OÖ. Heimatblätter 1994, 48. Jahrgang, Heft 1

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OBEROSTERREICHISCHE 48. Jahrgang Herausgegeben vom Institut für Volkskultur Christian Kratz Der Neue Dom zu Linz Hans Jörg Köstler Zur Geschichte der Bergbaue auf Eisenerz, Kohle und Bauxit in der Unterlaussa im Reichraminger Hintergebirge Kurt Cerwenka Der kalte Februar 1934 Ernst Gusenbauer Priester zwischen den Zeiten Otto Kampmüller Hans Weinzinger, der Pionier des Kajaksports in Osterreich. Ein Rückblick auf die Anfänge des Paddeins zwischen Linz und Ottensheim Die Donau. Oberösterreichische Landesausstellung Engelhartszell. 29. April bis 26. Oktober 1994 - Landesrat Dr. Josef Pühringer Ein längst vergessenes Heiligtum in der Pfarrkirche zu Wartberg an der Krems - Georg Wagenleitner Die Mayerhoferbergwarte auf alten Gorrespondenz-Karten - Hans Sperl Volkskultur aktuell Buchbesprechungen

Medieninhaber: Land Oberösterreich Herausgeber: Institut für Volkskultur Leiter: W. Hofrat Dr. Dietmar Assmann Zuschriften (Manuskripte, Besprechungsexem plare) und Bestellungen sind zu richten an den Schriftleiter der OÖ. Heimatblätter: Dr. Alexander Jalkotzy, Institut für Volkskultur, Spittelwiese 4, 4010 Linz, Tel. 0 73 2 / 77 20-56 43 Jahresabonnement (4 Hefte) S 190,- (inkl. 10% MwSt.) Hersteller: Druckerei Rudolf Trauner Ges.m.b.H., Köglstraße 14, 4020 Linz Grafische Gestaltung: Mag. art. Herwig Berger, Rosenstraße 14, 4040 Linz Für den Inhalt der einzelnen Beiträge zeichnet der jeweilige Verfasser verantwortlich Alle Rechte vorbehalten Für unverlangt eingesandte Manuskripte über nimmt die Schriftleitung keine Haftung ISBN 3-85393-067-0 Mitarbeiter: Kons. Kurt Cerwenka, Jägerzeile 6, 4210 Gallneukirchen Ernst Gusenbauer, 4312 Ried in der Riedmark 19 Kons. Otto Kampmüller, Mühlenweg 10, 4100 Ottensheim Dipl.-Ing. Dr. Hans Jörg Köstler, Grazer Straße 27, 8753 Fohnsdorf Christian Kratz, Hohenzollernstraße 90a, D-66117 Saarbrücken 1 Landesrat Dr. Josef Pühringer, Kärntnerstraße 12, 4010 Linz W. Hofrat Dr. Hans Sperl, Nikolaus-Otto-Straße 20, 4020 Linz Georg Wagenleitner, Penzendorf 65, 4552 Wartberg 00 KULTUR Titelblatt: Blick vom Freinberg auf Linz; Ausschnitt einer Federzeichnung von Herbert Friedl, Pregarten. In: Wolfgang Sperner, Linz. Portrait einer Stadt, OÖ. Landesverlag, 2. Aufl. 1973.

Der Neue Dom zu Linz Von Christian Kratz Am 29. April 1924, also vor genau 70 Jahren, fand die feierliche Weihe des Neuen Domes in Linz durch Bischof Dr. Johannes Maria Gföllner statt. Die ses Gotteshaus zählt zu den größten Kir chenneubauten des 19. Jahrhunderts. Die Bezeichnung „Neuer Dom" unter scheidet ihn von der seit der Gründung des Bistums Linz 1785 als Dom benutz ten Jesuitenkirche St. Ignatius, die bis heute „Alter Dom" genannt wird. 1909 wurden die Kathedralfunktionen vom „Alten Dom" auf den „Neuen Dom" übertragen. Die Baugeschichte dieses „Domes des 19. Jahrhunderts"' ist wegen der etwa gleichzeitig sich mit dem Bau beginn verbreitenden Fotografie bei spielhaft dokumentiert. Der entwerfende Architekt Vincenz Statz krönte mit die sem Bau in Linz sein Lebenswerk und setzte gleichzeitig einen Meilenstein in der Kunstgeschichte, des 19. Jahrhun derts. Bauherr imd Baumeister Der Wegbereiter des Domes - Franz Josef Rudigier Der Bau des Linzer Domes ist im we sentlichen ein Verdienst des zwischen 1853 und 1884 amtierenden Bischofs Franz Josef Rudigier und eng mit seiner Person verbunden. Bald nach seinem Amtsantritt trug er sich mit dem Gedan ken, ein Denkmal zu Ehren Mariens bauen zu lassen. Sehr zu fdilfe kam ihm dabei die Ver kündigung des Dogmas von der „Unbe fleckten Empfängnis Mariens" durch Papst Pius IX. am 8. Dezember 1854; im Linzer Dom sollte die überragende Ma rienverehrung Oberösterreichs doku mentiert werden. „Ein schöner und gro ßer Tempel ... soll in Linz erstehen ... und mit seinen hochragenden Türmen und seinem erhabenen Gottesdienste eine ... fortdauernde Lobpreisung dieses großen Geheimnisses werden."^ Etwa zeitgleich fand der Wettbewerb zum Bau einer Marien-Votivkirche in Wien statt, bei dem Statz den zweiten Platz belegte. Dessen Pläne empfahl der Wiener Kardinal Rauscher seinem Amts kollegen Rudigier, der am 15. April 1858 umgehend einen Auftrag an Statz er teilte. Interessant muten die Finanzierungs vorstellungen des Bischofs an: Er er laubte es nicht, einen Kostenvoranschlag zu erstellen, sondern beteiligte das ganze Volk an den Kosten. So gründete er 1858 eine Gesellschaft, die er „Diözesanverein zum Dombau in Linz" nannte. Der Mit gliedsbeitrag betrug zwölf Kreuzer pro Jahr und konnte im Falle des Austrittes oder bei Geldsorgen zurückverlangt werden. Aber gerade die kleinen Spen- ' Erika Doberer, Ein Dom des 19. Jahrhunderts, in: OÖ. Heimatblätter, 5. Jg. (1951), S. 200ff. ^ Zitiert nach Florian Oberchristi, Der MariaEmpfängnis-Dom in Linz a. d. D., Linz 1923, S. 3.

den (auch Sachspenden) des sehr reli giösen oberösterreichischen Volkes soll ten sich als eine sichere finanzielle Basis für die gesamte Bauzeit herausstellen. Der Baumeister des Domes - Vincenz Statz Vincenz Statz wurde am 9. April 1819 in Köln geboren. Schon früh er kannte er seine Neigung zum Hand werklichen und steuerte zielstrebig den Baumeisterberuf an. 1841 trat er in die von Dombaumeister Ernst Friedrich Zwirner (1802-1861) geleitete Kölner Dombauhütte ein und wurde 1845 Zwei ter Dombauwerkmeister. Immer öfter setzte ihn Zwirner zur Ausarbeitung schwieriger und Präzision erfordernder Pläne ein, vor allem im Bereich der Querhausfassaden des Kölner Domes. Bald verband ihn eine Freundschaft mit so bedeutenden Persönlichkeiten wie August Reichensperger,^ Eduard von Steinte" und dem Kölner Weihbi schof und Glasmaler Friedrich Baudri.' Schon in seinem Erstlingswerk, der Marienkapelle in Köln-Nippes aus dem Jahr 1847, folgt er den Vorstellungen Reichenspergers, keine Kopien mittelalterli cher Bauten anzufertigen, sondern daß gotische Form „im Sinne der ,Alten' wei terentwickelt werden"' solle. Darüber hinaus müsse die christliche Kunst „wahrhaftig'V das heißt, die Materialien authentisch, sein: Gewölbe sind aus Stein, nicht aus Holz zu fertigen, Stuck ebenso wie Eisen wurden abgelehnt. 1854 wurde Statz aus der Dombau hütte entlassen, weil seine Beschäftigung in der letzten Zeit - so Zwirner - mif vie len Unterbrechungen versehen war. Dennoch habe man sich in gutem Ein vernehmen getrennt, wie ein Empfeh lungsschreiben Zwirners beweist: Er „bekunde gerne, daß derselbe (Statz) sich hier ordentlich betragen und sich viele Geschicklichkeiten und Kunstfer tigkeiten in der gothischen Architektur erworben hat".' Neben zahlreichen Auf trägen erhielt er einen Ruf als Sachver ständiger der Diözese, sämtliche geplan ten Kirchenneubauten und -restaurationen zu überprüfen. Verständlicherweise hatte er an eigenen Plänen weit weniger auszusetzen als an solchen anderer Ar chitekten, und da das Verfahren für ei nen Bauherrn, einen zunächst abgelehn ten Plan nach allen Instanzen doch aus führen zu lassen, sehr lange dauerte, sprach es sich in den Pfarrgemeinden schnell herum, daß man günstiger und schneller baute, wenn man gleich Statz selbst den Auftrag erteilte. Tatsächlich aber hat er oft unangemessen herbe Kri tik angebracht, die seine Objektivität in Frage stellte.' Bis 1863 waren nach eigenen Anga ben etwa 125 Kirchen nach seinen Ent würfen entstanden; er war zu einem ge suchten Baumeister geworden. Dieser Qualifikation durch die Praxis verdankte ' Mitglied des Frankfurter Parlamentes und des preußischen Landtages. '' Bedeutender Maler und Professor für Histori enmalerei, maßgeblich beteiligt an der Ausma lung des Kölner Domchores; sein „Gralsritter bild" (1882, Neue Pinakothek, München) ent stand in Zusammenarbeit mit Statz. ^ „Der Kern der kirchlichen Restauration ... im Hinblick auf die Kunst" in: Willi Weyres, Vin cenz Statz, in: Rheinische Lebensbilder 6, Köln 1975, S. 97; dort auch genauere Informationen. ' Weyres, Vincenz Statz, S. 105. ' Weyres, Vincenz Statz, S. 105. ® Zitiert nach Weyres, Vincenz Statz, S. 102. ' Ein Beispiel ist sein „Verriß" der guten Pläne des Architekten Dieckhoff für die Kirche zu Berg heim/Sieg.

er auch schließlich die Ernennung zum Privatbaumeister durch König Wilhelm sowie den Titel eines königlichen Baura tes 1866, entsprechende Prüfungen hatte er nämlich nicht abgelegt. Seine Werke entstanden in der Mehrzahl im Erzbistum Köln, daneben aber vor allem in den Bistümern Mün ster, Paderborn und Trier. Für die künst lerische Qualität seiner Entwürfe spre chen darüber hinaus zahlreiche Wettbe werbe, an denen er meist recht erfolg reich abgeschnitten hat. So kam es auch zum Auftrag für den Linzer Dom. Sein Vertrag verlangte mehrmals im Jahr eine Visite zwecks Bauüberwachung; sein Kölner Mitarbeiter Otto Schirmer leitete die Linzer Dombauhütte. Der Linzer Dom sollte als sein Hauptwerk erst 25 Jahre nach seinem Tod (1898 in Köln) nach den Originalplänen fertiggestellt werden. Unter seinen berühmteren Bauten befinden sich die Wallfahrtskirche in Ke velaer am Niederrhein, die Mauritiuskir che in Köln und die leider kürzlich abge brochene Marienkirche in Aachen. Mit nach eigenem Bekunden mehr als 500 (!) Werken^" hat er ein immenses Werk hinterlassen. Neben den Kirchen neubauten sind vor allem seine Restau rationen zu nennen, die gerade heute nicht immer unumstritten sind,^^ aber auch eine ganze Reihe Profanbauten wie Schlösser, Krankenhäuser, Denkmäler und nicht zu vergessen: ganz normale Wohnhäuser. Die Dombaupläne von Vincenz Statz 1859 kamen elf von Statz entworfene Pläne in Linz an, die zum großen Teil von seinem Mitarbeiter Otto Schirmer gezeichnet worden waren. „1. Grundriß der Fundamente und der Krypta, H 117 cm, B 83 cm. 2. Haupt Grundriß. 3. Grundriß über den Dächern (linke Hälfte), Grundriß unter den Dächern (rechte Hälfte). Linz, Neuer Dom, vordere Ansicht, Heliographie, gez. .V Statz. Diözesanarchiv, Linz " Er scheint sämtliche Varianten, auch nicht aus geführter Entwürfe, mitgezählt zu haben. " Koblenz, Liebfrauenkirche: Trier, Paradieschen zwischen Dom und Liebfrauenkirche. Diese starke Beteiligung Schirmers am Linzer Dom-Projekt hat Bernhard Prokisch zu der These veranlaßt, die Einflüsse Schirmers am Dom seien größer als bisher vermutet. Beson ders während seiner Amtszeit als Dombaumei ster sei eine eigenmächtige Abänderung der Pläne möglich gewesen. Eine Vermutung, die - wenn überhaupt - nur sehr schwer zu widerle gen ist. Hierzu müßten Plan und ausgeführter Bau im Bereich des Langhauses, des Querschif fes und der oberen Turmpartien (diese Teile fal len in die Amtszeit Schirmers) detailliert unter sucht und gegenübergestellt werden.

4. Grundriß des Hauptdaches mit Turmgrundriß in drei Höhen. 5. Querdurchschnitt nach der Linie a—b gegen den Musikchor. 6. Querdurchschnitt nach der Linie e—f gegen den Altar. 7. Durchschnitt des Querschiffes gegen den Altar. 8. Ansicht des Querschiffes, Aufriß und Schnitt der Schauseite. 9. Vordere Ansicht, Aufriß der Haupt fassade, Nordseite mit Turm, mit einigen Varianten. 10. Seiten Ansicht, Aufriß der Westfas sade. 11. Turm Ansicht, als Ergänzung gedacht, H 300 cm, B 68 cm."^^ Darüber hinaus standen mir zwei von Statz nachsignierte Heliographien zur Verfügung, welche bei Schmidt nicht genannt wurden: einen Längendurch schnitt sowie eine Innenperspektive des Domes. Der Verbleib der Originale ist unklar. Bei dieser Innenperspektive be merkt man eine auffällig starke Verjün gung, die den Pfeilern fast ein ovales Aussehen verleiht, dem Raum allerdings noch mehr Tiefe gibt. Trotz des etwas er höhten Standpunktes wirken die Arka den gedrückter und niedriger als am ausgeführten Bau. Weitere kleinere Dif ferenzen zeigen sich im Bereich der Langhausarkaden (reichere Profilierung) und der Emporenbrüstung. Diese ein zige Zeichnung des Innenraumes zeigt wahrscheinlich eine frühe Vorstellung des Baumeisters vom Inneren des DoIm Diözesanarchiv in Linz existiert ein weiterer, bis jetzt unbekannter Plan von Vincenz Statz aus dem Jahr 1856, der zusammen mit den Unterlagen zum !i Linz, Neuer Dom, Innenperspektive, o.]., Heliogra phie, gez. V Statz. Dom aufbewahrt und als „Domgrund riß" bezeichnet wird. Daß es sich dabei keineswegs um einen Grundriß des Do mes handelt, wird sofort klar. Auch das Diese Angaben nach Justus Schmidt, Österr. Kunsttopographie, Bd. XXXVI: Die kirchlichen Denkmäler der Stadt Linz, Wien 1964, S. 77/78. Plan 9 und 10 lagen im September 1989 nur als (signierte) Heliographie (Lichtpause durch Son nenlicht) vor. Der „Haupt Grundriß" von 1859 ist seit einiger Zeit verschollen und existiert nur noch als Heliographie, Lichtpause und Umzeichnung von 1901.

% • / 4 • • I4-1 ♦ ♦ t +■ a|^; ' • " ' ' » ' 4 • • h 4 • • • • i- ' •■ «■• ■• • •■ +?/ \t+ Grundriß, gez. .V Statz, 1856. Diözesanarchiv, Linz Jahr 1856 verneint eine Zugehörigkeit zum Linzer Dom. Wie kommt nun die ser Plan nach Linz und - noch wichtiger - in den Rang eines Domgrundrisses? Die Auftragsvergabe zum Bau des Domes fand 1858 statt, insofern kann er nicht als Plan für Linz gedacht sein. Ha ben wir es womöglich mit einem Plan zu einer anderen Kirche zu tun, vielleicht sogar einer rheinischen, den der Baumei ster als Referenz nach Linz mitgenom men hat? Schließlich sind gewisse spezi fische Ubereinstimmungen nicht zu übersehen; Kapellenkranz, Querschiff, (in die Fassade integrierter) Westturm. Ein Lageplan des Domes, gezeichnet vom zweiten Linzer Dombaumeister Schirmer, zeigt die historische Bebauung auf dem für den Dom vorgesehenen Bauplatz. Die 14 Gebäude sollten vom Dombauverein erworben und abgebro chen werden. Einzig der Besitzer des südwestlichen Grundstücks wehrte sich anfangs energisch, bis das Bistum auch dieses Grundstück 1901 erwerben konnte. Aus diesem Grund ergibt sich die dezentrale Position des Domes auf dem Platz. Die Baugeschichte des Domes Die Baugeschichte des Linzer Do mes wird durch zwei, etwa zeitgleiche Ereignisse eingeläutet: der „Konkurs"^^ für den Bau der Wiener Vohvkirche und die Absicht Bischof Rudigiers, einen neuen, großen Dom in Linz erbauen zu lassen. Der Begeisterung des Wiener Kardinals Rauscher ist es wohl haupt sächlich zu verdanken, daß, wenn schon nicht in Wien, dann doch in Linz ein Werk nach den Plänen von Vincenz Statz entstehen sollte. Die Geschichte des Dombaues läßt sich in vier Perioden unterteilen: 1. Die Jahre von der Grundsteinlegung bis zur Vollendung der Voiivkapelle 1862—1869 Der erste Spatenstich wurde am 5. April 1862 durch Bischof Rudigier im Bereich der Votivkapelle vorgenommen. Am 1. Mai erfolgte die Grundsteinle gung. 1865 legte man bereits die Funda mente für den Turm. Krypta und Kapelle wurden 1869 eingeweiht. Der Abschluß des Kapellenraumes erfolgte durch eine provisorische Mauer. ' Bauausschreibung.

2. Die Errichtung des Chores Nach Fertigstellung der Votivkapelle setzte man die Arbeiten am Kapellen kranz bis zum Querschiff fort; die Eindeckung erfolgte 1882. Bis 1884 war der Hochchor vollendet. 1885 erfolgte eine zweite Weihe der fertigen Teile. 3. Der Turmhau Nach Vollendung des Chores ging man im Jahre 1886 sogleich an den Bau des knapp 135 Meter hohen Turmes. Es mögen wohl hauptsächlich statische Gründe für diese Bauabfolge gespro chen haben, doch unterschwellig wahr scheinlich die Angst, eine Verknappung der Geldmittel könnte zur Einstellung des Turmbaues führen. So beschloß das Dombaukomitee: „Der weite, leere Raum zwischen Turm und Presbyterium werde sicher einmal ausgebaut, auch wenn ungünstige Zeiten den Dombau vorübergehend zum Stillstand bringen sollten, wenn nur der Turm einmal steht."" 1901 war er fertiggestellt. 4. Der Bau des Langhauses und des Querschiffes Im Jahr 1903 begannen die Arbeiten am Langhaus und an den Turmkapellen. 1905 wurden die zwölf Rundpfeiler auf gestellt. Die Arbeiten gingen sehr rasch voran, so daß 1912 die Hochschiffwand und die Ansätze des Querschiffes na hezu vollendet waren. 1913/14 erfolgte die Mauerung der Gurtbögen und die Einwölbung des Langhauses. Bis 1915 wurde der linke Querschiffarm fertigge stellt, die Fertigstellung des rechten dau erte bis fast ans Ende der Bauzeit an. 1921 wurden noch fehlende Fenstermaß werke versetzt und bis zur Domweihe 1924 Fenster und Innenausstattung ein gefügt. Die Architektxu: des Domes Der Grundriß Zugeständnisse an den Bauplatz ver langten eine Orientierung des Domes von Norden nach Süden; Der Turm steht also im Norden. Im übrigen zeigt der Grundriß eine groß dimensionierte, regelmäßige Anlage: es handelt sich um einen dreischiffigen Bau (sechsjochiges »"« . ■4 -t ^ • • • • -fr ; j ♦—T ' • • ' • », ■ * * ' ' * KfMfr • • ' • • * y-fr f ^ .fr fr . I 4'-t «fr # . + '-r • • r "t I "4 • • I" 4 * . fr 4 . • fr ' t. .rrr-.J Linz, Neuer Dom, Haupt Grundriß, 1859, Ilm zeichnung von 1901. Diözesanarchiv, Linz Beschluß des Dombaukomitees, zitiert nach Oberchristi, 1923, S. 15.

Langhaus, dreijochiger Chor) mit vorge stelltem Westturm, seitlich daran ange fügte Turmnebenkapellen, einem ein schiffigen (ausladenden) Querschiff mit Eckkapellen als Erweiterungen und Chorumgang mit Kapellenkranz. Das Querschiff öffnet sich scheinbar fünfschiffig in den Chor. Die östlichen Ne benkapellen sind, dem Grundriß nach zu urteilen, durch ungünstig eingestellte, zweijochige Sakristeianbauten mit den darüber liegenden Musikemporen ver bunden. Der Kapellenkranz besteht aus einer zweischiffigen Achsialkapelle („Votivkapelle") mit separater FünfachtelApsis und je drei Nebenkapellen, die eine eigenartige Mixtur aus Radial- und Tangentialkapellen ergeben.Die Tangentialkapellen erwecken den Anschein einer „am Scheitel eingedrückten" Radi alkapelle. Man fühlt sich an die Grund rißgestalt der Liebfrauenkirche in Trier oder an die Chorkapellen der Mauritius kirche in Köln erinnert. Im Vergleich zu mittelalterlich-goti schen Choranlagen wirkt der Linzer Domchor jedenfalls ein wenig unorga nisch und - möglicherweise ungewollt - unregelmäßig. Vielleicht auch hier der Wille des Baumeisters, Altes in eine neue Form zu bringen. Willi Weyres jedenfalls spricht von der „romantischen Kompo nente" im Schaffen von Statz.^^ Eine of fensichtliche Differenz zwischen Plan und ausgeführtem Bau zeigt sich in der Turm Vorhalle: Weist der Plan noch zwei Stützen auf, ist sie beim vollendeten Bau völlig stützenlos. Das Außere Monumentales Kennzeichen des Linzer Domes ist sein 134,80 Meter ho her Turm.^® Er ist in sechs Geschosse auf geteilt. Die drei unteren haben einen quadratischen Grundriß: die Portalzone, optisch verbunden mit dem Rosenge schoß, und die darüber liegende Fenster zone mit Maßwerkfenstern und je einem Blendfenster zur Seite. Ab hier setzt sich der Turm oktogonal nach oben fort, die Strebepfeiler vermitteln vom Quadrat zum Oktogon. Dieses Geschoß enthält den Glockenstuhl und ist durch acht, fast wandfüllende Maßwerköffnungen gegliedert. Ahnliche Formen finden sich in der rheinischen Spätromanik" und Frühgotik.^" Eine Brüstung schließt den steinernen fielm ab, die Spitze ist, ent gegen der Abneigung des Baumeisters gegen „unwahre" Materialien, aus Guß- ' Die Altaraufstellung in den Kapellen erschwert diese Zuordnung. ' Weyres, Vincenz Statz, S. 114. ' Der Turm des Linzer Domes rangiert hinter Ulm, Köln, Straßburg, Hamburg, St. Nikolai, Rom und Wien an siebenter Stelle der höchsten Kirchenbauten; Gerüchte besagen, nur eine In tervention des Kaisers in Wien hätte verhindert, daß der Linzer Dom einen höheren Turm erhal ten hätte als der Wiener. Leider ist diese Vermu tung nicht belegt; es gibt nämlich tatsächlich Differenzen zwischen dem ausgeführten Bau und der Planung von Statz: Sämtliche Pläne weisen als Turmabschluß eine Kreuzblume auf, während beim ausgeführten Bau auf diese ver zichtet wurde. Statt dessen schmückt das (ur sprünglich ebenfalls vorgesehene) goldene Kreuz die Turmspitze. Eine Kombination von Kreuzblume und Turmkreuz hätte den Wiener Domturm um einige Meter überragt. Ebenso falsch wie populär ist die Meinung, der Turm sei in seiner Substanz geändert und im Rahmen einer Planänderung nachträglich erniedrigt worden. Sollte das Gerücht also auf wahren Be gebenheiten beruhen, liegt die Verkürzung des Turmes einzig im Verzicht auf die Kreuzblume. ' Turm des Bonner Münsters, Chor von St. Peter in Sinzig, St. Martin in Münstermaifeld. ' Bad Neuenahr-Ahrweiler, St. Laurentius, Turm.

i . eisen gefertigt. Statt einer Kreuzblume trägt der Turm ein goldenes Kreuz als Abschluß. Einen Vergleichsbau für den Linzer Domturm zu finden, ist schwierig. Idans Vogts zieht Parallelen zu Wien.^^ Echte Vergleiche lassen sich meines Erachtens nur im bisherigen Werk von Statz ent decken, besonders aber im Turm von St. Mauritius in Köln. Dieser Turm folgt den gleichen Prinzipien: quadratische Untergeschosse, Uberleitung vermittels der Strebepfeiler zum Oktogon, oktogonales Glockengeschoß, steinerner Helm mit Galerie um den Fuß.^^ An den Turm sind links und rechts Turmnebenkapellen mit kleinen Lau ben" angefügt. Nach Süden schließt sich das dreischiffige, basilikale Langhaus an. Die Vierung trägt den kupfernen Dach reiter. Das Querhaus ist weit ausladend und, wie man im Grundriß erkennen konnte, an der Nordseite durch zusätzli che Kapellen bestückt, die die gleiche Höhe wie die Seitenschiffe haben. Nach Süden hin finden sich ähnliche Kapellen, die aber jeweils in einen Sakristeianbau führen, welcher schließlich in den Kapel- |SH|H^HH||E Altenberg hei Köln, Zisterzienserahteikirche, Gesamtansicht Tjon Nordwesten. Foto: Kratz lenkranz mündet. Dieser zeigt, trotz sei ner bereits bei Betrachtung des Grund risses angesprochenen Unregelmäßig keiten, in mancher Hinsicht eine starke Verwandtschaft zu mittelalterlichen Bau ten. Ich spreche insbesondere von den auffälligen Walmdächern der Kranzka pellen: Sie sind beispielsweise in Köln genauso zu finden wie in Prag oder am Chor der ehemaligen Zisterzienserabtei kirche in Altenberg bei Köln. Aber ge rade dieser letztgenannte Bau scheint mir in besonderer Weise beeinflussend gewesen zu sein. Dies verwundert nicht, denn Statz hat in Altenberg gearbeitet, Restaurierungen durchgeführt und die Kirche demnach gut gekannt. Obschon er für die Kathedralkirche eine reichere Ornamenherung wählt als die des Zi- „Die untere Entwicklung ist dem Wiener Ste phansdom nachgebildet, allerdings mit wesent licher Vereinfachung und größerer Straffheit.", in: Hans Vogts, Vincenz Statz, Mönchenglad bach i960, S. 45. ■ Diese Turmgestaltung ist sehr weit verbreitet, in ähnlicher Formensprache aber besonders an weiteren Statz-Bauten zu finden. Die linke Kapelle ist heute Eingang.

fW myL Will sterzienserbaues, liegt beiden Bauten dasselbe Stilgefühl zugrunded^ Die Ost anlage des Linzer Domes ist meines Er achtens eine verfeinerte und verzierte Variante derjenigen von Altenberg. Der Innenraum Der Innenraum erschließt sich dem Betrachter heute erst über einen Umweg durch das linke Seitenschiff. Doch dann bietet sich ihm ein Raumeindruck, der in seinen Dimensionen denen französi scher Kathedralen nahekommt: äußere Länge 130 Meter, innere Länge 124 Me ter,^' Breite des Langhauses 27,50 Meter (davon Mittelschiff 13,50 m, Seiten schiffe jeweils 7 m). Breite des Querschif fes 60 Meter, Höhe des Mittelschiffes 30,50 Meter. Tatsächlich aber rücken ihn nur seine Größenverhältnisse in die Nähe der großen Kathedralen, nicht aber seine Formen. Die schon an der äußeren Choranlage nachgewiesenen Parallelen zu Altenberg setzen sich im Innenraum fort. Beherrschend sind die runden Pfei ler, die in Linz ganz aus geschliffenem Granit gemauert sind und demnach eine " Unverständlich ist mir in diesem Zusammen hang die Kritik Schmidts an der Dachform des Linzer Domes, er sei im „Äußeren besonders durch seine ungünstige Dachform beeinträch tigt" (Linzer Kunstchronik, S. 124). Ebenso kriti siert man die zu flache Dachneigung in Alten berg. Gerade dieser Mangel scheint mir in Linz behoben. Der Linzer Dom ist innen somit fünf Meter län ger als der Kölner Dom.

grob strukturierte Oberfläche haben.^' Die profilierten, hohen Arkaden ruhen auf gedrungenen Kelchkapitellen, die in Altenberg nur im Chor als Blattkapitelle ausgearbeitet sind, während sie in Linz bereits im Mittelschiff als solche auftre ten. Eigenartig und deutlich von Alten berg verschieden ist das Blendtriforium mit den schlitzartigen Offnungen zum Dachstuhl hin. Unschön ist die steinerne Brüstung, die erst später und nicht nach der Planung von Statz ausgeführt wurde. Ein Eindruck der wahrscheinlich ursprünglich vorgesehenen Brüstung bietet sich am Außenbau: Statz hat dort im Bereich der Seitenschiffdächer eine Brüstung in ähnlichen Formen ange bracht. Alienberg hei Köln, Zisterzienserahteikirche, Inneres nach Osten. Foto: Kratz Den Vergleich mit Altenberg möchte ich mit einem Längsschnitt abschließen. Beinahe identisch sind nämlich die Fen ster: Sie sind stets vierbahnig; das Maß werk hat frühgotische Formen: Sechs pässe in Kombination mit Drei- und Vierpässen.^^ Bei all diesen Übereinstimmungen darf man jedoch nicht vergessen, daß die Abteikirche in Altenberg in ihren Aus maßen erheblich kleiner ist als der Linzer Dom. Ist der Linzer Dom möglicher weise deshalb eine auf annähernd das doppelte vergrößerte und reichhaltiger ornamentierte Altenberger Abteikirche? Ich glaube, Statz hat eine gewisse Vorliebe für diesen Bau oder - besser - seinen Stil entwickelt, die in vielen seiner Bauten mehr oder weniger durchscheint. Die einfache Altenberger Kelchkapitell form (diejenige des Langhauses) ist bei spielsweise an zahlreichen weiteren Statz-Bauten zu finden. Seine Abnei gung gegen die „Überladungen und Übertreibungen der sogenannten Spät gotik"^® drückt sich in einer - teilweise fast karg wirkenden - fiinwendung zu frühgotischen Formen aus. Diese For mensprache findet er in dem von mir so ausführlich zitierten Zisterzienserbau. Es ist denn auch gerade das Außergewöhn liche am Linzer Dom, daß er die AusBischof Rudigier hat bei Auftragserteilung an geordnet, daß der ganze Dom aus dauerhaftem Material zu bauen sei. Da Granit als Baumate rial sehr teuer war, hat man seine Verwendung auf die besonders belasteten Teile beschränkt. Man erkennt das an den unterschiedlichen Oberflächen des gänzlich unverputzten Rau mes. " Ausnahme sind die Chorfenster der Seiten schiffe und die Querschiffenster in Altenberg. Florian Oberchristi, Der Linzer Dom, 2. Aufl., Linz 1948, S. 10.

maße der größten Kathedralen mit dem schlichten Formenapparat einer Zister zienserabteikirche vereinigt. Darüber hinaus hat Statz am Linzer Dom eine Menge interessanter Einzel heiten verwirklicht, die diesen Bau ein zigartig machen. Es sind dies vor allem die sogenannten Musikemporen, die sich über den Sakristeianbauten befin den und auf der Länge von zwei Chorjo chen den Kapellenkranz einnehmen. Der verbleibende Umgang um den Chor wird von Statz in seinem Plan „Chor weg" genannt. Diese Emporen scheinen mit den Chorumgangsarkaden eine Ein heit zu bilden, da die den Emporen eige nen dünnen Säulen mit den Stützen des Chorumganges abwechseln und sie (die Emporen) so zwischen diese fest einge bunden sind. Die bei Betrachtung des Grundrisses fast störend wirkenden Em poren sind jedenfalls sehr geschickt in den Chor integriert und stören den Raumeindruck keineswegs. Der Archi tektur nach handelt es sich um eine ge wölbte Vorhalle, die sich in spitzbogigen Arkaden zum Chorumgang und mit den Schmalseiten zum Kapellenkranz hin öffnet. Der Gedanke, die Musik im Got tesdienst in den Chorraum zu plazie ren,^' mag wohl liturgisch und auch künstlerisch reizvoll sein, als Ort der Kir chenmusik hat er sich in Linz jedoch nicht bewährt. Eine für eine Kathedral kirche viel zu kleine Orgel steht einem viel zu geringen Platz für Kirchenchor und Orchester gegenüber. Die akusti schen Möglichkeiten einer im Chorum gang buchstäblich versteckten Orgel sind dementsprechend schlecht. So war die Anschaffung einer neuen großen Or gel, die auch für Konzerte benutzt wer den konnte, nur eine Frage der Zeit. Sie wurde, wie üblicherweise die meisten Orgeln, an der Westempore unterge bracht und verdeckt leider den Blick in das architektonisch aufwendig gestaltete Turmgeschoß und auf das Musikfenster an der Nordseite des Turmes. Von Vogts als „eigentliches Kleinod der Kathedrale"^" bezeichnet, stellt die Votivkapelle architektonisch eine Beson derheit dar. Ihrer besonderen Bedeutung als Marienkapelle in einem Mariendom kommt ihre exponierte Anordnung als Achsialkapelle wie auch ihre Zweischiffigkeit als bauliche Extravaganz entge gen.-" Das zweijochige „Langhaus" der Votivkapelle wird durch eine kompli zierte, aber organisch wirkende Gewöl beführung sozusagen zur Apsis zusam mengezogen. Der Raumeindruck mit der achsial stehenden Stütze entspricht - ins Kleine projiziert - dem spätgotischer Hallenkirchen, wie beispielsweise der Spitalkirche in Landshut bzw. der Franziskanerkirche in Salzburg; gewiß ist auch ein Hinweis auf die sogenannten „Lady Chapels" englischer Kathedralen an dieser Stelle angebracht, die in der Regel sogar an der gleichen Stelle pla ziert sind. Eine subjektiv spätere Gewölbefiguration zeigt sich zudem im Chorum gang. Gegeneinandergestellte RippenAuf der linken Seite steht die Orgel, auf der rechten Seite ist der Platz für den Chor. Vogts, S. 45. Zahlreich vertreten ist die Zweischiffigkeit vor allem in der Klosterbaukunst, beispielsweise in Refektorien oder Kapitelsälen. Aber es gibt auch eine Reihe zweischiffiger Großbauten, dar unter die Jesuitenkirche in Trier, die, ursprüng lich zweischiffig, erst im Barock zur dreischiffigen Kirche erweitert wurde. Erhalten in ihrer Zweischiffigkeit ist die Jakobinerkirche in Tou louse.

dreistrahle ergeben eine bizarre Gewöl beformation, die dem Streben nach komplizierter Form im Chorbereich ent spricht. Das Querschiff wiederum verbindet in sich Formen der frühen Gotik mit sol chen der kathedralen Hochgotik. So er klären sich die auf unterschiedlicher Höhe liegenden Kapitelle der Gewölbe ansätze als eine frühe Reminiszenz, wäh rend das Vierungsgewölbe sein Pendant in Amiens findet. Bevor ich die Betrachtung der Archi tektur des Innenraumes mit der Krypta abschließe, möchte ich noch ein interes santes und, wie ich glaube, einzigartiges Detail erwähnen. Ich spreche von der seltsamen Form der Vierungspfeiler. Sie erschließt sich dem Betrachter sehr schwer und kommt wie folgt zustande; Der Schaft des Pfeilers wird in der ge samten Höhe in drei gleiche Teile geteilt. Zwischen diese Drittel-Säulen werden Dreiviertel-Dienste auf breite, gekehlte Profile gesetzt, die sich in der gedachten Mitte des Pfeilers treffen. Die Krypta nimmt den gesamten Raum unter dem Kapellenkranz ein. Sie demonstriert eine Verbindung aus volu minösen Mauermassen mit der Weiträu migkeit eines gotischen Baues. Breit an gelegte Wege führen von rechts und links kommend in den Kapellenraum, der in seiner Anlage der Votivkapelle entspricht. Der Linzer Dom stellt in seiner Ge samtheit eine Synthese verschiedener in teressanter Einzelheiten dar. Aber nur seinen Formenapparat entlehnt der Bau meister vergangener Epochen. Die Ver wendung und Kombination von „Moti ven" sei „unter der Bedingung erlaubt, daß sie in einem logischen, organischen Zusammenhang verwendet wurden".^^ Ausstattung und Fenster Die Ausstattung Die Ausstattung des Domes ist zum großen Teil aus der Erbauungszeit erhal ten. Besonders bedeutsam ist unter an derem das prächtige Altar-Ziborium, welches gerade in hochrangigen Bauten dieser Zeit Verbreitung gefunden hat. Es handelt sich um einen vierseitig geöffne ten, freistehenden Altarbaldachin, der mit Szenen aus dem Leben Jesu bemalt ist. Darüber, auf einem turmartigen Ge bilde, die Immaculata. Ein ähnliches Werk befindet sich in der Wiener Votivkirche; des weiteren findet sich auch un ter den Entwürfen zur Ausstattung des Kölner Domes ein Entwurf für ein Zibo rium von August Rincklake. Diese Art Ziborium ist im Mittelalter besonders in Italien verbreitet und tritt dort schon ge gen Ende des 13. Jahrhunderts in ähnli chen Formen auf. Die Würde des Bauwerkes unter streichen weiterhin die aufwendigen Mosaiken im Bereich der Votivkapelle. Die Fenster Das scheinbar mittelalterliche Er scheinungsbild des Innenraumes wird in ganz besonderer Weise durch die fast ausnahmslos erhaltene Original-Glas malerei beshmmt. Eine detaillierte Be sprechung der Glasfenster würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, nicht zuletzt, weil der Rang des Domes in er ster Hinsicht durch seine Architektur ausgemacht wird. Die Verglasung ist farbenprächtig und stimmungsvoll und zeigt unter an- ' Weyres, Vincenz Statz, S. 114.

derem die Geschichte des Domes in Ein zeldarstellungen. Besonders für histo risch interessierte Heimatforscher stellen sie ein wichtiges Hilfsmittel dar, denn zahlreiche prominente Linzer und Ober österreicher des vergangenen Jahrhun derts standen in irgendeiner Weise mit dem Dom in Verbindung und sind in seinen Glasfenstern dargestellt. Dies rührt zum Teil daher, daß sie frei finan ziert bzw. gestiftet wurden und die Geld geber selbstverständlich in „ihren" Fen stern abgebildet wurden. In der Votivkapelle ist die Planüber gabe abgebildet: Vincenz Statz über reicht zusammen mit Otto Schirmer den Plan. Beide knien. Ihnen gegenüber steht Bischof Rudigier und betrachtet betend eine Darstellung des vollendeten Do mes. Auch der wichtige Akt der Grund steinlegung ist als Glasgemälde festge halten: Vincenz Statz schlägt mit einem Hammer den Grundstein in den Boden, hinter ihm kniet Bischof Rudigier und betet. Zu den „Jerusalem-Fenstern"'^ befin den sich im Diözesanarchiv Montagen mit Original-Landschaftsaufnahmen aus Jerusalem und Personenfotos der betei ligten Pilger. Die Personen konnten so originalgetreu nach dieser Vorlage in die authentische Landschaft gemalt werden. Auch die eng mit dem Dom verbundene Person Anton Bruckners findet sich in der Glasmalerei wieder: Als Domorga nist des Alten Domes und Komponist mehrerer Musikwerke, die in Verbin dung mit dem Dom stehen, ist er zusam men mit Ludwig van Beethoven abgebil det, der allerdings Bruckner nie persön lich kennengelernt und sich auch nur ei nige wenige Male in Linz aufgehalten hat. Künstlerisch bedeutsam ist die in den Fenstern dargestellte Architektur malerei: Sie zeigt Anklänge an die Chor schrankenmalerei des Kölner Domes. Der Linzer Dom in der Kritik Der österreichische Dichter und Kul turrezensent der Linzer Zeitung, Adal bert Stifter, schreibt 1859 anläßlich der Ausstellung der Statz-Pläne in Linz: „Obgleich dem Beschauer aus diesen Blättern das Reiche, Großartige und, wir möchten sagen. Prachtvolle der Anlage dieser Räume entgegentritt, obwohl aus der perspekhvischen Zeichnung zu ver muten ist, daß die Kirche nicht nur das schönste Bauwerk in Oberösterreich sein wird, sondern auch zu den schön sten Bauwerken, welche die neue Zeit hervorgebracht hat, wird gezählt werden müssen, so reicht doch ein bloßes Be schauen eines solchen Planes nicht hin."'^ Gleichzeitig äußert er Kritik an ver schiedenen Details und hofft auf Abän derung, wozu jedoch sein Einfluß bei weitem nicht ausreichte. „Man ist im In neren gotischer Kirchen nicht runde Granitsäulen, sondern häufig die Bün delsäulen gewohnt." Ebenso schienen ihm die Fenster „zu wenig hoch und im Verhältnis der Breite zur Höhe ein wenig gedrücktes Aussehen zu bieten". Dies schien sich ihm besonders „bei Betrach tung der Längendransicht aufzuzeigen. " 1900, 1906 und 1910 fanden große Diözesanwallfahrten nach Jerusalem statt. Die „Jerusa lemfenster" stellen eine künstlerische Moment aufnahme dieser Unternehmungen dar. Anläßlich der Ausstellung der zehn Pläne im oberösterreichischen Kunstverein, abgedruckt bei J. Schmidt, Linzer Kunstchronik, S. 124.

in welcher ihm die Fensterreihe eher der heiteren Pracht eines mittelalterlichen Rathsaales, als der Strenge einer Kirche zu entsprechen scheinen'^ Die Begeiste rung des Bauherrn Rudigier für die Pläne ließ keine Änderung zu. Um 1900 wendet sich die Kritik am Historismus ins Bösartige. Cornelius Gurlitt schreibt: „Ferstels erster großer Erfolg war, daß er 1854 für die Wiener Votivkirche den Preisgekrönten Entwurf schuf; es war eine Nachbildung französischer Ka thedralen, eine große Leistung, wenn die Nachbildung wirklich eine solche sein kann. Als solche darf man sie nicht für ganz voll nehmen, da sie ja nur ein sehr großes und sehr schönes Spielzeug ist. Man darf dabei aber nicht vergessen, wann sie entworfen wurde, nämlich zu einer Zeit, da es noch ein Verdienst war, die Gotik nicht ganz in den trockenen Formen zu handhaben, die Vincenz Statz am Dom zu Linz vom Rhein nach Osterreich versetzte, oder mit der Mokker den Prager Dom vollendete."^'' Erika Doberer hat in ihrem Aufsatz „Ein Dom des 19. Jahrhunderts" die Bau ten herauszufinden versucht, bei denen Statz möglicherweise Anleihen gemacht hat, und weist die Einzelformen des Lin zer Domes auf ihre mittelalterlichen Ur sprünge zurück. Sie übersieht dabei je doch, daß Statz es trotz mancherlei nachweisbarer Detailübereinstimmun gen zu einem einzigartigen Gesamt kunstwerk gebracht hat. Es liegt denn auch ganz im Sinne der Kölner Schule, traditionelle Einzelformen in ein neues, organisches Ganzes einzubringen. Im Linzer Dom scheint das, verbunden mit der erhaltenen Ausstattung, in einzigar tiger Weise gelungen. Glücklicherweise ist es den Kunst werken des 19. Jahrhunderts inzwischen selbst gelungen, durch ihre Qualität, ihre Schönheit, ihre kostbare Ausstattung und anderes mehr auch von Fachleuten als solche überhaupt anerkannt zu wer den. Vor genau vierzig Jahren, am 7. Juli 1954, ließ Albert Verbeek in einer glän zenden Festrede"^ die Fachwelt aufhor chen, in der er auf das politische, geistige und künstlerische Umfeld des Histo rismus hinwies und die Qualitäten sei ner Kunst, insbesondere der Architektur, herausstellte. Auch der Linzer Dom erfreute sich inzwischen einer zusehends wachsenden Gunst der Bevölkerung, auch Kunsthi storiker entdeckten seine Qualitäten: Willi Weyres schließt in seiner 1975 er schienenen Biographie über Vincenz Statz seine Betrachtungen mit den Wor ten: „Man wird dem Linzer Dom mit der Zeit immer mehr gerecht. Er gehört, vor allem im Langhaus, zu den besten Lei stungen des 19. Jahrhunderts."^® Jungmair über Stifter, abgedruckt in: Jungmair, Adalbert Stifter als Denkmalpfleger, S. 141. Cornelius Gurlitt, Kunst des 19. Jahrhunderts, Berlin 1899, S. 327. Albert Verbeek, Rheinischer Kirchenbau im 19. Jahrhundert, Festvortrag bei der Feier des hundertjährigen Bestehens des Vereins für christliche Kunst im Erzbistum Köln und Bi stum Aachen. Weyres, Vincenz Statz, S. 115.

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Zur Geschichte der Bergbaue auf Eisenerz, Kohle und Bauxit in der Unterlaussa im Reichraminger Hintergebirge Von Hans Jörg Köstler Seit Auflassung der Bauxitgewinnung im April 1964 ruht die bergmänni sche Tätigkeit in der Unterlaussa, wo zunächst Eisenerz, dann Gagat - eine beson dere Kohlensorte - und Steinkohle sowie zuletzt Bauxit als Aluminiumerz und als mineralischer Rohstoff für andere technische Zwecke abgebaut wurden. Obwohl die Einstellung des Bauxitbergbaues erst drei Jahrzehnte zurückliegt, ist das Bergwerk Unterlaussa an der oberösterreichisch-steirischen Landesgrenze zwischen Windischgarsten und Altenmarkt an der Enns bereits fast vergessen, wenn man von Ein heimischen und montanistischen oder forstlichen Fachkreisen absieht (Abb. 1 und 2). Der Verfasser hofft deshalb, hiermit einen für die österreichische Montange schichte wichtigen Beitrag vorzulegen, der vielleicht zu intensiverer Beschäftigung mit dem älteren Berg- und Hüttenwesen im südöstlichen Reichraminger Hinterge birge anregen wird; vor allem die frühe Eisenerzeugung bedarf noch eingehender Forschungsarbeit sowohl in Archiven als auch im Felde. Gr. Almkoge! 1513 mA Kleinreifllngi Rotgsoll 1543 m A SENSENGEBIRGE Hoher Nock A 1905m Oberösterreich Ausschnitt siehe Abb. 2 il Sonnberg \ IV ^ 1055 nT Präfingkogel REICHRAMINGER [ ^ HINTERGEBIR G E Eisenbahn \{ bundesAmstettenWINDISCHGARSTEN s\ y Bodenwies A 1540m J Seilbahn [ I Hofhkoge\ 1279 m {\ Altenmarkt a.dE. Hengstpanstrafle-A henGSTPASS Weiflenbach Steiermark Abb. 1: Orientierungskarte für das Reichraminger Hintergebirge und das Gebiet um Unterlaussa (Aus schnitt siehe Abb. 2).

noch Reichraming ▲ Sonnberg 1055 m REVIER SCHWARZA f rx •Qfingöim \PRAFING REVIER „SONNBERG WEISSWASSER Bodenwies ISAOm A REVIER GRASER Blohberger Hochkogel 1196 m A r REVIER BLAHBERG Breitenberg A 1083m (Groner) Hochkogel 1279 tn A ^ REVIERV^ SANDL MOOSHOHE 8A6 m noch Wlndlschgorsten (über Hengstpoll) y UNTERLAUSSA V—ODÖrfl noch Altenmorkl a.d.E. und Welssenboch o.d.E, Abb. 2: Schematischer Lageplan des Berghaugehietes in der Unterlaussa mit den Revieren Sandl, Blahherg, Gräser, Präfing, Schwarza und Sonnherg (Ausschnitt aus Abb. 1), Die Abhandlung, die großteils auf bisher nicht ausgewertetem Quellenmate rial in der Berghauptmannschaft Salzburg beruht, entstand im Gedenken an Ober berginspektor Josef Koestler, den Großvater des Verfassers väterlicherseits. J. Koest1er war von 1919 bis zu seinem Tode 1935 als Betriebsleiter bzw. als Bevollmächtigter in der Unterlaussa tätig gewesen. Bergbau auf Eisenerz Der Eisenerzbergbau im Gebiet nördlich des heutigen Ortes Unterlaussa (Unterlaussa-Dörfl) dürfte im zwölften Jahrhundert begonnen haben, wie sich aus

der Stifturrg eines Zehents von Salinen und Erzbergwerken im Raum AdmontSt. Gallen durch Erzbischof Eberhard 1. von Salzburg schließen läßt; die Stiftung wurde 1202 durch den Admonter Abt Johann I. erneuerte Obwohl namentliche Hin weise auf die Unterlaussa oder ihre Umgebung fehlen, sprechen Lagerstätten eisen reicher Bauxite im Blahberger Hochkogel (Blahberg) und im Breitenberg (beide im Reichraminger Hintergebirge) sowie vor allem der Name Blahberg für eine frühe Eisenerzeugung in der Unterlaussa. Blahberg, auch Blaberg oder Blaaberg, geht nämlich auf blähen oder blasen zurück, womit - wie andere Beispiele zeigen^ - nur das Einblasen von Luft in einen Eisenschmelzofen, d.h. ein Verhüttungsprozeß, gemeint sein kann. W. Freh vermutet, daß diese admonhschen Bergbaue samt Schmelzbetrieb im 14. Jahrhundert aufgelassen werden mußten, um den Innerberger Radmeistern^ in Eisenerz (Innerberg) eine Konkurrenz durch nicht beim Steirischen Erzberg gewonnenes „Waldeisen" zu ersparen.^ Ein zweiter Versuch des Stiftes Admont, den Eisenerzbergbau im Reichra minger Hintergebirge in Gang zu bringen, erfolgte Mitte des 15. Jahrhunderts, doch scheint das Unternehmen wieder unter Innerberger Druck keine Bedeutung erlangt zu haben.' Aus dieser Epoche stammt möglicherweise ein 1948 entdeckter Stollen, der Bohnerzanreicherungen im Bauxit nachging."^ Obertag hat die alte bergmänni sche Arbeit verbrochene Stollenmundlöcher, seichte Pingen und bewachsene Hal den hinterlassen, die sogar ein Fachmann kaum noch als Bergbaureste zu erkennen vermag. Archäologische Belege für die Eisenerzeugung, z. B. Ofenreste und Schlakken,' sind bisher nicht bekannt geworden. Die erste für den Raum Unterlaussa nachweisbare Belehnung mit einem Feldmaß auf Eisenerz erfolgte am 12. Juni 1830 zugunsten von Josefa Aigner und Freh, W.: Der Eisenbergbau im Lande ob der Enns. In: Beitr. Gesch. des Eisenwesens in Oberöster reich. Bd. 1. Linz 1949, S. 5-17, bes. S. 6 und 7, sowie Wichner, ].: Kloster Admont und seine Beziehun gen zum Bergbau und zum Hüttenbetrieb. In: Berg- u. Hüttenmänn. Jahrb. 39 (1891), S. 111-176, bes. S. 118. ■ Schwarz, F.: Die Mn-Fe-Lagerstätte Blaa-AIm, Altaussee. In: Berg- u. Hüttenmänn. Monatsh. 86 (1938), S. 74-76; Preßlinger, H., u. Eibner, C.: Die Eisenhütte des Abtes Wolfhold von Admont auf dem Dürrnschöberl. In: Da schau her, Beitr. Kulturleben des Bez. Liezen 3 (1982), Nr. 5, S. 15-17; so wie Freßlinger, H., Gahm, H., und Eibner, C.: Die Eisenverhüttung im steirischen Ennstal zu Beginn des 12. Jahrhunderts. In: Berg- u. Hüttenmänn. Monatsh. 128 (1983), S. 163-168. ' Radmeister: Eigentümer eines Eisenschmelzwerkes (Radwerk) in Vordernberg bzw. in Eisenerz (In nerberg) samt Abbaurechten auf dem Steirischen Erzberg. ' Als vergleichbare, allerdings spätere Maßnahme gilt die Auflassung von Bergbau und Eisenerzeu gung im Feßnachgraben bei Scheifling in der Steiermark. ' Freh, W.: Alte Gagatbergbaue in den nördlichen Ostalpen. In: Joanneum, Mineralog. Mitteilungs blatt. 1956, Heft 1, S. 1-14. ' Freh, W.: Der Eisenbergbau ..,, wie Anm. 1, S. 7. ' Zu solchen Nachweisen früher Eisenerzeugung vgl. Preßlinger, H., u. Eibner, C.: Die Eisenhütte ..., wie Anm. 2; Preßlinger, H., Gahm, H., u. Eibner, C.: Die Eisenverhüttung ..., wie Anm. 2; sowie Sperl, G,: Corrigenda zum frühen Eisen in Österreich. In: Berg- u. Hüttenmänn. Monatsh. 128 (1983), S. 181-184.

I Tabelle 1: Verleihung von Grubenfeldern auf Eisenerz und auf Steinkohle in der Unterlaussa Verleihungsurkünde Name des Bergbaues 12.Juni Lehensbuch St.Johann Nepomuk-Stollen 1830 Tom. II, Gebirge Sandl und w 30.März 3071/70*'^ 3072/70' Agstein bei Laussa Blahberger Eisensteinbergbau Grubenfelder 1 einfaches Feldmaß Bergbauberechtigter (bei Verleihung) Josefa Aigner und Magdalena Sonndorfer Blahberger Gruben feld (4 einfache Grubenmaße ) PräfingkogelGrubenfeld (4 ein fache Grubenmaße) K.k. priv. AG der Innerberger Haupt gewerkschaft 1875 und <u 1876 c 18.April , D 731/1921^-' Steinkohlen- und Thoneisensteinbergbau im Sandl unterm Hochkogel Steinkohlenbergbau unterm Hochkogel 4 Doppel- und 8 einfache Grubenmaße (oder 20 einfache , .. Grubenmaße ) Grubenfeld Josef^ (4 Doppelgruben maße ) Georg Wissiak, Graz Gummi- und Kabelwerke Josef Reithoffer's Söhne Wien/Steyr a) Bergbuch. Tom. I, Teil 1, fol.50 b) Berghauptmannschaft St.Pölten c) Verleihungsurkunden in der BhS nicht vorhanden (auch keine Hinweise auf findbar) d) siehe Anm. 29 e) Berghauptmannschaft Wien f) Grubenfeld Wilhelm siehe Tabelle 3, Fußnote a)

Magdalena Sonndorfer, die schon 1824 auf Eisenerz gemutet hatten.® Der Lehens brief betraf den „Eisenstein-Bau St. Johann-Nepomuk-Stollen im Gebirge Sandl und Agstein' bei Laußa, Iderrschaft Steyr" (Verleihungen von Grubenfeldern auf Eisenerz siehe Tabelle 1). Soweit bekannt, kam der aus nur einem Feldmaß bestehende Berg bau nie in Betrieb, aber erst 1882 entzog die Berghauptmannschaft Wien die Berg bauberechtigung für den St.-Johann-Nepomuk-Stollen bzw. für das Feldmaß, das im folgenden Jahre gelöscht wurde." Uberraschenderweise betätigte sich auch die k. k. priv. Aktiengesellschaft der Innerberger Hauptgewerkschaft," deren Hochöfen in Eisenerz und in Hieflau bis lang Eisenerz nur vom Steirischen Erzberg verhütteten," in der Unterlaussa. Nach erfolgreichen Aufschließungen durch die „Innerberger" verlieh die Berghauptmann schaft St. Pölten dem expandierenden Unternehmen am 30. März 1871 das Blahberger und das Präfingkogler Grubenfeld mit je vier einfachen Grubenmaßen," die als „Blahberger Eisensteinbergbau am Blahberge" im Bergbuch aufscheinen." Wie aus bergbehördlichen Unterlagen hervorgeht, förderte die Innerberger Hauptgewerk schaft aber weder auf dem Blahberg noch auf dem Präfingkogel Eisenerz (Roteisen stein), obgleich man noch 1871 „...Vorbereitungen zur Inangriffnahme der Lager stätte getroffen hatte"." Bereits vor der Verleihung von 1871 hatte die „Innerberger" beschlossen, in Schwechat (Niederösterreich) eine Kokshochofenanlage" zu bauen, deren Erzbedarf zwar vom steirischen Erzberg gedeckt werden sollte und konnte,^' doch schien es ratsam, eine weitere Eisenerzlagerstätte zumindest in Reserve zu hal ten. ' Bergbuch Steyr. Hauptbuch über die Bergwerke im Kronlande Österreich ob der Enns (weiterhin zi tiert: Bergbuch). Tom. 1, Teil I, fol. 50 u. 51, sowie Berghauptmannschaft Salzburg (weiterhin zitiert: BhS). Entitäten-Buch über die Bergwerke im Kronlande Österreich ob der Enns, fol. 179. ' Siehe Anm. 26. ' Bergbuch. Tom. I, Teil 1, fol. 53. Die 1625 gegründete und vom Staat geführte Innerberger Hauptgewerkschaft umfaßte das nahezu gesamte Eisenwesen zwischen Eisenerz und Steyr; 1868 erfolgte ihre Umwandlung in eine private Aktiengesellschaft, Vgl. dazu Ferro, F.: Die k. k. Innerberger Hauptgewerkschaft und ihr Eisenwerksbetrieb in Steiermark und Österreich bis zum Jahre 1845. In: Die st.-st. montanist. Lehranstalt zu Vordernberg, Jahrb. IJI-VI (1843-1847), S. 197-368, bes. S. 204-233, sowie Lanzer, E.: Der Übergang von der Innerberger Hauptgewerkschaft und der Vordernberger Radmeisterkommunität zur ÖAMG. Phil. Diss. Univ. Graz 1971. • Köstler, H. J.: Die Hochofenwerke in der Steiermark von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Wie deraufnahme der Roheisenerzeugung nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Radex-Rundschau 1982, S. 789-852, bes. S. 794-797 und S. 790-794. ' Bergbuch. Tom. II, Teil 2, fol. 417 (Verleihungsurkunden der Berghauptmannschaft St. Pölten ZI. 3071 und 3072 (1870). Die Verleihung erfolgte auf „zwei Rotheisensteinaufschlüsse am Blaberge". ' BhS, Besitzstands-Vormerkbuch Oberösterreich, fol, 3. Der Bergwerks-Betrieb in den im Reichsrathe vertretenen Königreichen und Ländern der ö.-u. Mon archie für das Jahr 1871, S. 130. ' Köstler, H. J.: Das ehemalige Eisenwerk in Schwechat 1873-1901. In: Unsere Heimat. Zeitschr. Verein Landeskd. NÖ. u. Wien 51 (1980), S. 207-214. Das geröstete (d.h. schmelzfertige) Eisenerz wurde per Bahn über Hieflau und Amstetten nach Schwechat transportiert.

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