OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 1

Wenn Bajonette sprechen Die Nationalsozialisten fühlten sich nun als die neuen Herren. Es war der 15. März 1938. Drei Mann, beordert von der Staatspolizei Linz, standen mit aufge pflanztem Bajonett vor Pfarrer Michael Kirnbauer. Sie erklärten ihn für verhaftet. Im Vorhaus befanden sich ebenfalls drei weitere Mann mit Bajonetten zur Verstärkung. Das Verhör dauerte zwei Stunden. Die Pfarrkanzlei wurde durchsucht, Briefe und Diözesanblätter wurden beschlagnahmt. Die Suche nach belastendem Material ver lief ergebnislos. Nun drohte man, ihn mit Gewalt zu einem Geständnis zu zwingen. Weiters befahl man ihm, zivile Kleidung zu tragen. Kirnbauer lehnte dieses Ansin nen mutig ab: „Wie ich in meiner Amtskleidung in der Kanzlei und Kirche, so gehe ich auch nach Mauthausen. Ich brauche nichts zu fürchten."^^ Man beschloß, das Verhör in die Gemeindestube zu verlegen. Von dort wurde mit dem Gendarmerie posten telefoniert. Ein Lastauto sollte Kirnbauer umgehend nach Mauthausen zu weiteren Verhören bringen. Da erfuhr die Sache plötzlich eine überraschende Wen dung. Der Kommandant erbat die sofortige Freilassung, da gegen den Beschuldig ten nichts vorliege. Man hatte es offensichtlich auf seinen Vorgänger, Pfarrvikar Karl Stöckl, abgesehen, der auf einer sogenannten schwarzen Liste der Geheimen Staats polizei stand. Kirnbauer konnte unbehelligt in die Pfarrkanzlei zurückkehren." Der Tag der Volksabstimmung Der 10. April 1938 war ein Palmsonntag. Die vom Reichskommissar für die Wiedervereinigung, Gauleiter Josef Bürckel, inszenierte Kampagne sollte ein hun dertprozentiges Ja zu einem Anschluß an das Deutsche Reich bringen. Das Ergebnis brachte schließlich mehr als 99 Prozent Ja-Stimmen.^"* Die Nationalsozialisten mobilisierten die gesamte Bevölkerung, auch in Ried. Wahlzeit war von 7.30 Uhr bis 16 Uhr. Der Volksentscheid sollte geheim sein. Tatsächlich wurden die Stimmzettel im Gemeindeamt, das als Wahllokal diente, offen abgegeben. Im gegenüber liegenden Gasthaus Engelhardt befand sich freilich eine Wahlzelle, man wollte natürlich die Form wahren. Es war bereits kurz vor Wahlschluß, als Pfarrer Michael Kirnbauer im Wahl lokal eintraf. Kirnbauer war nicht bereit, den Shmmzettel offen abzugeben. Er ver langte, die Wahlzelle im Gasthaus Engelhardt benutzen zu dürfen und verließ das Gemeindeamt. Am Eingang zu besagtem Gasthaus verwehrten ihm Männer in SA-Uniformen den Eintritt. So mußte er letztendlich doch offen abshmmen." Die Beschlagnahme des Pfarrkindergartens Im Mai 1939 wurden Mut und Furchtlosigkeit Michael Kirnbauers erneut auf die Probe gestellt. Schon seit einigen Wochen munkelte man, daß der von den Chronik der Pfarre Ried in der Riedmark. " Chronik der Pfarre Ried in der Riedmark. " Harry Slapnicka, Oberösterreich, als es „Oberdonau" hieß, Linz 1978, S. 49. " Chronik der Pfarre Ried in der Riedmark.

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