausgesparten Feld unten. Otto Wrede (1896).
Hängeepiiaph aus rotem Marmor über dem Sarko phag. Umrahmt von Dreieckgiehel und seitlichen Marmorhändern mit drei Schlitzen, welche die Seitenhänder des Sarkophages wiederholen. Die Gold schrift ist auch beim Original kaum leserlich. Der strenge Giebel zeigt an der Basis und im Gebälk ei nen Eierstab. Die Bekrönung bildet ein Lilienkreuz, in dessen Mitte ein Rundmedaillon mit dem Dornenhaupt Christi. Auf den Giebelschenkeln sitzen zwei nackte Engel, der linke weinend, mit einem Palmzweig, der rechte mit gesenkter Fackel. Unter der Schrifttafel ein Römerhelm mit Schwert auf Ei chen- und Palmzweig (Bronze). Epitaphien aus besonderen Anlässen Abb. 18: Traunkirchen (Friedhofsmauer) Erinnerung an die bei einem Sturm am 31. ,7 1910 im Traunsee Ertrunkenen. Die Schrift bei den Epitaphien Was für die Schrift beim Grabmal gilt, hat die gleiche Bedeutung für die Epitaphien: Die Ausführung der Schrift ist von größter Wichtigkeit. Schlecht an geordnete oder ausgeführte Schrift kann die Gesamtwirkung völlig verderben. Klassizismus und Nachfolgezeit Die allgemeine Rückkehr zu stren gen Formen seit 1800 wird auch in der Schrift vollzogen. An die Stelle des Qua drates der römischen Kapitalis tritt das stehende Rechteck (vgl. Abb. 1). Die Na men sind oft durch Vergoldung, ge schwungene Anordnung und Unterstrei chung hervorgehoben (vgl. Abb. 5). Eine humanistische Kursive zeigen die Abb. 10 und 12. Abb. 17: Linz (Stadtpfarrkirche, außen) - Gefalle nengedenken. In Erinnerung an die Umsturzjahre 1848/49, er richtet 1894. Ausführung in Adikulaform. Gefalle- Romantik und Biedermeier Im Zusammenhang mit der Neu gotik wird auch die gotische Schrift
nachgeformt („Biedermeierfraktur"). Biäufig werden die Namen in Großbuch staben (Versalien) geschrieben, die sehr schwer leserlich sind. Die kritische Be trachtung spricht von „pseudogotisch" (vgl. Abb. 3, 6, 7, 8). Induslriezeiialter und neue Sachlichkeit Das 19. Jahrhundert trat mit Schriftfindungen nicht sehr hervor. Zu Beginn des Jahrhunderts verbreiten sich von Frankreich und England aus zwei Schrif ten, die aus der Antiqua entwickelt wur den: Die Egyptienne (Ägyptienne) mit kräftigen Balken an den Köpfen und Fü ßen (Ober- und Unterschraffuren). Die Grotesk - eine Skelettantiqua. Alle Buchstaben sind gleichförmig, Schraffuren sind verpönt. Sie wird die Schrift des Industriezeitalters. Der Jugendstil Im Jugendstil wird die Schrift wieder zu einem wichtigen Bestandteil der Ge samterscheinung. Die Ausformung ord net sich seinen Formprinzipien unter. Der Expressionismus der zwanziger Jahre Nach den Ausformungen in der Ar chitektur kommt es zu Auswirkungen auf die Grabmalgestaltung, welche auch die Schrift miteinbezieht. Charakteri stisch sind hohe, schlanke Buchstaben, deren mittlere Querstriche (E, F) mitun ter weit unter der Mitte liegen. gegliedert durch trennende und verbin dende Elemente, die zueinander in ei nem bestimmten Verhältnis stehen müs sen. Man spricht von Formträger (Flä che) und Form (Schrift)." Qakob - Lei cher, Schrift und Symbol in Stein, Holz und Metall. München 1984.) Auch hier sind Details nicht zu behandeln. Ich möchte nur auf die Schriftzeile als Ge staltungselement hinweisen. Der Form träger ist die Ausgangsbasis für die Ge staltung: z.B. Quadrat, liegendes Recht eck, stehendes Rechteck, Stele, Kreis (Abb. 2, 5). Gestalterisch kommt es nun bei der Schriftzeile auf die Größe der Buchstaben an (dadurch Öffnung oder Verdichtung der Fläche), ebenso auf die Anordnung der Zeilen (Einzelzeile, Zei lenblock, Deckung der Schrift mit dem Formträger) (Abb. 10, 12, 17). Die ästhetische Bedeutung der Grab inschrift kommt dabei umso stärker zur Geltung, je einfacher das Grabmal ge staltet ist. Als Beispiel seien hier die alten jüdischen Grabmäler genannt, deren Schmuck oft ausschließlich auf die he bräischen Buchstaben beschränkt ist. Kursiv oder schräg liegende Schrif ten sind für Monumente wenig geeignet. Kurze Inschriften (Namen) kann man in Versalien (Großbuchstaben) herstellen, längere Sentenzen werden besser mit großen und kleinen Buchstaben ge schrieben (vgl. Abb. 5, 6, 8, 13). Die Schrift als Gestaltungselement Pür die Herstellung von Schriften ist „Die Gestaltung einer Schrift ge- der Steinmetz zuständig. Gelegentlich schiebt stets auf einer Fläche. Diese wird treten eigene Steinhauer auf.
Literaturverzeichnis (Auswahl) Ausstellungskatalog 1962: Die Hafner-Offizin im biedermeierlichen Linz. Stadtmuseum, Linz 1962. Jakob - Leicher: Schrift und Symbol in Stein, Holz und Metall. München 1984. Kieslinger, A.: Die Steinätzung in Oberösterreich: 1. Teil 16. bis 17. Jahrhundert (Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1967). II. Teil 18. bis 19. Jahrhundert (Kunstjahrbuch der Stadt Linz 1969). Krackowizer - Berger (Hrsg.): Biographisches Lexikon des Landes ob der Enns, Gelehrte, Schriftsteller und Künstler seit 1800. Passau - Linz 1931. Mühlbacher-Farzer, A.: Beiträge zur Sepulkralkunst des 19. Jahrhunderts. Grab und Grabmal. Ungedruckte Dissertation an der GW Fakultät der Paris-Lodron-Universität Salzburg. Salzburg 1988. Wurzbach, C. von (Hrsg.): Biographisches Lexi kon des Kaiserthums Österreich. 60 Bände. Wien 1856-1891. Alle Aufnahmen stammen vom Verfasser.
Die Holzburg auf dem Rametstein Ein in Vergessenheit geratener Wehrbau im einstigen Nordwald Von Alfred Höllhuber Vorwort Erstmals entdeckte ich im Jahre 1967 bei einem heimatkundlichen Streifzug durch das untere Mühlviertel gleich zwei Lagestellen solcher vorwiegend aus Idolz erbaut gewesener möglicher Sitze ehemaliger Freibauern, nämlich auf dem Strafen berg und auf dem fderzogreither Felsen im Gemeindegebiet von St. Leonhard bei Freistadt. Ls dauerte dann allerdings noch mehr als zehn Jahre, bis ich das Gelände mit den zahlreichen Linstemmungen im felsigen Untergrund, die zur Verankerung der LJolzkonstruktionen gedient hatten, von den Bäumen und Sträuchern und dem sonstigen Bodenbewuchs für eine umfassende Vermessung befreit hatte. Für mich als Lehrer war ja ein längerer Arbeitseinsatz meist nur während der Sommerferien möglich. Schließlich wurde das erste Objekt 1979 und das zweite 1982 vom Techn. Oberamtsrat Wladimir Obergottsberger, Wiss. Konsulent der oö. Landesregierung, und vom Techn. Sekretär Erich Aufreiter von der Abteilung Bau 10 der Landesbaudirekhon vermessen. Aber erst 1980 konnte ich in den Oberösterreichischen Hei matblättern eine Arbeit darüber zunächst mit dem Titel „Line namenlose Holzburg auf dem Strafenberg in der Marktgemeinde St. Leonhard bei Freistadt" veröffentli chen. An einem Bericht über das abgekommene ähnliche Bauwerk bei Herzogreith wird noch immer gearbeitet, und zwar sowohl wegen einiger Schwierigkeiten bei der Rekonstruktion auf dem nur schwer erkletterbaren riesigen Felsmassiv, als auch wegen anderer Forschungsaufgaben und dazu noch infolge mancherlei Widrigkei ten, die sich den Bemühungen eines Laienforschers schon aus finanziellen Gründen entgegenstellen. Während die Bodenfunde der genannten Befestigungen aus dem Hochmit telalter - wahrscheinlich mindestens aus dem 12. Jahrhundert - stammen, sind jene von zwei später erkundeten Standorten, und zwar von der Holzburg auf dem Nes selstein (1449 „purkchstal Nesslstain" - privat vermessen, aber noch nicht veröffent licht) in der Gemeinde Unterweißenbach und vom „Hausberg" an der Schwarzen Aist in der Gemeinde Weitersfelden, etwas jünger. Beide Anlagen waren - in der genannten Reihung - die Verwaltungssitze der Dörfer Hackstock und Windgföll mit je neun Althöfen, aber im Gegensatz zu den Besitzverhältnissen der Freibauern ohne Ligengrund. (Ähnlich dürfte es sich auch beim Dorf Liebenstein - in der Gemeinde Liebenau bei Freistadt - mit dem Sitz auf der Jankusmauer verhalten haben, wo aber genauere Untersuchungen noch ausstehen.) Solche planmäßig gegründete Dörfer können auf Neuland entstanden sein oder - besonders im Altsiedelgebiet - auf den Gründen eines oder mehrerer Freibauern, die unter eine Herrschaft gelangt waren.
In einer Broschüre mit der Aufschrift „Mein Reichenstein", herausgegeben im Juli 1993 im Eigenverlag, wies ich mit dem im Jahre 864 erlassenen Edikt Karls des Kahlen (allerdings für das Westfrankenreich) darauf hin, daß es schon in sehr früher Zeit ähnliche Befestigungen gegeben haben muß. Es heißt dort aus dem latei nischen Text übersetzt; „Wir wünschen, ja befehlen sogar, daß, wer immer in dieser Zeit Burgen, feste Sitze oder fJage ohne unsere Zusage errichtete, alle derartigen Befestigungen am Ersten zu zerstören hat, weil die Nachbarn und Umwohnenden von da aus viele Räubereien und Unbilden zu ertragen haben. Und wenn die Betrof fenen sie nicht (selbst) vernichten wollten, so müßten es die Grafen tun, in deren Grafschaften sie errichtet wurden (Pertz, Monum. Germ. III, 499)". Nun wurden sicher die Räubereien oder gar Überfälle auf die Nachbarn nicht von potentiellen Sitzen von Freibauern aus verübt, aber die Aufzählung der verschiedenen Befestigungsarten weist eben doch auf das mögliche Bestehen sol cher Anlagen auch schon in der Zeit Karls des Großen hin. Einleitung In dem von mir 1963 angelegten Merkheft mit einer Liste über alle bekann ten, aber auch im besonderen über jene meiner Meinung nach noch nicht näher erforschten Burgstellen findet sich unter der Nummer 13 der Vermerk „Berg bei der Haidmühle, Rametstein". Dieser ringsum bewaldete Gupf oder Mugel, wie die Mühlviertler einen mächtigen Hügel mit einer rundlichen Kuppe nennen, liegt im Bezirk Freistadt am Nordrand der Gemeinde Schönau im Mühlkreis rund drei Kilo meter nordöstlich der Burgruine Prandegg, also im Gebiet des ehemaligen Nord waldes. Mit 704 Meter Seehöhe hebt er sich am linken Ufer der Waldaist vom dort schluchtartigen Flußtal aus mit schroffen Hängen und einigen gewaltigen Felsgrup pen etwa 120 Meter empor. Das Bergmassiv bildet - fast einer dreiseitigen Pyramide gleich - drei symmetrisch verlaufende Spornrücken aus, die sich zu einem längK\ Der Rametstein, Schönau i. M.
. .1 ■ :. ^ __ Das Kameisteinergut, Unterniederndorf Nr. 2, Schönau i. M. liehen Gipfelgrat vereinen. An der Südseite des Berges liegt auf einem Sattel gegen das noch höher ansteigende Umland das Bauerngut Unterniederndorf Nr. 2, vulgo Rametsteiner. Bei der ersten Besichtigung bemerkte ich wohl, daß der nach Südost strei chende Grat durch einen offensichtlich von Menschenhand geschaffenen Quergra ben unterteilt worden war. Und auf dem derart isolierten, etwas abgeplatteten Gipfel waren nur vereinzelt und damals noch weniger sichtbar aus dem Boden ragende, meist gewaltige Steinblöcke zu erkennen, deren Reihen ehemalige Mauerfunda mente andeuten. Weil aber bei Stichproben weder eine Kulturschicht noch irgend welche Bodenfunde zutage kamen und der Graben auch einmal von Bauern als Steinbruch für die vermehrt aufkommenden Steinbauten in ihren Höfen benützt worden sein konnte, forschte ich vorerst nicht weiter. Erst als ich einige Jahre später mit Dipl.-Ing. Franz Kranzler, Professor an der HTL II in Linz, den Berg mit der Wünschelrute absuchte, orteten wir beide auf der ziemlich ebenen Gipfelfläche ein Rechteck von etwa neun Metern Länge und sechs Metern Breite und entlang der erwähnten Steinreihen einen den Rand der Anlage umfassenden Mauerzug. Aber Bodenuntersuchungen erbrachten wiederum keinen Besiedlungsnachweis. Außer dem hatte die Flur keinen auf eine ehemalige Befestigung hinweisenden Namen, und weder dem Grundbesitzer noch den Bewohnern der näheren Umgebung war irgendeine dementsprechende Überlieferung bekannt. Endlich fand ich 1989 bei einer neuerlichen Überprüfung auf einem erst kurz vorher ausgeschobenen Waldweg unterhalb des Gipfelplateaus Bruchstücke von zwei verschieden großen, eindeutig aus der Romanik stammenden Tongefäßen. Bei einer genaueren Kontrolle wurden dann auch auf der Hochfläche drei Weine Kera mikscherben entdeckt. Im Laufe der nun gezielt angesetzten Grabungen konnten bis 1993 die jetzt im Burgmuseum Reichenstein ausgestellten Funde gesammelt und das Gelände mit den ehemaligen Baulichkeiten privat vermessen werden. Dabei haben
außer Professor Kranzler auch der Burgenforscher Konsulent Leo Mayböck aus Schwertberg und der Fachlehrer Wolfgang Stöger aus St. Leonhard bei Freistadt, dann der Heimatforscher Konsulent Otto Milfait aus Gallneukirchen, weiters Kon sulent Gunther Dressnandt, Sportredakteur aus Linz, und einige andere Freunde dankenswerterweise mitgeholfen. Eine besondere Anerkennung verdient der Grundbesitzer, Herr Franz Hofbauer, der nicht nur von Anfang an großes Verständ nis für die heimatkundlich wichtige Arbeit zeigte, sondern sogar aus eigenem Ent schluß und unentgeltlich im Burgareal einige Bäume fällte, um ein Erfassen der dort vermuteten Funde zu ermöglichen. Grabungsbericht Die Planskizze wurde sowohl nach den Mutungen mit der Wünschelrute und den anschließenden Vermessungen als auch nach den natürlichen Gegebenhei ten zum besseren Verständnis der nachfolgenden Angaben angefertigt, wobei die topographischen Umrisse der nächsten Umgebung nur dem Augenmaß entspre chen. In dem von der Wünschelrute „gemuteten" Geviert (A) lag an muldenförmi gen Stellen bis zu 60 cm hoch gelber, lehmiger Sand, vermischt mit einigen kleinen, meist nur faustgroßen, aber auch etlichen größeren Bruchsteinen. Mauerfunda mente waren jedoch nicht mehr vorhanden, und die Abstufungen und Flachstellen im Fels als die vermutbaren Bettungen - besonders an den Gebäudeecken - konnten auch natürlich sein. Die Ausbeute an Bodenfunden bestand lediglich aus einem Nagel, fünf ganz kleinen, vom Lehm gelb verfärbten Keramikscherben und einer größeren Menge von Holzkohlestücken am Rand der nordwestlichen Schmalseite. Dort lag auch ein kleines Mauerstück, dessen Steine noch original mit Lehm ver bunden waren, aber nicht mehr auf einem Fundament fußten - offensichtlich gehörte es einmal der Außenmauer an, von der es in den Innenraum gefallen war. Daneben befand sich ein rund 45 cm langer und bis zu 30 cm breiter Stein, der in seiner Längsrichtung einen 13 bis 15 cm breiten angerußten Streifen aufweist. Er war mit ziemlicher Sicherheit ein Teil des Rauchabzugkanals von der Feuerstelle des Wohngeschosses in den anschließenden Küchenschlot, wie sich eine derartige Ein richtung auch auf dem Strafenberg und dem Herzogreither Felsen bei der Rekon struktion erkennen ließ. Verblüffend und vorerst unerklärlich war nun aber die Fest stellung, daß es dort, wo die Wünschelrute Mauern angezeigt hatte, keine mehr gab. Daß sich das Gerät für radiästhetische Forschungen jedoch nicht „geirrt" hatte bzw. daß - den wirklichen Verhältnissen entsprechend - der strahlenfühlige Mensch einen ehemaligen, schon lange abgekommenen Mauerzug dennoch ver spüren kann, bewiesen die weiteren Grabungen außerhalb des angezeigten Recht eckes. Fast genau entlang dieser vorher durch Pflöcke fixierten Linien - und damit im ehemaligen Hofgelände - kamen nun die Gefäßscherben häufig (wenn auch in ungleicher Dichte verstreut) vor; die meisten lagen in einer Bodensenke (B) des
\ Planskizze \ . T-c. . V: , \ -- „1 -7 A N •> ' . ({O- ' \ ' / / /v,;vte i' f / ' ^7 \ ' i' f"\ ^' i ^ \ } ■ < : } ' : V })' -■ V A - Wohnhirm B - Hofbereich C - Küche D - Wehrmauer E - Vorhof F - Vorhof G - Zugang H - Pferdestall I - Burggraben \-r , V' > /7scTi- / r' < } / I '^^• " "1 \ \ v \
Der angerußte Stein, nordwestlichen Hofbereiches. Aber auch am nordostseitigen Steilhang zur Waldaist wurden in einer großen Schutthalde von abgestürzten Mauersteinen viele kerami sche Funde gemacht. Außer diesen konnten im Hof insgesamt eine Pfeilspitze, einundreißig Nägel, fünf Hufnägel, Reste von Gürtelschnallen, das Fragment eines Messers vom Ansatz der Klinge bis zu einem Teil der Griffangel, vier Eisenplättchen unbestimmbarer Form, zwei kleine Klumpen aus Blei (von einer braunen Masse überzogen) und zwei Rinderzähne geborgen werden. Über die Strahlungsursachen an den Stellen abgebrochener Mauern wird im Kapitel „Rekonstruktionsversuch" noch berichtet werden. An der nordwestlichen Schmalseite des Hauses mutete die Rute ein dort anschließendes quadratisches Gebäude (G) von rund vier Metern Seitenlänge, das gemäß der an anderen Burgstellen gemachten Erfahrung und den Funden nach nur die Küche gewesen sein konnte. Hier lagen nämlich über einem - leider nur mehr auf einer kleinen Fläche vorhandenen - geglätteten Lehmestrich eine große Menge Holzkohlestückchen (darunter auch solche von runden Reisigstäben) und fünf durch Feuer gehärtete Lehmbrocken, weiters ein noch verhältnismäßig gut erhalte ner Feuerstahl zum Feuerschlagen und ein in drei Teile zerbrochener rechteckiger Eisenrahmen mit einem an der Innenkante ausgebildeten Schlitz zur Befestigung eines Holzteiles, wie es bei einer mittelalterlichen Schaufel, dem Grabscheit, üblich war. Der 5 bis 6 cm breite Rahmen hatte ein Ausmaß von etwa 25 cm zu 35 cm. Außerdem wurden hier und wenige Meter entfernt davon einige deformierte Stücke von Kupferblechplättchen gefunden, deren größter, rund 10 cm langer und 7 cm breiter Teil ein viereckiges Loch vom Durchschlag eines handgeschmiedeten Nagels aufweist. Anschließend legte man, soweit es der Baumbewuchs zuließ, die Steinreihe des äußeren Mauerzuges (D) frei, dessen größtenteils wuchtige, fast zyklopische Felsbrocken mit Sicherheit schon wegen seiner Nähe vom ausgebrochenen Halsgra ben stammen. Das Gewinnen von Baumaterial aus dem gewachsenen Fels erfolgte in alter Zeit vermutlich mit Hilfe von Feuer und Wasser. Der vom Abraum freige-
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Grundfesten der Wehrmauer. legte Urboden wurde durch Holzfeuer stark erhitzt und dann mit Wasser „abge schreckt", was zur Ausbildung von Rissen führte. Durch Einsetzen von Hebelstan gen in den so geschaffenen „Gängen" wurde das weitere Ausbrechen ermöglicht. Zudem soll man in die Spalten Holzkeile gesteckt haben, die durch ständiges Benässen ihr Volumen vergrößerten und dadurch eine Sprengwirkung erzielten. Aller dings konnte man auch Eisenkeile verwendet haben, aber die dazu nötigen ausge stemmten Buchsen kommen nirgends vor. Als Bindemittel dürfte für die Trocken mauer nur lehmiger Sand verwendet worden sein, weil keine Kalkspuren zu finden waren. Und da wahrscheinlich die Wurzeln der Bäume manche Fundamentsteine im Laufe der Jahrhunderte aus ihrer ursprünglichen Lage gezwängt haben, kann man die einstige Mauerstärke nach einigen wenigen Anhaltspunkten auf 90 cm nur schätzen. Am nordöstlichen Steilabfall zur Alst ließ sich der Mauerverlauf lediglich an den ausgebrochenen Abstufungen des Felsens, den Mauerbettungen, feststellen, da hier fast sämtliche Steine fehlen. Die wenigen vorhandenen können auch von weiter oben nachgerutscht sein. Von kleinen Einsprängen abgesehen, bildete die gesamte Hofummauerung - der Bering - ein langgestrecktes, unregelmäßiges Sechseck. Nach der Erforschung des Kernwerkes wurden die beiden im Norden anschließenden, tiefer liegenden Vorhöfe (E und F) mit der einzigen sich für den Zugang anbietenden Stelle (G) mit der Rute gemutet. Es gab dort aber weder Boden funde noch sonst bemerkenswerte Entdeckungen. Nur auf dem ziemlich ebenen Platz unterhalb der Küche konnte ein Rechteck (H) von 4,20 m Länge und 3,20 m Breite verspürt werden, das erfahrungsgemäß der Grundriß eines Stalles (für ein Pferd) gewesen sein muß. Der Stall auf dem Strafenberg war jedoch etwas größer. Zuletzt wurde der Graben (I) untersucht und vermessen. Der muldenartige Ausbruch quer durch den Gipfelgrat hat an der ziemlich ebenen Sohle eine Länge von 22 m, an der höchsten Stelle der Seitenwände eine Breite von 11,50 m und eine Maximaltiefe von rund 4,50 m, wobei in der Mitte bis zu fast einem Meter hoch abgerutschter Mauerschutt liegt. Funde wurden dort bisher nicht gemacht.
Der einstige Weg vom befestigten Sitz zum Bauernhaus führte vom Tor im untersten Vorhof zuerst entlang der Westseite der Anlage und dann in dieser Rich tung weiter über den nach Süden abfallenden Spornrücken bis zum Waldrand und von dort - nach Osten umbiegend - fast waagrecht zum Hof, wie auch heute noch ein Wald- bzw. Feldweg verläuft. Als Zugang zum Strafenberg und zum Herzogrei ther Felsen kann in beiden Fällen nur ein Steig (schmaler Pfad) nachgewiesen wer den, der so steil war, daß ein Pferd unmöglich Reitdienste leisten konnte; ein Stall war aber auch dort vorhanden. Fundbericht Da es sich bei den hier vorgefundenen Kulturgegenständen allen Kriterien nach um die fast zeitgleiche Art wie die vom Strafenberg und dem Herzogreither Felsen oder auch aus der Burg Unterblasenstein handelt, darf auf die genauen Beschreibungen in den betreffenden Veröffentlichungen hingewiesen werden, um eine wörtliche Wiederholung zu vermeiden. Die Arbeit über die Holzburg auf dem Strafenberg wurde schon genannt, der Artikel über Blasenstein erschien 1979 im Jahrbuch des OÖ. Musealvereines für Landeskunde unter dem Titel: „... duo castra Plasenstein..." - Die zwei Burgen Blasenstein. Als Schlankgefäße werden hier jene Töpfe bezeichnet, deren Wand im Gegensatz zu den bauchigen Formen vom Fußteil aufwärts nur wenig ausweitet und an der nur gering eingezogenen Schulter eine abgesetzte Kante oder einen Grat bil det, wo in einer Reihe umlaufend fingertupfenartige Dellen oder mit einer Spachtel eingekerbte, meist ellipsenförmige, nach links oder rechts geneigte Vertiefungen zur Verzierung angebracht sind. Der weit ausladende, oft sehr lange Hals endet in einem zungenartigen oder kolbig verdickten, nur selten stärker profilierten Rand (Mund saum). Der Ton ist vorwiegend graphithältig, wobei der Graphit meist fein pulveri siert beigemengt wurde. Zum Unterschied von anderen Fundorten fehlen auf dem Rametstein - beim vorläufigen Abschluß der Grabungen - noch Messerklingen, Hufeisen und sonstige üblicherweise vorkommende Gegenstände aus Metall, dann Großgefäße und Fla schenkrüge zur Aufbewahrung von Öl, weiters Spinnwirtel als Nachweis für die ehemalige Anwesenheit von Frauen und die meist häufig anzutreffenden Knochen von Haus- und Wildtieren mit Ausnahme von zwei Rinderzähnen. Leider mußten bisher die Standplätze der immerhin noch vierzig schwachwüchsigen Bäume inner halb der Kernanlage ausgespart werden. Allerdings kamen im auffallend seichten Grund dazwischen nur wenig Funde vor. Aber es könnten doch unter den Baum scheiben besonders wichtige und vor allem zeitbestimmende Gegenstände wie Münzen oder Schmuck verborgen sein. So wurde 1974 auf den Gründen des Zwieselmaierhofes in der Gemeinde Pregarten von Kindern der sogenannte Meitschenhofer Schatzfund entdeckt; es war dies ein kleiner Topf mit mehr als 180 Silbermün zen aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Er lag genau am Rand eines ehemaligen Sit zes auf einem bewaldeten, leicht felsigen Hügel an der Feldaist - die Anlage wurde später mit der Wünschelrute geortet.
Fundtabelle I Gesamtheit der einzelnen Fundstücke 1. Keramische Funde (Bruchstücke vornehmlich der Ränder) a) Töpfe - schlank, graphithältig, Lippenrand schlank, graphithältig, gekehlter Rand bauchig, graphithältig, gekehlter Rand bauchig, graphithälhg, Krempenrand bauchig, ohne Graphit, gekehlter Rand bauchig, ohne Graphit, Krempenrand Teilsumme b) Vorratsgefäl?e c) Essigplutzer d) Dreibeingefäß e) Kleingefäße f) Lampenteller g) Flachdeckel Teilsumme graphithältig ohne Graphit graphithältig ohne Graphit ohne Graphit ohne Graphit h) dazu die Boden- und Wandstücke - graphithältig ohne Graphit verbrannte Stücke Teilsumme Gesamtsumme 2. Nichtkeramische Funde a) Gegenstände aus Eisen: Pfeilspitze Feuerstahl Messer (Fragment) Gürtelschnallen Eisenplättchen Nägel (Länge meist 7,3 cm) Hufnägel b) aus anderen Metallen: Klumpen aus Blei Kupferblech (Bruchstücke) c) Tierknochen (Rinderzähne) d) Holzkohle e) gebrannte Lehmklumpen Bruch Gewich stücke in kg 42 0,72 5 0,08 47 0,98 35 1,32 6 0,13 50 0,69 185 3,92 35 2,11 4 0,08 1 0,04 3 0,08 1 0,02 36 0,81 80 3,14 851 9,18 445 3,59 23 0,18 1.319 12,95 1.584 20,01 Stück- Gewicht zahl in kg
Fundtabelle II Anzahl der nachweisbaren keramischen Einzelexemplare 1. Töpfe 2. VorratsgefäfSe ■ 3. Essigplutzer 4. Dreibeingefäß • 5. Kleingefäße schlank, graphithältig, Lippenrand schlank, graphithältig, gekehlter Rand bauchig, graphithältig, gekehlter Rand bauchig, graphithältig, Krempenrand bauchig, ohne Graphit, gekehlter Rand bauchig, ohne Graphit, Krempenrand graphithältig (nur Bodenstücke) ohne Graphit (Tülle und Rand) graphithältig (nur ein Bein) ohne Graphit (kleine Töpfe) Teilsumme 59 6. Lampenteller 7 Flachdeckel - ohne Graphit (ein Wandstück) - ohne Graphit (Randleisten u. Platten) 1 5 Teilsumme 6 Gesamtsumme 65 Das Festlegen der Exemplarzahlen erfolgte bei den Töpfen nur nach den Rändern (den Mundsäumen), weil die Zuordnung der Wandscherben mit den Ver zierungen als ebenfalls gegebenen Unterscheidungsmerkmalen nur in den wenig sten Fällen eindeutig möglich ist. Das gleiche gilt für die signifikanten Bodenzeichen, so daß die Gesamtzahl der Gefäße wesentlich höher sein wird. Diese Annahme wird noch wahrscheinlicher durch den Umstand, daß von manchem Gefäß nur ein klei nes Stück des Randes oder eines anderen Körperteiles zu finden war. Es ist ja über haupt ungewiß, wieviel an solchen Plätzen vom gesamten einstigen Kulturgut zu erfassen ist, weil auf den hochgelegenen, felsigen und ausnahmslos bewaldeten Stel len in keinem Fall eine vollständige Bodenuntersuchung erfolgen kann und ein Teil der zerbrochenen Keramik im Laufe der Jahrhunderte weithin über die Abhänge verstreut wurde. Fundtabelle III Mündungsdurchmesser der Töpfe in Zentimetern schlank, graphithältig, Lippenrand: 13 /19,5 / 21 / 21 schlank, graphithältig, gekehlter Rand: 16,5 bauchig, graphithältig, gekehlter Rand: 13 / 20 / 24,5 / 26,5 bauchig, graphithältig, Krempenrand: 18,5 / 21 / 21 / 23 / 24,5 / 24,5 / 25 bauchig, ohne Graphit, gekehlter Rand: 16,5 117 I 19 bauchig, ohne Graphit, Krempenrand: 13,5 /14 /15 / 15,5 / 15,5 (H = 17,2) 16,5 / 16,5 / 17 / 17 / 19 / 19 / 21,5
Von den 53 nachweisbaren Exemplaren der Töpfe und Kleingefäße konnte nur bei 31 der Mündungsdurchmesser einigermaßen genau festgestellt werden. Bei den anderen Objekten waren entweder die nur vereinzelt vorgefundenen Fragmente zu kurz oder mehrere Stücke bildeten kein fortlaufendes Randstück. Außerdem ist bei Vermessungen eine Ungenauigkeit nicht auszuschließen, weil die Gefäße mei stens leicht verdrückt und die Mundsäume daher kaum exakt kreisrund sind. Fundtabelle IV Querschnittskizzen von den Rändern (Mundsäumen) der Töpfe '}}}•> so; 1. Reihe: Ränder von Schlankgefäßen und gekehlte Ränder bauchiger Töpfe 2. Reihe: Ränder von kleinen und mittelgroßen bauchigen Töpfen 3. Reihe: gekehlte Ränder bauchiger Töpfe 4. Reihe: Ränder von kleinen und mittelgroßen bauchigen Töpfen (1. und 2. Reihe: graphithältige Formen)
Fundtabelle V Verzierungen auf der Schulter und an der Wand der Töpfe (Anzahl der Bruchstücke) Verzierungsart graphit hältig ohne Graphit a) schräggestellte Schratten auf der Schulterkante 23 - b) Wellenlinie auf einer erhabenen Leiste - 5 c) Wellenband auf einer erhabenen Leiste 72 - d) umlaufende Rillen 30 - e) umlaufende Gurtfurchen 31 22 f) umlaufende Riefen oder Wulste - 13 156 40 Die ausnahmslos nach rechts gerichteten Schratten, Spachtelkerben oder rundlichen Spachteltupfen (Fingerdellen?) befinden sich nur auf der Schulterkante von Schlankgefäßen. Im Vergleich zum Fundmaterial von anderen Plätzen sind hier die abgesetzten Kanten etwas weniger scharf ausgebildet. Eine einzige Wellenlinie auf einer erhabenen Leiste fand sich auf den fünf Bruchstücken eines nichtgraphitierten Topfes. Hingegen gibt es Wellenbänder nur auf graphithältigem Material. Sie wurden mit vier-, sechs- und achtzinkigen Spachteln in unterschiedlich langen Wel len gezogen. Und während die gegenüber den breiteren Gurtfurchen feiner vertief ten Rillen nur auf graphithältiger Ware vorkommen, konnten Riefen oder Wulstbil dungen nur an graphitlosen Scherben festgestellt werden. Fundtabelle VI Bodenzeichen auf graphithältiger und graphitloser Keramik graphithältig: quadratisch, mit geraden Linien kreuz und quer unterteilt einfaches Radkreuz (nur teilweise erhalten) zwei Fragmente von undefinierbaren Mustern Teilsumme ohne Graphit: im Kreis eingeschlossenes Kruckenkreuz einfaches Radkreuz (ganz und teilweise erhalten) Fragmente von drei wahrscheinlichen Radkreuzen Fragment eines Kreises ohne Innenfigur Teilsumme Gesamtsumme der Bodenzeichen Die quadratischen oder rechteckigen Bodenzeichen kommen nach hier gemachter Erfahrung vorwiegend auf Schlankgefäßen vor. Die Radkreuze scheinen
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die letzten Formen zu sein und finden sich vereinzelt noch auf Gefäßen aus dem letz ten Drittel des 13. Jahrhunderts. Das zur Gänze erhaltene quadratische Bodenzei chen hat eine Seitenlänge von 5,7 cm und ist mit sieben geraden Linien (Gitterstä ben) längs-, aber nur mit fünf quergeteilt. Von den übrigen geradlinigen Zeichen gibt es nur unvollständige Bruchstücke. Während die Radkreuze auf den graphithältigen Scherben Durchmesser von 2,6 cm und 3,2 cm aufweisen, betragen diese bei den graphitlosen Exemplaren 3,2 cm, 3,8 cm und 4,0 cm und bei den Bodenzeichen mit den Kruckenkreuzen 3,4 cm und 3,6 cm. Da mit dem Ende der Kreuzzüge in der zweiten ffälfte des 13. Jahrhunderts eine wesentliche Stärkung der kirchlichen Macht und damit eine größere Einfluß nahme auf das Volk eintrat, könnte die fast plötzliche Ablöse der - vielleicht heidni schen - Bodenzeichen durch die Töpfermarken mit einem päpstlichen Verbot der ersteren zusammenhängen. Die Altersaussage der Keramik Die nächstgelegenen, ehemals aus Stein erbaut gewesenen Burgen sind die heutige Ruine Prandegg (rund drei Kilometer südwestlich des Rametsteines) in der Gemeinde Schönau, die völlig abgebrochene Burg Stampfegg (1433 „purkhstal Stampheckh") in der Mitte des Stampfentales und die ebenfalls abgekommene Burg Falbenstein an der Einmündung des Stampfenbaches in die Waldaist - die beiden letzten Objekte in der Gemeinde Gutau gelegen. Alle drei Eferrensitze besaßen einen Meierhof. Während nun die älteste Keramik aus Falbenstein kaum einen Unter schied zu den Fundstücken vom Rametstein aufweist, zeigt jene von Stampfegg - wenn auch äußerlich ziemlich gleichförmig - überwiegend einen härteren Brand. In Prandegg wurden aber meist nur jüngere Funde geborgen, obwohl es dort noch Reste von Quadermauern aus der Romanik gibt. Nach Georg Grüll kann ja das Gründungsdatum dieser Burg vermutlich mit Anfang des 13. Jahrhunderts ange nommen werden (Burgen und Schlösser im Mühlviertel, Wien 1962, S. 92). Aber auch von der fast 20 km aistabwärts gelegenen, aus der Zeit um 1180 stammenden Burg Reichenstein gibt es keine ebenso alten Funde. Vielleicht hängt das mit dem Umbau beider Burgen in der Frühgohk zusammen, wobei der frühere Abfall und Müll - also auch zerbrochene Keramikgegenstände - von der Baustelle und der nächsten Umgebung entfernt wurde, wie das ja auch wahrscheinlich bei den zeitwei lig vorgenommenen Säuberungen des Burgberges vom aufkommenden Bodenbe wuchs geschah. Eine starke Ähnlichkeit zeigen hingegen die Funde aus den ehemaligen Bur gen Unter-Blasenstein („Buckelwehlucka") in St. Thomas am Blasenstein (1150 genannt), Altaist (Silbermünze aus 1145), Hohenstein (heute St.-Ägidi-Kirche süd lich von Gallneukirchen, Silbermünzen aus 1160 und 1190) und Hussenstein in der Nähe der schon 1122 genannten Kirche St. Michael ob Oberrauchenödt an der Straße von Freistadt nach Sandl. Auffallend gleiche Mundsaumformen von Schlankgefäßen stammen vom Hausberg bei Pierbach (Ort 1090 genannt, Kirche 1150). Der aus Stein errichtet gewesene vermutliche Verwaltungssitz von Pierbach
lag rund einen Kilometer nördlich des Dorfes an der Großen Naarn. Hier wurde ein Ennser Pfennig aus der Zeit Leopolds VI. (1198-1230) gefunden. Außer anderen Bodenzeichen, wie sie sonst auch vorkommen, gibt es hier eines, das dem Kruckenkreuz vom Rametstein ähnelt, aber in den Ecken geschlossen scheint, so daß ein Kreuz im Quadrat entsteht. Der wesentlichste Unterschied besteht jedoch wieder in der viel härter gebrannten Grautonware. Aber auch im Fundgut anderer, schon früh abgekommener Burgen finden sich ähnliche, wenn nicht gleiche Formen. So in Wolfsbach bei Katsdorf, Amberg östlich von Altaist, Möstling in der Nähe von Neu markt bei Freistadt und im Hochhaus auf dem Buchberg bei Lasberg. Als Vergleichsmöglichkeit mögen die Randquerschnitte aus dem Fundgut von Unter-Blasenstein dienen (vgl. dazu Textabb. 2 in: Alfred Höllhuber, „...duo castra Plasenstein..." In: Jahrbuch des OÖ. Musealvereines, 124. Bd., 1. Abhandlun gen, Linz 1979, S. 95). Allerdings muß darauf verwiesen werden, daß der Querschnitt allein - ohne Kenntnis von der Konsistenz des Scherbens, der Brennhärte, der Farbe und sogar der Dicke des zu beurteilenden Stückes - nur bedingt aussagekräftig ist. Auch ein Foto der dortigen wichhgsten Exemplare ist wenig hilfreich. Am besten vergleichbar ist die Keramik vom Rametstein mit jener von den Holzburgen auf dem Strafenberg, dem Herzogreither Felsen und dem Nesselstein, wobei die Funde vom letzteren etwas jünger sein dürften. Natürlich birgt der Ver gleich von Fundgut und die daraus abgeleitete Zeit des Bestehens eines Objektes immer die Möglichkeit eines Irrtums in sich, weil in keinem Fall ein Gesamterfassen der Relikte sicher ist. Sehr schwierig ist es auch festzustellen, wie lange die gebräuchlichen Formen beibehalten wurden und ob Veränderungen gleichzeitig auf andere Regionen übergriffen, was ja beim Vorfinden von Handelsware einen großen Zeitunterschied ausmachen könnte. Bis jetzt gelang es nicht, unter den rund 200 ganz oder teilweise erhaltenen Bodenzeichen, die von den vorläufig untersuchten Burgen stammen und im Burg museum Reichenstein aufbewahrt werden, solche Exemplare von verschiedenen Fundplätzen zu finden, die mit Sicherheit aus der gleichen Hafnerwerkstatt stam men, so daß daraus eine annähernde Zeitgleichheit abgeleitet werden könnte. Als Unterlage für das zu erzeugende Gefäß wurde nämlich ein rundes, auf der Töpfer scheibe mit Tonklumpen fixiertes Brettchen verwendet, in dem der Hafner das jewei lige Zeichen eingekerbt hatte. Vor dem Brennen ließ man den Gegenstand so lange abtrocknen, bis der Ton lederhart war und das nun erhabene Bodenzeichen beim Aufstellen im Brennofen nicht mehr plattgedrückt werden konnte. Bei mehrfacher Verwendung desselben Brettchens entstand daher eine beliebige Anzahl von Gefä ßen mit völlig gleichen Zeichen. Nur das auf dem Rametstein zweimal vorkommende Kruckenkreuz (oder Krückenkreuz) fand man auch in Stampfegg, allerdings hier ohne kreisförmige Ein fassung und - wie in anderen Fundorten bei ebenfalls nicht umrandeten Zeichen - auf härter gebrannter Ware, also einer jüngeren Zeit angehörend. Desgleichen stammt von beiden Burgstellen das in der Fundtabelle VI als „Kreis ohne Innenfigur"
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angeführte Zeichen. Aber auch dieses befindet sich beim Fundstück aus Stampfegg auf härter gebrannter grauer Ware vermutlich aus der zweiten Hälfte des 13. Jahr hunderts; außerdem hat es einen etwas größeren Durchmesser. Das Radkreuz und die rasterartigen Formen gibt es auf dem aus der Romanik stammenden Fundgut fast aller untersuchten ehemaligen Burgen und Sitze, wenn auch jeweils in unter schiedlicher Größe und beim Gitter in verschiedensten Zusammenstellungen. So sehr nun die Rametsteiner Gefäßformen und die Bodenzeichen auf das Hochmittelalter weisen, dürften sie doch kaum weit in das 12. Jahrhundert zurück reichen. Darauf deuten auch die nur mehr schwach ausgebildeten Schulterkanten an den Schlankgefäßen. Außerdem läßt sich der Burggraben nicht der ältesten Burg bauperiode zuordnen, da ein solcher bei keiner einzigen anderen Holzburg anzutref fen ist. Mit den wenigen Fundstücken - von manchem Gefäß gibt es nur einen Scherben - kann auch eine Gesamtdauer der Besiedlung nicht bestimmt werden, weil ja außer der von den Gefäßen fehlenden Scherbenmasse ebenso die jüngsten wie die ältesten Relikte verschwunden sein können. (Von der Holzburg auf dem Strafenberg gibt es 4.129 keramische Bruchstücke, die von schätzungsweise fast 400 Einzelexemplaren stammen dürften.) Daher muß abschließend zugegeben werden, daß eine absolut sichere Datierung nicht möglich ist. Rekonstruktionsversuch Nachdem der Boden an allen möglichen Stellen nach den Kulturgütern abgesucht war, wurden die noch vorhandenen Grundfesten der Hofmauer und die von der Rute gemuteten Umrisse des Gebäudes und der anschließenden Küche völ lig freigelegt und vermessen. Da die vier Ecken des Wohnturmes (wegen der Dreige schossigkeit so bezeichnet - siehe weiter unten) an Felsausbrüchen und Abplattun gen zu erkennen waren, konnte nach mehrmaliger Kontrolle mit der Rute die Länge mit 9,90 m und die Breite mit 6,60 m festgestellt werden. Daß bei der Errichtung die rechten Winkel exakt eingehalten worden waren, bewiesen die gleichlangen Diago nalen. Für den Küchentrakt ergab sich aus den Mauerbettungen und den noch teil weise vorhandenen Grundfesten der an den beiden Außenecken anstoßenden Hofund Wehrmauern ein quadratischer Grundriß von 4,25 m Seitenlänge. Die Mauer stärken dürften bei allen Bauwerken rund 0,90 m betragen haben (im Plan mit Aus nahme der Küche strichliert dargestellt). Daß die Ausmaße des Wohnturmes - man könnte vielleicht auch Hochhaus dazu sagen, weil einige ehemalige Standorte solcher Anlagen Hausberg heißen und auch der Flurname „Hochhaus" überliefert ist - auf dem Strafenberg mit 8,30 m zu 6,30 m kleiner sind und sich nicht an das Verhältnis 3 ; 2 halten, wie es sonst auch an mehreren anderen Plätzen von hölzernen Sitzen beobachtet wurde, hängt mit den dort gegebenen Bodenverhältnissen auf den hohen Felsen zusammen. Weil aber der Mauerverlauf und der weitere Aufbau bei jenem „Musterbeispiel" zweifelsfrei durch die vielen Einstemmungen im Fels beweisbar sind, soll hier deren Beschreibung zum Vergleich mit den Mutungsergebnissen der Wünschelrute im wesentlichen wieder-
gegeben werden. In der schon genannten Veröffentlichung darüber heißt es (in kur zen Auszügen): „...So bestimmte der um 1275 verfaßte Schwabenspiegel, das schwäbische Land- und Lehenrechtbuch: ,...man mac wol bvwen (bauen) ane sin (des Landrichters) vrlop (Erlaubnis) drier gademe hob. mit holz oder mit stainen...' (F.L.A. Freiherr von Lassberg, Der Schwabenspiegel, Tübingen 1840, S. 68). Dabei ist zu beachten, daß das Untergeschoß der ,drei Gaden' aus Sicherheitsgründen nicht als Wohn-, sondern als Vorratsraum (anstatt eines in den Boden vertieften Kellers) benutzt wurde. - Schätzt man nun die Innenhöhe des steinernen Erdgeschosses auf etwa 2^2 m und die darüberliegenden hölzernen Stockwerke mitsamt der Decke auf je 3 m, so könnte die Turmwand von einem mittleren Fußniveau aus, weil der Unter grund meist uneben ist, 9 bis 10 m hoch gewesen sein. Und wenn es, wie bei späte ren mittelalterlichen fdochhäusern, in Dachbodenhöhe noch einen vorgekragten Wehrgang oder zumindest eine Schildwand gab, müßte man einschließlich des wahrscheinlich mit Schindelbrettern gedeckten Daches sicher noch 5 m bis zur First höhe dazurechnen. Zum Unterschied von den Palisaden waren die Holzwände des Turmes in der einfacheren und dennoch stabileren Blockbauweise oder Riegelwand konstruktion aufgeführt, was durch die ebene Krone des Unterbaues ermöglicht wurde..." Von diesen Erkenntnissen ausgehend, konnte nun auch die Anlage auf dem Rametstein rekonstruiert werden. Natürlich sind manche nicht mehr beweis bare, aber sich doch aus praktischer Überlegung ergebende Annahmen nur als Ver mutung zu bezeichnen. Der auf dem Hochplateau des Gipfels aufgeführte, verhältnismäßig große Bau besaß ziemlich sicher ein steinernes Untergeschoß von rund 0,90 m Mauer stärke und etwa 3 m Höhe; ein ebenerdiger Eingang in diesen Vorratsraum war an der nordöstlichen Ecke in der Nähe der Küchentür möglich, obwohl das Erdgeschoß ansonst aus Sicherheitsgründen meist nur vom ersten Stock aus zugänglich war. Darüber lagen zwei in Blockbauweise errichtete Stockwerke. Das erste diente als Wohnraum mit einer offenen Feuerstelle, deren Rauch mit Hilfe einer hölzernen Haube und dem im Grabungsbericht erwähnten Steinkanal in den anstoßenden Küchenschlot abzog. Wegen der auffallenden Größe von mehr als 9 m Länge und 6 m Breite könnte an der südöstlichen Schmalseite ein wärme- oder besser kälte dämmender kleiner Raum als Diele und Stiegenhaus für einen Aufgang in das näch ste Geschoß und einen Abstieg in den Vorratsraum abgeteilt gewesen sein. Die Stärke der Außenwand dürfte 25 bis 30 cm betragen haben, wie dies auf dem Stra fenberg mehrere Einstemmungen für waagrecht streichende Balken beweisen. Den bei solchen Anlagen überall im ersten Obergeschoß gelegenen Eingang in den Wohnbereich erreichte man hier über eine Holztreppe entlang der Wehrmauer. Im obersten Stockwerk lagen kleine Schlafkammern. Der hier behauptete Aufbau aus Holz läßt sich allerdings nicht beweisen und wird nur im Vergleich mit den anderen aus derselben Zeit stammenden Anlagen angenommen. Daß die Fenster damals sehr klein waren, läßt sich aus der minimalen Größe der Lichtöffnungen in einigen noch aus dem 15. Jahrhundert stammenden Bauern häusern dieser Gegend erahnen. So haben die vereinzelt schon zugemauerten Stu benfenster im ehemaligen Freibauerngut Geierschlag Nr. II (Gemeinde Liebenau
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