OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 1

Langhaus, dreijochiger Chor) mit vorge stelltem Westturm, seitlich daran ange fügte Turmnebenkapellen, einem ein schiffigen (ausladenden) Querschiff mit Eckkapellen als Erweiterungen und Chorumgang mit Kapellenkranz. Das Querschiff öffnet sich scheinbar fünfschiffig in den Chor. Die östlichen Ne benkapellen sind, dem Grundriß nach zu urteilen, durch ungünstig eingestellte, zweijochige Sakristeianbauten mit den darüber liegenden Musikemporen ver bunden. Der Kapellenkranz besteht aus einer zweischiffigen Achsialkapelle („Votivkapelle") mit separater FünfachtelApsis und je drei Nebenkapellen, die eine eigenartige Mixtur aus Radial- und Tangentialkapellen ergeben.Die Tangentialkapellen erwecken den Anschein einer „am Scheitel eingedrückten" Radi alkapelle. Man fühlt sich an die Grund rißgestalt der Liebfrauenkirche in Trier oder an die Chorkapellen der Mauritius kirche in Köln erinnert. Im Vergleich zu mittelalterlich-goti schen Choranlagen wirkt der Linzer Domchor jedenfalls ein wenig unorga nisch und - möglicherweise ungewollt - unregelmäßig. Vielleicht auch hier der Wille des Baumeisters, Altes in eine neue Form zu bringen. Willi Weyres jedenfalls spricht von der „romantischen Kompo nente" im Schaffen von Statz.^^ Eine of fensichtliche Differenz zwischen Plan und ausgeführtem Bau zeigt sich in der Turm Vorhalle: Weist der Plan noch zwei Stützen auf, ist sie beim vollendeten Bau völlig stützenlos. Das Außere Monumentales Kennzeichen des Linzer Domes ist sein 134,80 Meter ho her Turm.^® Er ist in sechs Geschosse auf geteilt. Die drei unteren haben einen quadratischen Grundriß: die Portalzone, optisch verbunden mit dem Rosenge schoß, und die darüber liegende Fenster zone mit Maßwerkfenstern und je einem Blendfenster zur Seite. Ab hier setzt sich der Turm oktogonal nach oben fort, die Strebepfeiler vermitteln vom Quadrat zum Oktogon. Dieses Geschoß enthält den Glockenstuhl und ist durch acht, fast wandfüllende Maßwerköffnungen gegliedert. Ahnliche Formen finden sich in der rheinischen Spätromanik" und Frühgotik.^" Eine Brüstung schließt den steinernen fielm ab, die Spitze ist, ent gegen der Abneigung des Baumeisters gegen „unwahre" Materialien, aus Guß- ' Die Altaraufstellung in den Kapellen erschwert diese Zuordnung. ' Weyres, Vincenz Statz, S. 114. ' Der Turm des Linzer Domes rangiert hinter Ulm, Köln, Straßburg, Hamburg, St. Nikolai, Rom und Wien an siebenter Stelle der höchsten Kirchenbauten; Gerüchte besagen, nur eine In tervention des Kaisers in Wien hätte verhindert, daß der Linzer Dom einen höheren Turm erhal ten hätte als der Wiener. Leider ist diese Vermu tung nicht belegt; es gibt nämlich tatsächlich Differenzen zwischen dem ausgeführten Bau und der Planung von Statz: Sämtliche Pläne weisen als Turmabschluß eine Kreuzblume auf, während beim ausgeführten Bau auf diese ver zichtet wurde. Statt dessen schmückt das (ur sprünglich ebenfalls vorgesehene) goldene Kreuz die Turmspitze. Eine Kombination von Kreuzblume und Turmkreuz hätte den Wiener Domturm um einige Meter überragt. Ebenso falsch wie populär ist die Meinung, der Turm sei in seiner Substanz geändert und im Rahmen einer Planänderung nachträglich erniedrigt worden. Sollte das Gerücht also auf wahren Be gebenheiten beruhen, liegt die Verkürzung des Turmes einzig im Verzicht auf die Kreuzblume. ' Turm des Bonner Münsters, Chor von St. Peter in Sinzig, St. Martin in Münstermaifeld. ' Bad Neuenahr-Ahrweiler, St. Laurentius, Turm.

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