Priester zwischen den Zeiten Von Ernst Gusenbauer Vom 4. November 1937 bis zum 1. August 1955 bekleidete Michael Kirn bauer das Amt eines Pfarrvikars in der Marktgemeinde Ried in der Riedmark. Es mag wie ein Zufall erscheinen, daß gerade diese Zeitspanne das vorläufige Ende, aber zugleich auch den Neubeginn des österreichischen Staates umfaßte. Außergewöhnliche Zeiten stellen oftmals die Persönlichkeit und den Cha rakter von Menschen auf eine schwierige Probe. Dies gewiß nicht nur im privaten Leben, sondern auch als Seelenhirte einer ihm anvertrauten Pfarrgemeinde. Festig keit und tiefer Glaube, Mut und unbeugsames Eintreten für Gerechtigkeit und Frei heit, tief empfundenes Mitleid und tatkräftige Hilfe für jene, die von den Wirren einer aus allen Fugen geratenen Zeit in den Abgrund gedrängt zu werden drohten, zeichneten das Wirken von Michael Kirnbauer in diesen Jahren nachhalhg aus. „... Es ist allezeit mein tiefer Glaube, daß das Priesteramt, welches ich durch meine Priesterweihe am 28. Juli des Jahres 1912 in Empfang nehmen durfte, ein Die nen am Menschen ist. Ihnen im Guten wie im Schlechten Beistand zu leisten, das ist fortan meine Pflicht. Dort aber, wo Unrecht und Unmenschlichkeit steht, heißt es sich zu bekennen, das ist mein Naturell ..." So beschreibt sich Michael Kirnbauer selbst in einem Brief an seinen Dechant im Jahre 1915. Er ist damals gerade Kooperator in der Pfarre Niederranna.^ Herkunft und Werdegang Am 1. Juli 1885 wurde den Eheleuten Michael Kirnbauer und Maria, gebo rene Stallinger, in Oberfreundorf Nr. 9, Gemeinde St. Marienkirchen an der Polsenz, ein Sohn geboren. Er wurde wie sein Vater auf den Namen Michael getauft.^ Schon von klein auf mußte er bei der Hofarbeit mithelfen. Eine zweite Leidenschaft neben seinem Priesterberuf entstand in dieser Zeit: die Ökonomie.^ So ließ er es sich auch während seines Wirkens in Ried in der Riedmark nicht nehmen, einen Großteil der Feldarbeit der zur Pfarre gehörenden Landwirtschaft selbst zu übernehmen. Am 8. Juli 1908 maturierte er am k. u. k. Staatsgymnasium in Linz mit Aus zeichnung. Einen Monat später erfolgte die Aufnahme in den Orden der Augustiner-Ghorherren in St. Florian. Nach vierjährigem Studium an der hauseigenen theo logischen Lehranstalt wird er am 28. August 1912 zum Priester geweiht. ' Mappe Kirnbauer, Sliftsarchiv St. Florian. ^ Pfarrmatrikelbuch der Pfarre St, Marienkirchen an der Polsenz, Matrikelnummer VII/275. ^ Mappe Kirnbauer, Stiftsarchiv St. Florian.
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